Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Lauben auf, die man für sie aus Ahornen zu
machen pflegt. Denn mit welcher Achtung wir
auch denen begegnen, die auf unsre Landtage
kommen, so kann ihnen doch ihre Stelle nicht
unter den Eichen angewiesen werden. Wie
ehrwürdig auch den jezigen Fremden der An-
blik der Landgemeine war, so schienen doch ei-
nige über die grosse Zahl des Volkes verwun-
dert zu seyn. Sie wusten vermutlich nicht,
oder bedachten nicht, daß unter uns Deutschen
die Zahl solcher Männer, die zu viel Unwis-
senswürdiges mit wissen, niemals gering ge-
wesen ist; und daß wir, in der neuern Zeit,
an unreifen Kennern nicht wenig zugenommen
haben.

Daß sie die Erblickung des noch viel zahl-
reicheren Pöbels in Erstaunen sezte, war ih-
nen vollends auf keine Weise zu verübeln.
Denn wie konten sie darauf verfallen, daß
die Gelindigkeit der Aldermänner (mit der
Bescheidenheit sey es gesagt, die wir allzeit
gegen sie gezeigt haben, und allzeit zeigen wer-
den!) der Aldermänner, die so viel Pöbels,
als sie wollen, Landes verweisen können, allein
Schuld daran wäre, daß die Republik von
ihm nicht mehr gesäubert würde. Musten sie
nicht denken (wir wissen, daß sie es, eh sie eines
bessern belehrt worden sind, gedacht haben)

daß

Lauben auf, die man fuͤr ſie aus Ahornen zu
machen pflegt. Denn mit welcher Achtung wir
auch denen begegnen, die auf unſre Landtage
kommen, ſo kann ihnen doch ihre Stelle nicht
unter den Eichen angewieſen werden. Wie
ehrwuͤrdig auch den jezigen Fremden der An-
blik der Landgemeine war, ſo ſchienen doch ei-
nige uͤber die groſſe Zahl des Volkes verwun-
dert zu ſeyn. Sie wuſten vermutlich nicht,
oder bedachten nicht, daß unter uns Deutſchen
die Zahl ſolcher Maͤnner, die zu viel Unwiſ-
ſenswuͤrdiges mit wiſſen, niemals gering ge-
weſen iſt; und daß wir, in der neuern Zeit,
an unreifen Kennern nicht wenig zugenommen
haben.

Daß ſie die Erblickung des noch viel zahl-
reicheren Poͤbels in Erſtaunen ſezte, war ih-
nen vollends auf keine Weiſe zu veruͤbeln.
Denn wie konten ſie darauf verfallen, daß
die Gelindigkeit der Aldermaͤnner (mit der
Beſcheidenheit ſey es geſagt, die wir allzeit
gegen ſie gezeigt haben, und allzeit zeigen wer-
den!) der Aldermaͤnner, die ſo viel Poͤbels,
als ſie wollen, Landes verweiſen koͤnnen, allein
Schuld daran waͤre, daß die Republik von
ihm nicht mehr geſaͤubert wuͤrde. Muſten ſie
nicht denken (wir wiſſen, daß ſie es, eh ſie eines
beſſern belehrt worden ſind, gedacht haben)

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0250" n="174"/>
Lauben auf, die man fu&#x0364;r &#x017F;ie aus Ahornen zu<lb/>
machen pflegt. Denn mit welcher Achtung wir<lb/>
auch denen begegnen, die auf un&#x017F;re Landtage<lb/>
kommen, &#x017F;o kann ihnen doch ihre Stelle nicht<lb/>
unter den Eichen angewie&#x017F;en werden. Wie<lb/>
ehrwu&#x0364;rdig auch den jezigen Fremden der An-<lb/>
blik der Landgemeine war, &#x017F;o &#x017F;chienen doch ei-<lb/>
nige u&#x0364;ber die gro&#x017F;&#x017F;e Zahl des Volkes verwun-<lb/>
dert zu &#x017F;eyn. Sie wu&#x017F;ten vermutlich nicht,<lb/>
oder bedachten nicht, daß unter uns Deut&#x017F;chen<lb/>
die Zahl &#x017F;olcher Ma&#x0364;nner, die zu viel Unwi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enswu&#x0364;rdiges mit wi&#x017F;&#x017F;en, niemals gering ge-<lb/>
we&#x017F;en i&#x017F;t; und daß wir, in der neuern Zeit,<lb/>
an unreifen Kennern nicht wenig zugenommen<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Daß &#x017F;ie die Erblickung des noch viel zahl-<lb/>
reicheren Po&#x0364;bels in Er&#x017F;taunen &#x017F;ezte, war ih-<lb/>
nen vollends auf keine Wei&#x017F;e zu veru&#x0364;beln.<lb/>
Denn wie konten &#x017F;ie darauf verfallen, daß<lb/>
die Gelindigkeit der Alderma&#x0364;nner (mit der<lb/>
Be&#x017F;cheidenheit &#x017F;ey es ge&#x017F;agt, die wir allzeit<lb/>
gegen &#x017F;ie gezeigt haben, und allzeit zeigen wer-<lb/>
den!) der Alderma&#x0364;nner, die &#x017F;o viel Po&#x0364;bels,<lb/>
als &#x017F;ie wollen, Landes verwei&#x017F;en ko&#x0364;nnen, allein<lb/>
Schuld daran wa&#x0364;re, daß die Republik von<lb/>
ihm nicht mehr ge&#x017F;a&#x0364;ubert wu&#x0364;rde. Mu&#x017F;ten &#x017F;ie<lb/>
nicht denken (wir wi&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie es, eh &#x017F;ie eines<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ern belehrt worden &#x017F;ind, gedacht haben)<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0250] Lauben auf, die man fuͤr ſie aus Ahornen zu machen pflegt. Denn mit welcher Achtung wir auch denen begegnen, die auf unſre Landtage kommen, ſo kann ihnen doch ihre Stelle nicht unter den Eichen angewieſen werden. Wie ehrwuͤrdig auch den jezigen Fremden der An- blik der Landgemeine war, ſo ſchienen doch ei- nige uͤber die groſſe Zahl des Volkes verwun- dert zu ſeyn. Sie wuſten vermutlich nicht, oder bedachten nicht, daß unter uns Deutſchen die Zahl ſolcher Maͤnner, die zu viel Unwiſ- ſenswuͤrdiges mit wiſſen, niemals gering ge- weſen iſt; und daß wir, in der neuern Zeit, an unreifen Kennern nicht wenig zugenommen haben. Daß ſie die Erblickung des noch viel zahl- reicheren Poͤbels in Erſtaunen ſezte, war ih- nen vollends auf keine Weiſe zu veruͤbeln. Denn wie konten ſie darauf verfallen, daß die Gelindigkeit der Aldermaͤnner (mit der Beſcheidenheit ſey es geſagt, die wir allzeit gegen ſie gezeigt haben, und allzeit zeigen wer- den!) der Aldermaͤnner, die ſo viel Poͤbels, als ſie wollen, Landes verweiſen koͤnnen, allein Schuld daran waͤre, daß die Republik von ihm nicht mehr geſaͤubert wuͤrde. Muſten ſie nicht denken (wir wiſſen, daß ſie es, eh ſie eines beſſern belehrt worden ſind, gedacht haben) daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/250
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/250>, abgerufen am 22.11.2024.