Wir wissen so gut, begann er von neuem, als es irgend jemand wissen kann, daß man dadurch, was wir zu sagen haben, nur kleine Schritte thut. Aber der ist sehr von der Reife eines weisen Mannes entfernt, dem es noch unbe- kant ist, daß auch kleine Schritte von Bedeu- tung sind, wenn sie zu grossen Zielen führen.
Der erste Grundsaz, den er anführte, war:
Sich der Gewalt der Grossen, sie möchten Altfranken seyn, oder als herschsüchtige Kenner (denn dieß wären sie gewönlich) der Republik angehören, dadurch zu entziehen, daß man theils durch sie so selten Aemter suchte, als es nur immer möglich wäre; denn etliche dersel- ben hingen ja nicht von den Grossen ab, und etliche wären von einer Beschaffenheit, daß sie dem Verdienste wohl werden müsten: und daß man theils, wenn man ja anzusuchen ge- zwungen wäre, zu strenger Mässigkeit ent- schlossen, es oft nur um solche Aemter thäte, die gewönlich Ungelehrte bekämen, und deren Erlangung also nicht hoch angerechnet werden könte. Ausser der grössern Unabhängigkeit, würde die Verwaltung solcher Aemter auch den Nuzen haben, daß man dabey mehr Musse zu gelehrten Unternehmungen übrig behielte.
Der
Wir wiſſen ſo gut, begann er von neuem, als es irgend jemand wiſſen kann, daß man dadurch, was wir zu ſagen haben, nur kleine Schritte thut. Aber der iſt ſehr von der Reife eines weiſen Mannes entfernt, dem es noch unbe- kant iſt, daß auch kleine Schritte von Bedeu- tung ſind, wenn ſie zu groſſen Zielen fuͤhren.
Der erſte Grundſaz, den er anfuͤhrte, war:
Sich der Gewalt der Groſſen, ſie moͤchten Altfranken ſeyn, oder als herſchſuͤchtige Kenner (denn dieß waͤren ſie gewoͤnlich) der Republik angehoͤren, dadurch zu entziehen, daß man theils durch ſie ſo ſelten Aemter ſuchte, als es nur immer moͤglich waͤre; denn etliche derſel- ben hingen ja nicht von den Groſſen ab, und etliche waͤren von einer Beſchaffenheit, daß ſie dem Verdienſte wohl werden muͤſten: und daß man theils, wenn man ja anzuſuchen ge- zwungen waͤre, zu ſtrenger Maͤſſigkeit ent- ſchloſſen, es oft nur um ſolche Aemter thaͤte, die gewoͤnlich Ungelehrte bekaͤmen, und deren Erlangung alſo nicht hoch angerechnet werden koͤnte. Auſſer der groͤſſern Unabhaͤngigkeit, wuͤrde die Verwaltung ſolcher Aemter auch den Nuzen haben, daß man dabey mehr Muſſe zu gelehrten Unternehmungen uͤbrig behielte.
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Wir wiſſen ſo gut, begann er von neuem, als
es irgend jemand wiſſen kann, daß man dadurch,
was wir zu ſagen haben, nur kleine Schritte
thut. Aber der iſt ſehr von der Reife eines
weiſen Mannes entfernt, dem es noch unbe-
kant iſt, daß auch kleine Schritte von Bedeu-
tung ſind, wenn ſie zu groſſen Zielen fuͤhren.
Der erſte Grundſaz, den er anfuͤhrte,
war:
Sich der Gewalt der Groſſen, ſie moͤchten
Altfranken ſeyn, oder als herſchſuͤchtige Kenner
(denn dieß waͤren ſie gewoͤnlich) der Republik
angehoͤren, dadurch zu entziehen, daß man
theils durch ſie ſo ſelten Aemter ſuchte, als es
nur immer moͤglich waͤre; denn etliche derſel-
ben hingen ja nicht von den Groſſen ab, und
etliche waͤren von einer Beſchaffenheit, daß
ſie dem Verdienſte wohl werden muͤſten: und
daß man theils, wenn man ja anzuſuchen ge-
zwungen waͤre, zu ſtrenger Maͤſſigkeit ent-
ſchloſſen, es oft nur um ſolche Aemter thaͤte,
die gewoͤnlich Ungelehrte bekaͤmen, und deren
Erlangung alſo nicht hoch angerechnet werden
koͤnte. Auſſer der groͤſſern Unabhaͤngigkeit,
wuͤrde die Verwaltung ſolcher Aemter auch
den Nuzen haben, daß man dabey mehr Muſſe
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/254>, abgerufen am 22.11.2024.
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