zu den höchsten Graden der Deutlichkeit zu erheben wusten. Diejenigen Hefte des Anklä- gers, durch welche viel Geschwäz bey wenig Jnhalte erwiesen wurde, währte den Alder- männern manchmal zu lange. Man hörte nicht selten von ihnen: Abgebrochen! Genung! Völlig genung! Ein Ausrufer unterschied sich so durch seine Vertheidigung, daß sie aufbe- halten zu werden verdient: Wir sehen, sagte er, nur allzu klar, wo es zulezt mit uns hin- auslaufen werde! Wenn ich uns sage; so ver- steh ich meine meisten Mitbrüder, und nehme nur etliche wenige aus, die wol selbst nicht recht wissen mögen, wie sie unter uns gekom- men sind; und an denen uns auch gar wenig gelegen ist. Denn schämen müssen wir uns ihrer, wegen ihrer Unpartheylichkeit, und Be- scheidenheit, worinn sie bis zum Lächerlichen weit gehn. Man mag mir, wenn ich werde geredet haben, Schuld geben, was man will; aber den Mangel der Aufrichtigkeit soll man mir gewiß nicht Schuld geben. Nach den Ge- sezen, hat freylich jeder von uns nur Eine Stimme. Nach den Gesezen, ist unser Amt kein Richteramt. Recht gut das! Mag es doch in den Rollen so stehen! Aber, der Wir- kung nach, haben wir viele Stimmen; sind wir Richter! Kurz, wir herschen innen und
aussen,
zu den hoͤchſten Graden der Deutlichkeit zu erheben wuſten. Diejenigen Hefte des Anklaͤ- gers, durch welche viel Geſchwaͤz bey wenig Jnhalte erwieſen wurde, waͤhrte den Alder- maͤnnern manchmal zu lange. Man hoͤrte nicht ſelten von ihnen: Abgebrochen! Genung! Voͤllig genung! Ein Ausrufer unterſchied ſich ſo durch ſeine Vertheidigung, daß ſie aufbe- halten zu werden verdient: Wir ſehen, ſagte er, nur allzu klar, wo es zulezt mit uns hin- auslaufen werde! Wenn ich uns ſage; ſo ver- ſteh ich meine meiſten Mitbruͤder, und nehme nur etliche wenige aus, die wol ſelbſt nicht recht wiſſen moͤgen, wie ſie unter uns gekom- men ſind; und an denen uns auch gar wenig gelegen iſt. Denn ſchaͤmen muͤſſen wir uns ihrer, wegen ihrer Unpartheylichkeit, und Be- ſcheidenheit, worinn ſie bis zum Laͤcherlichen weit gehn. Man mag mir, wenn ich werde geredet haben, Schuld geben, was man will; aber den Mangel der Aufrichtigkeit ſoll man mir gewiß nicht Schuld geben. Nach den Ge- ſezen, hat freylich jeder von uns nur Eine Stimme. Nach den Geſezen, iſt unſer Amt kein Richteramt. Recht gut das! Mag es doch in den Rollen ſo ſtehen! Aber, der Wir- kung nach, haben wir viele Stimmen; ſind wir Richter! Kurz, wir herſchen innen und
auſſen,
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zu den hoͤchſten Graden der Deutlichkeit zu
erheben wuſten. Diejenigen Hefte des Anklaͤ-
gers, durch welche viel Geſchwaͤz bey wenig
Jnhalte erwieſen wurde, waͤhrte den Alder-
maͤnnern manchmal zu lange. Man hoͤrte nicht
ſelten von ihnen: Abgebrochen! Genung!
Voͤllig genung! Ein Ausrufer unterſchied ſich
ſo durch ſeine Vertheidigung, daß ſie aufbe-
halten zu werden verdient: Wir ſehen, ſagte
er, nur allzu klar, wo es zulezt mit uns hin-
auslaufen werde! Wenn ich uns ſage; ſo ver-
ſteh ich meine meiſten Mitbruͤder, und nehme
nur etliche wenige aus, die wol ſelbſt nicht
recht wiſſen moͤgen, wie ſie unter uns gekom-
men ſind; und an denen uns auch gar wenig
gelegen iſt. Denn ſchaͤmen muͤſſen wir uns
ihrer, wegen ihrer Unpartheylichkeit, und Be-
ſcheidenheit, worinn ſie bis zum Laͤcherlichen
weit gehn. Man mag mir, wenn ich werde
geredet haben, Schuld geben, was man will;
aber den Mangel der Aufrichtigkeit ſoll man
mir gewiß nicht Schuld geben. Nach den Ge-
ſezen, hat freylich jeder von uns nur Eine
Stimme. Nach den Geſezen, iſt unſer Amt
kein Richteramt. Recht gut das! Mag es
doch in den Rollen ſo ſtehen! Aber, der Wir-
kung nach, haben wir viele Stimmen; ſind
wir Richter! Kurz, wir herſchen innen und
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/359>, abgerufen am 22.11.2024.
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