Die beyden Polemiken zugleich! Nun gut das! aber welche ist die ältere Schwester? Unsre denn doch wol! erwiederten die Theo- logen. Eure Polemik? eure? Nein was zu weit geht, das geht zu weit! Dieser Zwiespalt wurde zulezt zu einem solchen Zerfalle, daß man in vollem Zorne von einander schied. Mit der Stimmensamlung war es bald vorbey. Die gemischte Zunft hätte beynah für die Bey- behaltung der Polemik gestimt. Wären die- jenigen Zünfter, welche den Zwist mit den Theologen gehabt hatten, von ihrem Grolle geblendet, und ohne zu wissen, was sie thäten, nicht zu der guten Parthey übergetreten; so hätte die Beybehaltung auf dieser Zunft die Oberhand bekommen. Nun war nur das Volk dafür. Einige hatten Neugier genung, unter dem Volke nach der Ursach zu fragen. Was man denn auch immer sage, war die Antwort, so können und mögen wir nicht verbergen, daß wir die Schauspiele über alles lieben!
Jezo trat ein Aldermann hervor. Man kann sich, sagte er, darüber betrüben, aber es doch auch vergessen, daß einzelne Gelehrte den Grossen so oft geschmeichelt haben; allein daß die Republik die Heraldik, die kaum eine klei- ne Kentnis ist, zu einer Wissenschaft gemacht, und sie, als Wissenschaft, nun schon so lange
hat
U 5
Die beyden Polemiken zugleich! Nun gut das! aber welche iſt die aͤltere Schweſter? Unſre denn doch wol! erwiederten die Theo- logen. Eure Polemik? eure? Nein was zu weit geht, das geht zu weit! Dieſer Zwieſpalt wurde zulezt zu einem ſolchen Zerfalle, daß man in vollem Zorne von einander ſchied. Mit der Stimmenſamlung war es bald vorbey. Die gemiſchte Zunft haͤtte beynah fuͤr die Bey- behaltung der Polemik geſtimt. Waͤren die- jenigen Zuͤnfter, welche den Zwiſt mit den Theologen gehabt hatten, von ihrem Grolle geblendet, und ohne zu wiſſen, was ſie thaͤten, nicht zu der guten Parthey uͤbergetreten; ſo haͤtte die Beybehaltung auf dieſer Zunft die Oberhand bekommen. Nun war nur das Volk dafuͤr. Einige hatten Neugier genung, unter dem Volke nach der Urſach zu fragen. Was man denn auch immer ſage, war die Antwort, ſo koͤnnen und moͤgen wir nicht verbergen, daß wir die Schauſpiele uͤber alles lieben!
Jezo trat ein Aldermann hervor. Man kann ſich, ſagte er, daruͤber betruͤben, aber es doch auch vergeſſen, daß einzelne Gelehrte den Groſſen ſo oft geſchmeichelt haben; allein daß die Republik die Heraldik, die kaum eine klei- ne Kentnis iſt, zu einer Wiſſenſchaft gemacht, und ſie, als Wiſſenſchaft, nun ſchon ſo lange
hat
U 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0389"n="313"/>
Die beyden Polemiken zugleich! Nun gut<lb/>
das! aber welche iſt die aͤltere Schweſter?<lb/>
Unſre denn doch wol! erwiederten die Theo-<lb/>
logen. Eure Polemik? eure? Nein was zu<lb/>
weit geht, das geht zu weit! Dieſer Zwieſpalt<lb/>
wurde zulezt zu einem ſolchen Zerfalle, daß<lb/>
man in vollem Zorne von einander ſchied. Mit<lb/>
der Stimmenſamlung war es bald vorbey.<lb/>
Die gemiſchte Zunft haͤtte beynah fuͤr die Bey-<lb/>
behaltung der Polemik geſtimt. Waͤren die-<lb/>
jenigen Zuͤnfter, welche den Zwiſt mit den<lb/>
Theologen gehabt hatten, von ihrem Grolle<lb/>
geblendet, und ohne zu wiſſen, was ſie thaͤten,<lb/>
nicht zu der guten Parthey uͤbergetreten; ſo<lb/>
haͤtte die Beybehaltung auf dieſer Zunft die<lb/>
Oberhand bekommen. Nun war nur das Volk<lb/>
dafuͤr. Einige hatten Neugier genung, unter<lb/>
dem Volke nach der Urſach zu fragen. Was<lb/>
man denn auch immer ſage, war die Antwort,<lb/>ſo koͤnnen und moͤgen wir nicht verbergen, daß<lb/>
wir die Schauſpiele uͤber alles lieben!</p><lb/><p>Jezo trat ein Aldermann hervor. Man<lb/>
kann ſich, ſagte er, daruͤber betruͤben, aber es<lb/>
doch auch vergeſſen, daß einzelne Gelehrte den<lb/>
Groſſen ſo oft geſchmeichelt haben; allein daß<lb/>
die Republik die <hirendition="#fr">Heraldik,</hi> die kaum eine klei-<lb/>
ne Kentnis iſt, zu einer Wiſſenſchaft gemacht,<lb/>
und ſie, als Wiſſenſchaft, nun ſchon ſo lange<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">hat</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[313/0389]
Die beyden Polemiken zugleich! Nun gut
das! aber welche iſt die aͤltere Schweſter?
Unſre denn doch wol! erwiederten die Theo-
logen. Eure Polemik? eure? Nein was zu
weit geht, das geht zu weit! Dieſer Zwieſpalt
wurde zulezt zu einem ſolchen Zerfalle, daß
man in vollem Zorne von einander ſchied. Mit
der Stimmenſamlung war es bald vorbey.
Die gemiſchte Zunft haͤtte beynah fuͤr die Bey-
behaltung der Polemik geſtimt. Waͤren die-
jenigen Zuͤnfter, welche den Zwiſt mit den
Theologen gehabt hatten, von ihrem Grolle
geblendet, und ohne zu wiſſen, was ſie thaͤten,
nicht zu der guten Parthey uͤbergetreten; ſo
haͤtte die Beybehaltung auf dieſer Zunft die
Oberhand bekommen. Nun war nur das Volk
dafuͤr. Einige hatten Neugier genung, unter
dem Volke nach der Urſach zu fragen. Was
man denn auch immer ſage, war die Antwort,
ſo koͤnnen und moͤgen wir nicht verbergen, daß
wir die Schauſpiele uͤber alles lieben!
Jezo trat ein Aldermann hervor. Man
kann ſich, ſagte er, daruͤber betruͤben, aber es
doch auch vergeſſen, daß einzelne Gelehrte den
Groſſen ſo oft geſchmeichelt haben; allein daß
die Republik die Heraldik, die kaum eine klei-
ne Kentnis iſt, zu einer Wiſſenſchaft gemacht,
und ſie, als Wiſſenſchaft, nun ſchon ſo lange
hat
U 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/389>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.