uns, aus gewissen recht guten Ursachen, schon beytreten. Er ging weg. Nach einigem Still- schweigen sagte der wortführende Aldermann: Es ist unsers ganzen Dankes werth, daß ihr uns in dieser sehr ernsthaften, und sehr wich- tigen Sache zur Gesezgebung aufgesodert habt; allein wir brauchen es euch kaum zu sagen, daß wir, uns darüber zu berathschlagen, und zu entschliessen, Zeit haben müssen. Jch mei- ne, daß verschiedne Tage vergehn werden, eh wir uns dieser Sache halben an die Zünfte und an das Volk wenden. Jch sehe einen solchen besondern Ernst, der eines theils, mich deucht, gröstentheils Traurigkeit ist, überall ausgebreitet, daß ich für rathsam halte, heute weiter keine Geschäfte mehr vorzunehmen. Wir wollen uns durch einen Gegenstand zer- streuen, mit dessen Wahl man, wie ich hoffe, zufrieden seyn wird. Leibnizens neues Denk- mal ist fertig geworden, und auch schon nach der Stelle gebracht, wo es stehn soll. Es fehlt nichts, als daß wir es errichten lassen. Jn- dem standen die Aldermänner, und mit ihnen beynah zugleich auch die Zünfte auf. Der Herold muste ausrufen, daß sich der Pöbel bey der Errichtung des Denkmals nicht zu sehr zu- drängen solte. Dieses wurde nicht weit von den Ulmen, unter mehr als Einem recht herz-
lichen
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uns, aus gewiſſen recht guten Urſachen, ſchon beytreten. Er ging weg. Nach einigem Still- ſchweigen ſagte der wortfuͤhrende Aldermann: Es iſt unſers ganzen Dankes werth, daß ihr uns in dieſer ſehr ernſthaften, und ſehr wich- tigen Sache zur Geſezgebung aufgeſodert habt; allein wir brauchen es euch kaum zu ſagen, daß wir, uns daruͤber zu berathſchlagen, und zu entſchlieſſen, Zeit haben muͤſſen. Jch mei- ne, daß verſchiedne Tage vergehn werden, eh wir uns dieſer Sache halben an die Zuͤnfte und an das Volk wenden. Jch ſehe einen ſolchen beſondern Ernſt, der eines theils, mich deucht, groͤſtentheils Traurigkeit iſt, uͤberall ausgebreitet, daß ich fuͤr rathſam halte, heute weiter keine Geſchaͤfte mehr vorzunehmen. Wir wollen uns durch einen Gegenſtand zer- ſtreuen, mit deſſen Wahl man, wie ich hoffe, zufrieden ſeyn wird. Leibnizens neues Denk- mal iſt fertig geworden, und auch ſchon nach der Stelle gebracht, wo es ſtehn ſoll. Es fehlt nichts, als daß wir es errichten laſſen. Jn- dem ſtanden die Aldermaͤnner, und mit ihnen beynah zugleich auch die Zuͤnfte auf. Der Herold muſte ausrufen, daß ſich der Poͤbel bey der Errichtung des Denkmals nicht zu ſehr zu- draͤngen ſolte. Dieſes wurde nicht weit von den Ulmen, unter mehr als Einem recht herz-
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uns, aus gewiſſen recht guten Urſachen, ſchon
beytreten. Er ging weg. Nach einigem Still-
ſchweigen ſagte der wortfuͤhrende Aldermann:
Es iſt unſers ganzen Dankes werth, daß ihr
uns in dieſer ſehr ernſthaften, und ſehr wich-
tigen Sache zur Geſezgebung aufgeſodert habt;
allein wir brauchen es euch kaum zu ſagen,
daß wir, uns daruͤber zu berathſchlagen, und
zu entſchlieſſen, Zeit haben muͤſſen. Jch mei-
ne, daß verſchiedne Tage vergehn werden, eh
wir uns dieſer Sache halben an die Zuͤnfte
und an das Volk wenden. Jch ſehe einen
ſolchen beſondern Ernſt, der eines theils, mich
deucht, groͤſtentheils Traurigkeit iſt, uͤberall
ausgebreitet, daß ich fuͤr rathſam halte, heute
weiter keine Geſchaͤfte mehr vorzunehmen.
Wir wollen uns durch einen Gegenſtand zer-
ſtreuen, mit deſſen Wahl man, wie ich hoffe,
zufrieden ſeyn wird. Leibnizens neues Denk-
mal iſt fertig geworden, und auch ſchon nach
der Stelle gebracht, wo es ſtehn ſoll. Es
fehlt nichts, als daß wir es errichten laſſen. Jn-
dem ſtanden die Aldermaͤnner, und mit ihnen
beynah zugleich auch die Zuͤnfte auf. Der
Herold muſte ausrufen, daß ſich der Poͤbel bey
der Errichtung des Denkmals nicht zu ſehr zu-
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/405>, abgerufen am 22.11.2024.
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