Denn der Rathfrager hatte, vor grosser Freu- de, daß ihm sein Anschlag so gut gelungen wäre, zu viele zu Vertrauten gemacht. Der Herold rief gleich nach geendigtem Verhöre folgendes aus: Der Rathfrager hätte aus Unmut darüber, daß die für unzünftig zu er- klärenden Freygeister unter das Volk kommen solten, den Anschlag gefast, die Republik zu verwirren, alles in der Absicht, damit man sich mit Wiederherstellung der Ruhe so sehr beschäftigen müste, daß man keine Zeit übrig behielte, der Freygeister halben etwas aus- zumachen; und damit man, wenn es etwa doch noch zu dieser Untersuchung käme, so ent- zweyt wäre, daß die vorgeschlagne Unzünf- tigkeit wenigstens in grosser Gefahr stünde, nicht durchzugehn. Aber weil er bey Sachen, die er recht ernsthaft wolte, die Würfel nicht gern auf dem Tische liegen sähe; so hätte er für die Verwirrung der Republik so gut ge- sorgt, daß er nicht ohne Hofnung wäre, der Landtag könte darüber wol gar aus einander gehn. Denn der Rathfrager ist es, endigte der Herold, der dieß Feuer, das, der Sü- den und der Norden wegen, unter uns so schnell, und so sehr Ueberhand genommen, angelegt hat.
Der
Denn der Rathfrager hatte, vor groſſer Freu- de, daß ihm ſein Anſchlag ſo gut gelungen waͤre, zu viele zu Vertrauten gemacht. Der Herold rief gleich nach geendigtem Verhoͤre folgendes aus: Der Rathfrager haͤtte aus Unmut daruͤber, daß die fuͤr unzuͤnftig zu er- klaͤrenden Freygeiſter unter das Volk kommen ſolten, den Anſchlag gefaſt, die Republik zu verwirren, alles in der Abſicht, damit man ſich mit Wiederherſtellung der Ruhe ſo ſehr beſchaͤftigen muͤſte, daß man keine Zeit uͤbrig behielte, der Freygeiſter halben etwas aus- zumachen; und damit man, wenn es etwa doch noch zu dieſer Unterſuchung kaͤme, ſo ent- zweyt waͤre, daß die vorgeſchlagne Unzuͤnf- tigkeit wenigſtens in groſſer Gefahr ſtuͤnde, nicht durchzugehn. Aber weil er bey Sachen, die er recht ernſthaft wolte, die Wuͤrfel nicht gern auf dem Tiſche liegen ſaͤhe; ſo haͤtte er fuͤr die Verwirrung der Republik ſo gut ge- ſorgt, daß er nicht ohne Hofnung waͤre, der Landtag koͤnte daruͤber wol gar aus einander gehn. Denn der Rathfrager iſt es, endigte der Herold, der dieß Feuer, das, der Suͤ- den und der Norden wegen, unter uns ſo ſchnell, und ſo ſehr Ueberhand genommen, angelegt hat.
Der
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Denn der Rathfrager hatte, vor groſſer Freu-
de, daß ihm ſein Anſchlag ſo gut gelungen
waͤre, zu viele zu Vertrauten gemacht. Der
Herold rief gleich nach geendigtem Verhoͤre
folgendes aus: Der Rathfrager haͤtte aus
Unmut daruͤber, daß die fuͤr unzuͤnftig zu er-
klaͤrenden Freygeiſter unter das Volk kommen
ſolten, den Anſchlag gefaſt, die Republik zu
verwirren, alles in der Abſicht, damit man
ſich mit Wiederherſtellung der Ruhe ſo ſehr
beſchaͤftigen muͤſte, daß man keine Zeit uͤbrig
behielte, der Freygeiſter halben etwas aus-
zumachen; und damit man, wenn es etwa
doch noch zu dieſer Unterſuchung kaͤme, ſo ent-
zweyt waͤre, daß die vorgeſchlagne Unzuͤnf-
tigkeit wenigſtens in groſſer Gefahr ſtuͤnde,
nicht durchzugehn. Aber weil er bey Sachen,
die er recht ernſthaft wolte, die Wuͤrfel nicht
gern auf dem Tiſche liegen ſaͤhe; ſo haͤtte er
fuͤr die Verwirrung der Republik ſo gut ge-
ſorgt, daß er nicht ohne Hofnung waͤre, der
Landtag koͤnte daruͤber wol gar aus einander
gehn. Denn der Rathfrager iſt es, endigte
der Herold, der dieß Feuer, das, der Suͤ-
den und der Norden wegen, unter uns ſo
ſchnell, und ſo ſehr Ueberhand genommen,
angelegt hat.
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/412>, abgerufen am 22.11.2024.
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