Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.weniger schnelle Kürzen, oder Verkürzungen, und Lange (nur eben die Länge) Dieß wird, bloß in Be- ziehung auf den festen und mänlichen Tritt unsrer übri- #(welche schon an sich selbst lange hatten) die zwey-
zeitigen, und kurzen Selbstlaute lang. Bey uns hingegen verlängert die Volltönigkeit nur ein we- nig. Denn nicht das Mechanische der Sprache, sondern das, was durch sie bezeichnet wird, ist bey uns der Bestimmungsgrund des Tonmaasses. weniger ſchnelle Kuͤrzen, oder Verkuͤrzungen, und Lange (nur eben die Laͤnge) Dieß wird, bloß in Be- ziehung auf den feſten und maͤnlichen Tritt unſrer uͤbri- #(welche ſchon an ſich ſelbſt lange hatten) die zwey-
zeitigen, und kurzen Selbſtlaute lang. Bey uns hingegen verlaͤngert die Volltoͤnigkeit nur ein we- nig. Denn nicht das Mechaniſche der Sprache, ſondern das, was durch ſie bezeichnet wird, iſt bey uns der Beſtimmungsgrund des Tonmaaſſes. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0427" n="351"/> weniger ſchnelle Kuͤrzen, oder <hi rendition="#fr">Verkuͤrzungen,</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Kuͤrzen;</hi> aber uͤberdieſes auch Zweyzeitigkeit, oder<lb/> ein ſolches Tonmaaß einiger Woͤrter und Sylben,<lb/> daß man ſie lang, und auch kurz ausſprechen kann.<lb/> Einer Sprache, die lauter Kuͤrzen haͤtte, wuͤrde ein<lb/> wichtiger Theil der Articulation fehlen, ſie wuͤrde<lb/> der groſſen Schnelligkeit wegen beynah gar nicht<lb/> verſtanden werden; eine Sprache, die nichts als<lb/> Laͤngen haͤtte, wuͤrde eine ſonderbare Langſamkeit<lb/> der Begriffe, und Schlaͤfrichkeit der Empfindungen<lb/> beweiſen; und eine, die nur Laͤngen und nur Kuͤr-<lb/> zen haͤtte, wuͤrde durch dieſe zu genaue Abmeſſung<lb/> etwas ſehr Geſuchtes zeigen. Es war daher die<lb/> Ueberlaͤnge, und die Verkuͤrzung zu der Abwechs-<lb/> lung, die uns Vergnuͤgen macht, noͤtig. Aber die<lb/> Zweyzeitigkeit iſt ein Mangel. Unterdeß hat ihn<lb/> ſo gar die griechiſche Sprache nicht ſelten. Wir koͤn-<lb/> nen mit Recht von unſrer ſagen, daß ſie ihn bey<lb/> weitem ſo oft nicht habe. Unſre zweyzeitigen Woͤr-<lb/> ter und Sylben ſind theils <hi rendition="#fr">faſtlange,</hi> theils <hi rendition="#fr">mitlere,<lb/> theils faſtkurze.</hi> Die faſtlangen koͤnnen, wenn ſie<lb/> durch die vorher angefuͤhrten Urſachen beſtimt wer-<lb/> den, weder die Ueberlaͤnge noch die Verkuͤrzung be-<lb/> kommen; die mitleren das erſte noch weniger, und<lb/> das lezte auch nicht; und die faſtkurzen nur eben die<lb/> Laͤnge, <note xml:id="seg2pn_7_1" next="#seg2pn_7_2" place="foot" n="(nur eben die Laͤnge)">Dieß wird, bloß in Be-<lb/> ziehung auf den feſten und maͤnlichen Tritt unſrer<lb/> <fw place="bottom" type="catch">uͤbri-</fw></note> und manchmal die Verkuͤrzung.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Lange</hi> </fw><lb/> <note place="foot">#(welche ſchon an ſich ſelbſt lange hatten) die zwey-<lb/> zeitigen, und kurzen Selbſtlaute lang. Bey uns<lb/> hingegen verlaͤngert die Volltoͤnigkeit nur ein we-<lb/> nig. Denn nicht das Mechaniſche der Sprache,<lb/> ſondern das, was durch ſie bezeichnet wird, iſt bey<lb/> uns der Beſtimmungsgrund des Tonmaaſſes.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [351/0427]
weniger ſchnelle Kuͤrzen, oder Verkuͤrzungen, und
Kuͤrzen; aber uͤberdieſes auch Zweyzeitigkeit, oder
ein ſolches Tonmaaß einiger Woͤrter und Sylben,
daß man ſie lang, und auch kurz ausſprechen kann.
Einer Sprache, die lauter Kuͤrzen haͤtte, wuͤrde ein
wichtiger Theil der Articulation fehlen, ſie wuͤrde
der groſſen Schnelligkeit wegen beynah gar nicht
verſtanden werden; eine Sprache, die nichts als
Laͤngen haͤtte, wuͤrde eine ſonderbare Langſamkeit
der Begriffe, und Schlaͤfrichkeit der Empfindungen
beweiſen; und eine, die nur Laͤngen und nur Kuͤr-
zen haͤtte, wuͤrde durch dieſe zu genaue Abmeſſung
etwas ſehr Geſuchtes zeigen. Es war daher die
Ueberlaͤnge, und die Verkuͤrzung zu der Abwechs-
lung, die uns Vergnuͤgen macht, noͤtig. Aber die
Zweyzeitigkeit iſt ein Mangel. Unterdeß hat ihn
ſo gar die griechiſche Sprache nicht ſelten. Wir koͤn-
nen mit Recht von unſrer ſagen, daß ſie ihn bey
weitem ſo oft nicht habe. Unſre zweyzeitigen Woͤr-
ter und Sylben ſind theils faſtlange, theils mitlere,
theils faſtkurze. Die faſtlangen koͤnnen, wenn ſie
durch die vorher angefuͤhrten Urſachen beſtimt wer-
den, weder die Ueberlaͤnge noch die Verkuͤrzung be-
kommen; die mitleren das erſte noch weniger, und
das lezte auch nicht; und die faſtkurzen nur eben die
Laͤnge, (nur eben die Laͤnge) und manchmal die Verkuͤrzung.
Lange
(nur eben die Laͤnge) Dieß wird, bloß in Be-
ziehung auf den feſten und maͤnlichen Tritt unſrer
uͤbri-
#(welche ſchon an ſich ſelbſt lange hatten) die zwey-
zeitigen, und kurzen Selbſtlaute lang. Bey uns
hingegen verlaͤngert die Volltoͤnigkeit nur ein we-
nig. Denn nicht das Mechaniſche der Sprache,
ſondern das, was durch ſie bezeichnet wird, iſt bey
uns der Beſtimmungsgrund des Tonmaaſſes.
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