lichen, das ist alles einerley, übrig geblieben sind. Wir dulden ferner: Die Atheisten, weil man (uns deucht dieß steht gar in der Bi- bel) sich auch des Viehes erbarmen muß. Die Gespenstergläubigen. Ahndungen, und wie es sonst heist, gehören mit dazu. Diese Secte lehrt, man könne von jeder andern Secte seyn, selbst ein Atheist; nur müsse man, was den Gespensterglauben anlange, keine Jrthümer, noch viel weniger Zweifel hegen. Schlieslich dulden wir auch: Die Socinian-Deisten*, oder diejenigen, die den Socinianismus noch mit zum Christenthume rechnen, und diesen gern mit dem Deismus (man verstehe uns ja recht, wir reden nicht von der allein reinen Lehre, nämlich dem Semideismus) vereinigen wollen. Die Socinian-Deisten haben einen ziemlich harten Stand, indem sie die Secte der Socinianer noch unter den christlichen an- bringen wollen. Denn diese Secte muß sich völlig darüber wegsezen, daß sie ihre Meinun- gen auf keine andre Art erweisen kann, als wenn sie die Bibel ganz anders erklärt, wie man sonst ein Buch zu erklären pflegt, oder auch ein Gespräch, einen Brief, einen Con- tract, selbst ein Vermächtnis, ja so gar ein Bündnis, so lange nämlich das Schwert noch nicht wieder gezogen ist: denn ist es gezogen;
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lichen, das iſt alles einerley, uͤbrig geblieben ſind. Wir dulden ferner: Die Atheiſten, weil man (uns deucht dieß ſteht gar in der Bi- bel) ſich auch des Viehes erbarmen muß. Die Geſpenſterglaͤubigen. Ahndungen, und wie es ſonſt heiſt, gehoͤren mit dazu. Dieſe Secte lehrt, man koͤnne von jeder andern Secte ſeyn, ſelbſt ein Atheiſt; nur muͤſſe man, was den Geſpenſterglauben anlange, keine Jrthuͤmer, noch viel weniger Zweifel hegen. Schlieslich dulden wir auch: Die Socinian-Deiſten*, oder diejenigen, die den Socinianismus noch mit zum Chriſtenthume rechnen, und dieſen gern mit dem Deismus (man verſtehe uns ja recht, wir reden nicht von der allein reinen Lehre, naͤmlich dem Semideismus) vereinigen wollen. Die Socinian-Deiſten haben einen ziemlich harten Stand, indem ſie die Secte der Socinianer noch unter den chriſtlichen an- bringen wollen. Denn dieſe Secte muß ſich voͤllig daruͤber wegſezen, daß ſie ihre Meinun- gen auf keine andre Art erweiſen kann, als wenn ſie die Bibel ganz anders erklaͤrt, wie man ſonſt ein Buch zu erklaͤren pflegt, oder auch ein Geſpraͤch, einen Brief, einen Con- tract, ſelbſt ein Vermaͤchtnis, ja ſo gar ein Buͤndnis, ſo lange naͤmlich das Schwert noch nicht wieder gezogen iſt: denn iſt es gezogen;
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lichen, das iſt alles einerley, uͤbrig geblieben
ſind. Wir dulden ferner: Die Atheiſten,
weil man (uns deucht dieß ſteht gar in der Bi-
bel) ſich auch des Viehes erbarmen muß. Die
Geſpenſterglaͤubigen. Ahndungen, und wie
es ſonſt heiſt, gehoͤren mit dazu. Dieſe Secte
lehrt, man koͤnne von jeder andern Secte ſeyn,
ſelbſt ein Atheiſt; nur muͤſſe man, was den
Geſpenſterglauben anlange, keine Jrthuͤmer,
noch viel weniger Zweifel hegen. Schlieslich
dulden wir auch: Die Socinian-Deiſten*,
oder diejenigen, die den Socinianismus noch
mit zum Chriſtenthume rechnen, und dieſen
gern mit dem Deismus (man verſtehe uns ja
recht, wir reden nicht von der allein reinen
Lehre, naͤmlich dem Semideismus) vereinigen
wollen. Die Socinian-Deiſten haben einen
ziemlich harten Stand, indem ſie die Secte
der Socinianer noch unter den chriſtlichen an-
bringen wollen. Denn dieſe Secte muß ſich
voͤllig daruͤber wegſezen, daß ſie ihre Meinun-
gen auf keine andre Art erweiſen kann, als
wenn ſie die Bibel ganz anders erklaͤrt, wie
man ſonſt ein Buch zu erklaͤren pflegt, oder
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/445>, abgerufen am 22.11.2024.
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