Jndem winkte er einem der Jünglinge, die ihn auf den Hügel begleitet hatten; und dieser brachte ihm die Rolle. Jch habe, sagte er noch, indem er die Rolle aufmachte, dieses- mal mehr gethan, als mein Stamvater. Jhr wisset durch das Sprichwort: Der treu' Ek- hard warnt, was dieser that. Jch habe in dem Geseze zwar auch vor einem gewissen Wege gewarnt; ich habe aber darinn auch einen an- dern gewiesen. Hört jezo die Rolle:
"Will einer irgend einen Weg auf dem wei- "ten Felde der Wissenschaften gehn, so zieh er "zuvor genaue Erkundigung ein von dieses "Weges Beschaffenheit. Sind ihn andre "schon gegangen, und sind diese auf selbigem "berühmt worden; so frag er sich dreymal, "und das ja nicht mit Liebkosung seiner selbst: "Ob er auch, ohne Nachahmung der Vorgän- "ger, ja selbst ohne den Schein derselben, auf "diesem Wege gehen, und gut gehen könne? "Kann er nicht; so kehr er straks um, und "meide, so lieb ihm seine und seiner Mitbürger "Ehre ist, solchen Weg, als wär er unten "hohl, und als kröchen oben darauf Schlan- "gen herum. Findet er danneinen andern "Weg, der des Betretens werth ist, und Vor- "gänger darauf des Uebertreffens werth; und "kann er ihn gehen, nicht nur ohne hin und
"her
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Jndem winkte er einem der Juͤnglinge, die ihn auf den Huͤgel begleitet hatten; und dieſer brachte ihm die Rolle. Jch habe, ſagte er noch, indem er die Rolle aufmachte, dieſes- mal mehr gethan, als mein Stamvater. Jhr wiſſet durch das Sprichwort: Der treu’ Ek- hard warnt, was dieſer that. Jch habe in dem Geſeze zwar auch vor einem gewiſſen Wege gewarnt; ich habe aber darinn auch einen an- dern gewieſen. Hoͤrt jezo die Rolle:
„Will einer irgend einen Weg auf dem wei- „ten Felde der Wiſſenſchaften gehn, ſo zieh er „zuvor genaue Erkundigung ein von dieſes „Weges Beſchaffenheit. Sind ihn andre „ſchon gegangen, und ſind dieſe auf ſelbigem „beruͤhmt worden; ſo frag er ſich dreymal, „und das ja nicht mit Liebkoſung ſeiner ſelbſt: „Ob er auch, ohne Nachahmung der Vorgaͤn- „ger, ja ſelbſt ohne den Schein derſelben, auf „dieſem Wege gehen, und gut gehen koͤnne? „Kann er nicht; ſo kehr er ſtraks um, und „meide, ſo lieb ihm ſeine und ſeiner Mitbuͤrger „Ehre iſt, ſolchen Weg, als waͤr er unten „hohl, und als kroͤchen oben darauf Schlan- „gen herum. Findet er danneinen andern „Weg, der des Betretens werth iſt, und Vor- „gaͤnger darauf des Uebertreffens werth; und „kann er ihn gehen, nicht nur ohne hin und
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Jndem winkte er einem der Juͤnglinge, die
ihn auf den Huͤgel begleitet hatten; und dieſer
brachte ihm die Rolle. Jch habe, ſagte er
noch, indem er die Rolle aufmachte, dieſes-
mal mehr gethan, als mein Stamvater. Jhr
wiſſet durch das Sprichwort: Der treu’ Ek-
hard warnt, was dieſer that. Jch habe in
dem Geſeze zwar auch vor einem gewiſſen Wege
gewarnt; ich habe aber darinn auch einen an-
dern gewieſen. Hoͤrt jezo die Rolle:
„Will einer irgend einen Weg auf dem wei-
„ten Felde der Wiſſenſchaften gehn, ſo zieh er
„zuvor genaue Erkundigung ein von dieſes
„Weges Beſchaffenheit. Sind ihn andre
„ſchon gegangen, und ſind dieſe auf ſelbigem
„beruͤhmt worden; ſo frag er ſich dreymal,
„und das ja nicht mit Liebkoſung ſeiner ſelbſt:
„Ob er auch, ohne Nachahmung der Vorgaͤn-
„ger, ja ſelbſt ohne den Schein derſelben, auf
„dieſem Wege gehen, und gut gehen koͤnne?
„Kann er nicht; ſo kehr er ſtraks um, und
„meide, ſo lieb ihm ſeine und ſeiner Mitbuͤrger
„Ehre iſt, ſolchen Weg, als waͤr er unten
„hohl, und als kroͤchen oben darauf Schlan-
„gen herum. Findet er danneinen andern
„Weg, der des Betretens werth iſt, und Vor-
„gaͤnger darauf des Uebertreffens werth; und
„kann er ihn gehen, nicht nur ohne hin und
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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/493>, abgerufen am 22.11.2024.
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