Die Aldermänner halten Vortrag. Die Zunft der Drittler widersezt sich denselben. Was darauf erfolgt. Bitte einiger Jünglinge. Die Anwalde der Weltweisen, der Natur- forscher, und der Dichter erklären sich über den Vortrag der Aldermänner.
Die Aldermänner waren heute beym Herauf- gehn auf die Fragen, welche ihre Beglei- ter an sie richteten, sehr kurz in ihren Antwor- ten. Sie schienen mit tiefen Entwürfen be- schäftigt zu seyn. Dieß währte fort, und wur- de, als man nun ganz versammelt war, überall bemerkt; und vielleicht war es die Ursach, daß kein Anwald vor den Aldermännern erschien, Vortrag zu halten. Als diese sahen, daß ihnen kein anderes Geschäft im Wege stünde; so trat ihr heutiger Wortführer aus dem halben Kreise hervor, sahe kurze Zeit mit kaltem Nachdenken umher, und sagte:
Es sind wenig Zeitpunkte, in denen man durch zusammentreffende Umstände unterstüzt, grosse Entschliessungen fassen kann; und noch seltner ist es, daß die gefasten Entschliessungen ausgeführt werden. Wie oft bleibt man so gar auf der Schwelle der Ausführung stehen. Kaum daß sich Schwierigkeiten zeigen, und
es
E e
Zwoͤlfter Morgen.
Die Aldermaͤnner halten Vortrag. Die Zunft der Drittler widerſezt ſich denſelben. Was darauf erfolgt. Bitte einiger Juͤnglinge. Die Anwalde der Weltweiſen, der Natur- forſcher, und der Dichter erklaͤren ſich uͤber den Vortrag der Aldermaͤnner.
Die Aldermaͤnner waren heute beym Herauf- gehn auf die Fragen, welche ihre Beglei- ter an ſie richteten, ſehr kurz in ihren Antwor- ten. Sie ſchienen mit tiefen Entwuͤrfen be- ſchaͤftigt zu ſeyn. Dieß waͤhrte fort, und wur- de, als man nun ganz verſammelt war, uͤberall bemerkt; und vielleicht war es die Urſach, daß kein Anwald vor den Aldermaͤnnern erſchien, Vortrag zu halten. Als dieſe ſahen, daß ihnen kein anderes Geſchaͤft im Wege ſtuͤnde; ſo trat ihr heutiger Wortfuͤhrer aus dem halben Kreiſe hervor, ſahe kurze Zeit mit kaltem Nachdenken umher, und ſagte:
Es ſind wenig Zeitpunkte, in denen man durch zuſammentreffende Umſtaͤnde unterſtuͤzt, groſſe Entſchlieſſungen faſſen kann; und noch ſeltner iſt es, daß die gefaſten Entſchlieſſungen ausgefuͤhrt werden. Wie oft bleibt man ſo gar auf der Schwelle der Ausfuͤhrung ſtehen. Kaum daß ſich Schwierigkeiten zeigen, und
es
E e
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0509"n="433"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Zwoͤlfter Morgen.</hi></head><lb/><argument><p>Die Aldermaͤnner halten Vortrag. Die Zunft<lb/>
der Drittler widerſezt ſich denſelben. Was<lb/>
darauf erfolgt. Bitte einiger Juͤnglinge.<lb/>
Die Anwalde der Weltweiſen, der Natur-<lb/>
forſcher, und der Dichter erklaͤren ſich uͤber<lb/>
den Vortrag der Aldermaͤnner.</p></argument><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Aldermaͤnner waren heute beym Herauf-<lb/>
gehn auf die Fragen, welche ihre Beglei-<lb/>
ter an ſie richteten, ſehr kurz in ihren Antwor-<lb/>
ten. Sie ſchienen mit tiefen Entwuͤrfen be-<lb/>ſchaͤftigt zu ſeyn. Dieß waͤhrte fort, und wur-<lb/>
de, als man nun ganz verſammelt war, uͤberall<lb/>
bemerkt; und vielleicht war es die Urſach, daß<lb/>
kein Anwald vor den Aldermaͤnnern erſchien,<lb/>
Vortrag zu halten. Als dieſe ſahen, daß ihnen<lb/>
kein anderes Geſchaͤft im Wege ſtuͤnde; ſo<lb/>
trat ihr heutiger Wortfuͤhrer aus dem halben<lb/>
Kreiſe hervor, ſahe kurze Zeit mit kaltem<lb/>
Nachdenken umher, und ſagte:</p><lb/><p>Es ſind wenig Zeitpunkte, in denen man<lb/>
durch zuſammentreffende Umſtaͤnde unterſtuͤzt,<lb/>
groſſe Entſchlieſſungen faſſen kann; und noch<lb/>ſeltner iſt es, daß die gefaſten Entſchlieſſungen<lb/>
ausgefuͤhrt werden. Wie oft bleibt man ſo gar<lb/>
auf der Schwelle der Ausfuͤhrung ſtehen.<lb/>
Kaum daß ſich Schwierigkeiten zeigen, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e</fw><fwplace="bottom"type="catch">es</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[433/0509]
Zwoͤlfter Morgen.
Die Aldermaͤnner halten Vortrag. Die Zunft
der Drittler widerſezt ſich denſelben. Was
darauf erfolgt. Bitte einiger Juͤnglinge.
Die Anwalde der Weltweiſen, der Natur-
forſcher, und der Dichter erklaͤren ſich uͤber
den Vortrag der Aldermaͤnner.
Die Aldermaͤnner waren heute beym Herauf-
gehn auf die Fragen, welche ihre Beglei-
ter an ſie richteten, ſehr kurz in ihren Antwor-
ten. Sie ſchienen mit tiefen Entwuͤrfen be-
ſchaͤftigt zu ſeyn. Dieß waͤhrte fort, und wur-
de, als man nun ganz verſammelt war, uͤberall
bemerkt; und vielleicht war es die Urſach, daß
kein Anwald vor den Aldermaͤnnern erſchien,
Vortrag zu halten. Als dieſe ſahen, daß ihnen
kein anderes Geſchaͤft im Wege ſtuͤnde; ſo
trat ihr heutiger Wortfuͤhrer aus dem halben
Kreiſe hervor, ſahe kurze Zeit mit kaltem
Nachdenken umher, und ſagte:
Es ſind wenig Zeitpunkte, in denen man
durch zuſammentreffende Umſtaͤnde unterſtuͤzt,
groſſe Entſchlieſſungen faſſen kann; und noch
ſeltner iſt es, daß die gefaſten Entſchlieſſungen
ausgefuͤhrt werden. Wie oft bleibt man ſo gar
auf der Schwelle der Ausfuͤhrung ſtehen.
Kaum daß ſich Schwierigkeiten zeigen, und
es
E e
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/509>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.