[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="35"> <l> <pb facs="#f0108" n="96"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Hoͤre mich an! Jch ſchließe dir ganz mein vaͤterlich Herz auf.</l><lb/> <l>Siehe, der Meßias verzieht mit ſeiner Erloͤſung,</l><lb/> <l>Und mit dem herrlichen Reich, das er aufzurichten verheißen.</l><lb/> <l>Nichts iſt den Großen in Juda verhaßter, als dieſes Reich Jeſu!</l><lb/> <l>Taͤglich ſinnen ſie ihm den Tod aus. Verſtelle dich, Juda.</l><lb/> <l>Thu, als wollteſt du ihn in die Hand der wartenden Prieſter</l><lb/> <l>Ueberliefern; nicht Rache zu uͤben, weil er dich haſſet,</l><lb/> <l>Das ſey ferne von dir! er wuͤrd ihr ſpotten, und immer</l><lb/> <l>Unuͤberwindlich dem Arm der Widerſacher entrinnen:</l><lb/> <l>Sondern ihn nur dadurch zu bewegen, damit er ſich endlich</l><lb/> <l>Jhrer Verfolgungen uͤberdruͤßig und furchtbarer zeige,</l><lb/> <l>Und, ſie mit Schande, Beſtuͤrzung und Schmach zu Boden zu ſchlagen,</l><lb/> <l>Sein ſo lang erwartetes Reich auf einmal errichte.</l><lb/> <l>Alsdann waͤrſt du ein Juͤnger von einem gefuͤrchteten Meiſter!</l><lb/> <l>Alsdann wuͤrdeſt du auch dein Erbtheil fruͤher erlangen!</l><lb/> <l>Jſt es gleich klein; ſo kannſt du es doch, erlangſt dus nur fruͤher,</l><lb/> <l>Endlich mit unermuͤdendem Fleiß, mit Wachen und Arbeit,</l><lb/> <l>Durch Anbauung und Handeln bereichern, damit es der andern</l><lb/> <l>Großen geſegnetem Erbe, wiewohl von ferne nur, gleiche.</l><lb/> <l>Hierzu fuͤllen gewiß, fuͤr die Ueberlieferung Jeſu,</l><lb/> <l>Dir die dankbaren Prieſter mit ihrem Reichthum die Haͤnde.</l><lb/> <l>Dieß iſt der Rath, den dir dein bekuͤmmerter Vater ertheilet.</l><lb/> <l>Schaue mich an! Jſt dieß nicht mein blaſſes erſtorbenes Antlitz?</l><lb/> <l>Ja, aus dem Reiche der Schatten, da deinentwegen noch zaͤrtlich,</l><lb/> <l>Komm ich hieher! Ein Engel des Lichts, der war wohl dein Schutzgeiſt,</l><lb/> <l>Leitete mich zu dir, da zeigt ich dir dieſes im Traume.</l><lb/> <l>Doch du erwacheſt. Verachte nicht, Sohn, die ermahnende Stimme<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Dei-</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0108]
Der Meßias.
Hoͤre mich an! Jch ſchließe dir ganz mein vaͤterlich Herz auf.
Siehe, der Meßias verzieht mit ſeiner Erloͤſung,
Und mit dem herrlichen Reich, das er aufzurichten verheißen.
Nichts iſt den Großen in Juda verhaßter, als dieſes Reich Jeſu!
Taͤglich ſinnen ſie ihm den Tod aus. Verſtelle dich, Juda.
Thu, als wollteſt du ihn in die Hand der wartenden Prieſter
Ueberliefern; nicht Rache zu uͤben, weil er dich haſſet,
Das ſey ferne von dir! er wuͤrd ihr ſpotten, und immer
Unuͤberwindlich dem Arm der Widerſacher entrinnen:
Sondern ihn nur dadurch zu bewegen, damit er ſich endlich
Jhrer Verfolgungen uͤberdruͤßig und furchtbarer zeige,
Und, ſie mit Schande, Beſtuͤrzung und Schmach zu Boden zu ſchlagen,
Sein ſo lang erwartetes Reich auf einmal errichte.
Alsdann waͤrſt du ein Juͤnger von einem gefuͤrchteten Meiſter!
Alsdann wuͤrdeſt du auch dein Erbtheil fruͤher erlangen!
Jſt es gleich klein; ſo kannſt du es doch, erlangſt dus nur fruͤher,
Endlich mit unermuͤdendem Fleiß, mit Wachen und Arbeit,
Durch Anbauung und Handeln bereichern, damit es der andern
Großen geſegnetem Erbe, wiewohl von ferne nur, gleiche.
Hierzu fuͤllen gewiß, fuͤr die Ueberlieferung Jeſu,
Dir die dankbaren Prieſter mit ihrem Reichthum die Haͤnde.
Dieß iſt der Rath, den dir dein bekuͤmmerter Vater ertheilet.
Schaue mich an! Jſt dieß nicht mein blaſſes erſtorbenes Antlitz?
Ja, aus dem Reiche der Schatten, da deinentwegen noch zaͤrtlich,
Komm ich hieher! Ein Engel des Lichts, der war wohl dein Schutzgeiſt,
Leitete mich zu dir, da zeigt ich dir dieſes im Traume.
Doch du erwacheſt. Verachte nicht, Sohn, die ermahnende Stimme
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