[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <l> <pb facs="#f0133" n="121"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Das ſey ferne von dir, die du des Ewigen Kind biſt,</l><lb/> <l>Stifterinn des Friedens! Heil Gottes! Bund! Ewiges Leben!</l><lb/> <l>Meine Seele bewegt ſich in mir! Mein bebendes Knie ſinkt,</l><lb/> <l>Schwermut, und Mitleid, und Angſt, erſchuͤttern meine Gebeine,</l><lb/> <l>Wenn ich dieß alles in ernſten Betrachtungen uͤberdenke.</l><lb/> <l>Und ein Abſcheu vor Menſchen, ein Schauer vor denen, die Gott ſchuf,</l><lb/> <l>Ueberfaͤllt mich, ſo oft ich bedenke, wie wenig ihr dieſes</l><lb/> <l>Bey euch empfindet, wie niedrig ihr ſeyd, nur menſchlich zu fuͤhlen;</l><lb/> <l>Wie ohnmaͤchtig, die Religion, und die Mordſucht zu ſondern,</l><lb/> <l>Und wie poͤbelhaft klein, die lichten Stralen der ſchoͤnen</l><lb/> <l>Und der liebenswuͤrdigen Unſchuld, nur dunkel zu ſchauen!</l><lb/> <l>Zwar was ſorget die Unſchuld, von euch geſehen zu werden!</l><lb/> <l>Gott ſieht ſie, der Himmel mit Gott! Sie wird nicht erzittern,</l><lb/> <l>Wenn ſie niedrige Suͤnder verdammen! Wenn Seraphim daſtehn,</l><lb/> <l>Und ſie bewundern, wenn hoch vom Olymp ihr der Ewige laͤchelt;</l><lb/> <l>Wenn wir alsdann, in unſerm einheimiſchen niedrigen Staube,</l><lb/> <l>Stehn, und wider ſie zeugen: wie klein und verachtungswuͤrdig</l><lb/> <l>Werden wir daſtehn, und wider ſie zeugen! Und wenn im Gericht einſt,</l><lb/> <l>Wenn einſt vor der ganzen Verſammlung erwachender Todten,</l><lb/> <l>Seraphim dahergehn, und da ſtehn, und wider uns zeugen;</l><lb/> <l>Wenn die Stimme der Cherubim ruft, und auf uns donnernd,</l><lb/> <l>Gottes Heilige nennt; wenn Gott ſpricht, und ſeine Gerechten</l><lb/> <l>Zu ſich, im hohen Triumph, zu ſeiner Herrlichkeit, einfuͤhrt:</l><lb/> <l>O, wie werden wir da den Huͤgeln flehen: Bedeckt uns!</l><lb/> <l>Und den Bergen: Fallt uͤber uns her! Und den Meeren: Verſchlingt uns!</l><lb/> <l>Und dem Verderben: Vernicht uns, Verderben! Daß die uns nicht ſehen,</l><lb/> <l>Die wir verdammten! Daß ſie uns nicht ſehen die ſchrecklichen Frommen!<lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0133]
Vierter Geſang.
Das ſey ferne von dir, die du des Ewigen Kind biſt,
Stifterinn des Friedens! Heil Gottes! Bund! Ewiges Leben!
Meine Seele bewegt ſich in mir! Mein bebendes Knie ſinkt,
Schwermut, und Mitleid, und Angſt, erſchuͤttern meine Gebeine,
Wenn ich dieß alles in ernſten Betrachtungen uͤberdenke.
Und ein Abſcheu vor Menſchen, ein Schauer vor denen, die Gott ſchuf,
Ueberfaͤllt mich, ſo oft ich bedenke, wie wenig ihr dieſes
Bey euch empfindet, wie niedrig ihr ſeyd, nur menſchlich zu fuͤhlen;
Wie ohnmaͤchtig, die Religion, und die Mordſucht zu ſondern,
Und wie poͤbelhaft klein, die lichten Stralen der ſchoͤnen
Und der liebenswuͤrdigen Unſchuld, nur dunkel zu ſchauen!
Zwar was ſorget die Unſchuld, von euch geſehen zu werden!
Gott ſieht ſie, der Himmel mit Gott! Sie wird nicht erzittern,
Wenn ſie niedrige Suͤnder verdammen! Wenn Seraphim daſtehn,
Und ſie bewundern, wenn hoch vom Olymp ihr der Ewige laͤchelt;
Wenn wir alsdann, in unſerm einheimiſchen niedrigen Staube,
Stehn, und wider ſie zeugen: wie klein und verachtungswuͤrdig
Werden wir daſtehn, und wider ſie zeugen! Und wenn im Gericht einſt,
Wenn einſt vor der ganzen Verſammlung erwachender Todten,
Seraphim dahergehn, und da ſtehn, und wider uns zeugen;
Wenn die Stimme der Cherubim ruft, und auf uns donnernd,
Gottes Heilige nennt; wenn Gott ſpricht, und ſeine Gerechten
Zu ſich, im hohen Triumph, zu ſeiner Herrlichkeit, einfuͤhrt:
O, wie werden wir da den Huͤgeln flehen: Bedeckt uns!
Und den Bergen: Fallt uͤber uns her! Und den Meeren: Verſchlingt uns!
Und dem Verderben: Vernicht uns, Verderben! Daß die uns nicht ſehen,
Die wir verdammten! Daß ſie uns nicht ſehen die ſchrecklichen Frommen!
Daß
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