[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="5"> <l> <pb facs="#f0156" n="144"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Hat ihn um unſerntwillen ergriffen! Er leidet, daß Friede</l><lb/> <l>Ueber uns komme, daß Heil mit ſeinen Fluͤgeln uns decke!</l><lb/> <l>Denn wir wandelten alle den Weg der Jrre. Wir alle</l><lb/> <l>Waren elend genung, uns ſelber Weisheit zu waͤhlen.</l><lb/> <l>Darum hat unſere Schuld auf ihn der Raͤcher geleget!</l><lb/> <l>Er iſt unſer Verſoͤhner, geht ins Gericht hin, und leidet,</l><lb/> <l>Wird bis zum Tode gehorſam, und oͤffnet den goͤttlichen Mund nicht.</l><lb/> <l>Wie ein verſtummendes Lamm zum Opferaltare gefuͤhrt wird;</l><lb/> <l>Alſo geht er geduldig daher, und ſchweigt. .. Nun iſt er</l><lb/> <l>Aus dem Gericht genommen! Wer kann nun ſeine Verſoͤhuten,</l><lb/> <l>Wer die Schaaren der Heiligen zaͤhlen, die durch ihn gerecht ſind?</l><lb/> <l>Weil er fuͤr die Suͤnder zum Opfer ſein Leben gebracht hat,</l><lb/> <l>Werden ihm ganze Geſchlechter zur neuen Schoͤpfung erwachen,</l><lb/> <l>Und ſein Leben wird Ewigkeit ſeyn! … So ſagt der Erloͤſer;</l><lb/> <l>Schaut gen Himmel, und ſchweigt. Er hatte lange geſchwiegen,</l><lb/> <l>Als er fortfuhr: es iſt das letztemal, daß wir zuſammen</l><lb/> <l>So ein Abendmal halten! Jch werde mit meinen Geliebten</l><lb/> <l>Nun nicht mehr das Gewaͤchs des frohen Weinſtocks genießen,</l><lb/> <l>Noch die Laͤmmer im Thal. Doch in meines Vaters Behauſung,</l><lb/> <l>Wo viel Wohnungen ſind, dort werdet ihr euern Meßias</l><lb/> <l>Wiederſehen, und, nebſt den verſammelten Vaͤtern des Bundes,</l><lb/> <l>Neue Feſte begehn, die kein Abſchiednehmen mehr trennet.</l><lb/> <l>Jeſus ſchwieg, und die Juͤnger um ihn. So ſchwieg in den Hallen</l><lb/> <l>Auf Moria das heilige Volk, da der goͤttlichſte Juͤngling</l><lb/> <l>Unter den Soͤhnen von Abram, da Salomo bey den Altaͤren</l><lb/> <l>Seine Krone vor dem, der ewig iſt, niedergeworfen,</l><lb/> <l>Und der Einweihung Gebet vollendet hatte; da ſichtbar<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0156]
Der Meßias.
Hat ihn um unſerntwillen ergriffen! Er leidet, daß Friede
Ueber uns komme, daß Heil mit ſeinen Fluͤgeln uns decke!
Denn wir wandelten alle den Weg der Jrre. Wir alle
Waren elend genung, uns ſelber Weisheit zu waͤhlen.
Darum hat unſere Schuld auf ihn der Raͤcher geleget!
Er iſt unſer Verſoͤhner, geht ins Gericht hin, und leidet,
Wird bis zum Tode gehorſam, und oͤffnet den goͤttlichen Mund nicht.
Wie ein verſtummendes Lamm zum Opferaltare gefuͤhrt wird;
Alſo geht er geduldig daher, und ſchweigt. .. Nun iſt er
Aus dem Gericht genommen! Wer kann nun ſeine Verſoͤhuten,
Wer die Schaaren der Heiligen zaͤhlen, die durch ihn gerecht ſind?
Weil er fuͤr die Suͤnder zum Opfer ſein Leben gebracht hat,
Werden ihm ganze Geſchlechter zur neuen Schoͤpfung erwachen,
Und ſein Leben wird Ewigkeit ſeyn! … So ſagt der Erloͤſer;
Schaut gen Himmel, und ſchweigt. Er hatte lange geſchwiegen,
Als er fortfuhr: es iſt das letztemal, daß wir zuſammen
So ein Abendmal halten! Jch werde mit meinen Geliebten
Nun nicht mehr das Gewaͤchs des frohen Weinſtocks genießen,
Noch die Laͤmmer im Thal. Doch in meines Vaters Behauſung,
Wo viel Wohnungen ſind, dort werdet ihr euern Meßias
Wiederſehen, und, nebſt den verſammelten Vaͤtern des Bundes,
Neue Feſte begehn, die kein Abſchiednehmen mehr trennet.
Jeſus ſchwieg, und die Juͤnger um ihn. So ſchwieg in den Hallen
Auf Moria das heilige Volk, da der goͤttlichſte Juͤngling
Unter den Soͤhnen von Abram, da Salomo bey den Altaͤren
Seine Krone vor dem, der ewig iſt, niedergeworfen,
Und der Einweihung Gebet vollendet hatte; da ſichtbar
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