[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.
Feurig
Feurig
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="5"> <l> <pb facs="#f0158" n="146"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meßias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Jeſus ſchaute voll Ernſt. Jhn fragte Judas noch einmal.</l><lb/> <l>Jeſus erwiedert mit leiſerer Stimme: du ſageſt es ſelber.</l><lb/> <l>Doch Gedanken voll Ruh erheiterten wieder den Mittler,</l><lb/> <l>Suͤße Gedanken vom ewigen Heil. Er ſtand das, Gedaͤchtniß</l><lb/> <l>Seines Todes zu ſtiften. Jtzt ſprach er die feyrlichen Worte,</l><lb/> <l>Die ſo viele Prieſter der Chriſten, ſo viele Gemeinen</l><lb/> <l>Kuͤhn entweihn, und in lauten Geſaͤngen das Urtheil des Todes</l><lb/> <l>Ueber ſich rufen. Er kennet ſie nicht, der goͤttlicher lebte,</l><lb/> <l>Und am Kreuze nicht ſtarb, fuͤr ewige Suͤnder zu buͤßen!</l><lb/> <l>All empfiengen von ihm das Brodt, das er eingeweiht hatte,</l><lb/> <l>Und den heiligen Kelch. Sie kamen alle mit Demut,</l><lb/> <l>Und in trauernder Stille, von ſeiner Hand es zu nehmen.</l><lb/> <l>Da Johannes hinzugieng, und auf den glaͤnzenden Kelch ſah,</l><lb/> <l>Warf er zu Jeſu Fuͤßen ſich nied er, und kuͤßte ſie weinend,</l><lb/> <l>Trocknete dann die Thraͤnen mit ſeinen fallenden Locken.</l><lb/> <l>Laß ihn meine Herrlichkeit ſehn! Sprach Jeſus und ſchaute</l><lb/> <l>Zu dem Vater empor. Johannes erhub ſich, und ſahe</l><lb/> <l>Jn der Tiefe des Saals der Seraphim helle Verſammlung.</l><lb/> <l>Und die Seraphim wußten, daß er ſie ſahe. Johannes</l><lb/> <l>Stand in Entzuͤckung verloren. Er ſchaute Gabriels Hoheit</l><lb/> <l>Starr, mit Ehrfurcht. Er ſchaute des himmliſchen Raphaels Glaͤnzen,</l><lb/> <l>Und verehrt ihn. Er ſah auch Salem mit menſchlicherm Schimmer,</l><lb/> <l>Und mit ausgebreiteten Armen entgegen ihm laͤcheln,</l><lb/> <l>Und er liebte den Seraph. Er wandte ſich um, und erblickte</l><lb/> <l>Jn des Meßias ruhigem Auge die Spuren der Gottheit!</l><lb/> <l>Und er ſank verſtummend ans Herz des hohen Meßias.</l><lb/> <l>Gabriel aber erhub ſich mit leiſen Luͤften, und ſagte<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Feurig</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0158]
Der Meßias.
Jeſus ſchaute voll Ernſt. Jhn fragte Judas noch einmal.
Jeſus erwiedert mit leiſerer Stimme: du ſageſt es ſelber.
Doch Gedanken voll Ruh erheiterten wieder den Mittler,
Suͤße Gedanken vom ewigen Heil. Er ſtand das, Gedaͤchtniß
Seines Todes zu ſtiften. Jtzt ſprach er die feyrlichen Worte,
Die ſo viele Prieſter der Chriſten, ſo viele Gemeinen
Kuͤhn entweihn, und in lauten Geſaͤngen das Urtheil des Todes
Ueber ſich rufen. Er kennet ſie nicht, der goͤttlicher lebte,
Und am Kreuze nicht ſtarb, fuͤr ewige Suͤnder zu buͤßen!
All empfiengen von ihm das Brodt, das er eingeweiht hatte,
Und den heiligen Kelch. Sie kamen alle mit Demut,
Und in trauernder Stille, von ſeiner Hand es zu nehmen.
Da Johannes hinzugieng, und auf den glaͤnzenden Kelch ſah,
Warf er zu Jeſu Fuͤßen ſich nied er, und kuͤßte ſie weinend,
Trocknete dann die Thraͤnen mit ſeinen fallenden Locken.
Laß ihn meine Herrlichkeit ſehn! Sprach Jeſus und ſchaute
Zu dem Vater empor. Johannes erhub ſich, und ſahe
Jn der Tiefe des Saals der Seraphim helle Verſammlung.
Und die Seraphim wußten, daß er ſie ſahe. Johannes
Stand in Entzuͤckung verloren. Er ſchaute Gabriels Hoheit
Starr, mit Ehrfurcht. Er ſchaute des himmliſchen Raphaels Glaͤnzen,
Und verehrt ihn. Er ſah auch Salem mit menſchlicherm Schimmer,
Und mit ausgebreiteten Armen entgegen ihm laͤcheln,
Und er liebte den Seraph. Er wandte ſich um, und erblickte
Jn des Meßias ruhigem Auge die Spuren der Gottheit!
Und er ſank verſtummend ans Herz des hohen Meßias.
Gabriel aber erhub ſich mit leiſen Luͤften, und ſagte
Feurig
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