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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751.

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Der Meßias.

Dir, unsterblicher Tag, der du unsern getrösteten Augen
Gott, den Meßias, auf Erden in seiner Erniedrung entdeckest!
Wie er so schön ist! O, unser Meßias in menschlicher Bildung!
Wie sich in seinem erhabenen Ansehn die Gottheit enthüllet!

Selig bist du und heilig, die du den Meßias gebahrest,
Seliger als Eva, die Mutter der Menschen. Unzählbar
Sind zwar die Söhne von ihr, doch zugleich unzählbare Sünder.
Aber du hast einen, nur einen göttlichen Menschen,
Einen gerechten, ach einen unschuldigen theuren Meßias,
Einen Sohn Gottes, unsterbliche Tochter der Erde, gebohren!
Zärtlich mit irrendem Blick seh ich zur Erden hernieder,
Dich, Paradies, dich seh ich nicht mehr. Du bist in den Wassern
Weggeschwemmt, in Wassern der allgegenwärtigen Sündflut.
Deiner erhabnen umschattenden Cedern, die Gottes Hand pflanzte,
Deiner friedsamen Lauben, der jungen Tugend Behausung,
Hat kein Sturmwind, kein Donner, kein Todesengel geschonet!
Bethlehem, wo ihn Maria gebahr, und ihn brünstig umarmte,
Sey du mir mein Eden; du Brunnen Davids, die Quelle,
Wo ich göttlich erschaffen zuerst mich sahe; du Hütte,
Wo er weinte, sey du mir die Laube der ersten Unschuld!
Ach hätt ich dich in Eden gebohren, du Göttlicher! hätt ich
Gleich nach vollbrachter entsetzlichen That dich, Sohn, gebohren
Siehe, so wär ich mit dir zu meinem Richter gegangen;
Da, wo er stand, wo unter ihm Eden zum Grabe sich aufthat,
Wo der Erkenntnisse Baum mir fürchterlich rauschte, wo Stimmen
Seiner Donner des Fluchs gefürchteten Richterspruch sprechen,
Wo

Der Meßias.

Dir, unſterblicher Tag, der du unſern getroͤſteten Augen
Gott, den Meßias, auf Erden in ſeiner Erniedrung entdeckeſt!
Wie er ſo ſchoͤn iſt! O, unſer Meßias in menſchlicher Bildung!
Wie ſich in ſeinem erhabenen Anſehn die Gottheit enthuͤllet!

Selig biſt du und heilig, die du den Meßias gebahreſt,
Seliger als Eva, die Mutter der Menſchen. Unzaͤhlbar
Sind zwar die Soͤhne von ihr, doch zugleich unzaͤhlbare Suͤnder.
Aber du haſt einen, nur einen goͤttlichen Menſchen,
Einen gerechten, ach einen unſchuldigen theuren Meßias,
Einen Sohn Gottes, unſterbliche Tochter der Erde, gebohren!
Zaͤrtlich mit irrendem Blick ſeh ich zur Erden hernieder,
Dich, Paradies, dich ſeh ich nicht mehr. Du biſt in den Waſſern
Weggeſchwemmt, in Waſſern der allgegenwaͤrtigen Suͤndflut.
Deiner erhabnen umſchattenden Cedern, die Gottes Hand pflanzte,
Deiner friedſamen Lauben, der jungen Tugend Behauſung,
Hat kein Sturmwind, kein Donner, kein Todesengel geſchonet!
Bethlehem, wo ihn Maria gebahr, und ihn bruͤnſtig umarmte,
Sey du mir mein Eden; du Brunnen Davids, die Quelle,
Wo ich goͤttlich erſchaffen zuerſt mich ſahe; du Huͤtte,
Wo er weinte, ſey du mir die Laube der erſten Unſchuld!
Ach haͤtt ich dich in Eden gebohren, du Goͤttlicher! haͤtt ich
Gleich nach vollbrachter entſetzlichen That dich, Sohn, gebohren
Siehe, ſo waͤr ich mit dir zu meinem Richter gegangen;
Da, wo er ſtand, wo unter ihm Eden zum Grabe ſich aufthat,
Wo der Erkenntniſſe Baum mir fuͤrchterlich rauſchte, wo Stimmen
Seiner Donner des Fluchs gefuͤrchteten Richterſpruch ſprechen,
Wo
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[34/0046] Der Meßias. Dir, unſterblicher Tag, der du unſern getroͤſteten Augen Gott, den Meßias, auf Erden in ſeiner Erniedrung entdeckeſt! Wie er ſo ſchoͤn iſt! O, unſer Meßias in menſchlicher Bildung! Wie ſich in ſeinem erhabenen Anſehn die Gottheit enthuͤllet! Selig biſt du und heilig, die du den Meßias gebahreſt, Seliger als Eva, die Mutter der Menſchen. Unzaͤhlbar Sind zwar die Soͤhne von ihr, doch zugleich unzaͤhlbare Suͤnder. Aber du haſt einen, nur einen goͤttlichen Menſchen, Einen gerechten, ach einen unſchuldigen theuren Meßias, Einen Sohn Gottes, unſterbliche Tochter der Erde, gebohren! Zaͤrtlich mit irrendem Blick ſeh ich zur Erden hernieder, Dich, Paradies, dich ſeh ich nicht mehr. Du biſt in den Waſſern Weggeſchwemmt, in Waſſern der allgegenwaͤrtigen Suͤndflut. Deiner erhabnen umſchattenden Cedern, die Gottes Hand pflanzte, Deiner friedſamen Lauben, der jungen Tugend Behauſung, Hat kein Sturmwind, kein Donner, kein Todesengel geſchonet! Bethlehem, wo ihn Maria gebahr, und ihn bruͤnſtig umarmte, Sey du mir mein Eden; du Brunnen Davids, die Quelle, Wo ich goͤttlich erſchaffen zuerſt mich ſahe; du Huͤtte, Wo er weinte, ſey du mir die Laube der erſten Unſchuld! Ach haͤtt ich dich in Eden gebohren, du Goͤttlicher! haͤtt ich Gleich nach vollbrachter entſetzlichen That dich, Sohn, gebohren Siehe, ſo waͤr ich mit dir zu meinem Richter gegangen; Da, wo er ſtand, wo unter ihm Eden zum Grabe ſich aufthat, Wo der Erkenntniſſe Baum mir fuͤrchterlich rauſchte, wo Stimmen Seiner Donner des Fluchs gefuͤrchteten Richterſpruch ſprechen, Wo

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 1. Halle, 1751, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias01_1751/46>, abgerufen am 21.11.2024.