[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.
Wieder
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="27"> <l> <pb facs="#f0138" n="110"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Seine Juͤnglingsgeſtalt, womit er im Thale des Friedens</l><lb/> <l>Schimmerte! Doch ſie war ein fernnachahmendes Bild nur</l><lb/> <l>Zwar floß glaͤnzendes Haar auf ſeine Schultern hernieder,</l><lb/> <l>Unter den glaͤnzenden Locken erklangen goldene Fluͤgel,</l><lb/> <l>Und die Klarheit des werdenden Tags bedeckte des Seraphs</l><lb/> <l>Leuchtendes Antliz: allein ſein Aug’ hielt Thraͤnen zuruͤcke!</l><lb/> <l>Und nun flog er den bebenden Flug. Wo am dickſten die Nacht lag,</l><lb/> <l>Dieſer Gegend naͤhert’ er ſich. Zum Todeshuͤgel</l><lb/> <l>Stroͤmt am dickſten die Nacht vom ſchweigenden Himmel herunter.</l><lb/> <l>Als er uͤber dem Ufer des todten Meeres heraufſchwebt,</l><lb/> <l>Hoͤrt er ungewoͤhnliches Bruͤllen der ſteigenden Waſſer;</l><lb/> <l>Mit der Wogen Gebruͤlle, gequaͤlter Verzweiflungen Jammern!</l><lb/> <l>So, wenn im Erdbeben, gerichtbelaſteter Staͤdte</l><lb/> <l>Wenn nun Eine der groſſen Verbrecherinnen verurtheilt</l><lb/> <l>Jm Erdbeben verſinkt, ſo winſeln dann mit dem Schlage,</l><lb/> <l>Jenem dumpfen Schlage der unterirrdiſchen Rache</l><lb/> <l>Todesſtimmen herauf! Noch einmal erzittert die Erde,</l><lb/> <l>Und noch einmal ertoͤnen mit ihr, entheiligte Tempel,</l><lb/> <l>Stuͤrzende Marmorhaͤuſer, und ihrer zu ſichern Bewohner</l><lb/> <l>Todesſtimmen! Es flieht der bleiche, rufende Wandrer!</l><lb/> <l>Abbadona vernimmt mit des todten Meeres Getoͤſe</l><lb/> <l>So der beyden Gerichteten Bruͤllen, erkennt ſie, entſezt ſich,</l><lb/> <l>Flieht mit wankendem Fluge die jammerhallenden Ufer.</l><lb/> <l>Und nun naͤhert er ſich dem Kreiſe der Engel. Ein ſchnelles,</l><lb/> <l>Unbezwingbares Schrecken befiel ihn, als er den vollen,</l><lb/> <l>Majeſtaͤtiſchen Kreis der Ungefallnen erblickte!</l><lb/> <l>Bald waͤr ſeine lichte Geſtalt in entſtellendes Dunkel<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wieder</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0138]
Der Meſſias.
Seine Juͤnglingsgeſtalt, womit er im Thale des Friedens
Schimmerte! Doch ſie war ein fernnachahmendes Bild nur
Zwar floß glaͤnzendes Haar auf ſeine Schultern hernieder,
Unter den glaͤnzenden Locken erklangen goldene Fluͤgel,
Und die Klarheit des werdenden Tags bedeckte des Seraphs
Leuchtendes Antliz: allein ſein Aug’ hielt Thraͤnen zuruͤcke!
Und nun flog er den bebenden Flug. Wo am dickſten die Nacht lag,
Dieſer Gegend naͤhert’ er ſich. Zum Todeshuͤgel
Stroͤmt am dickſten die Nacht vom ſchweigenden Himmel herunter.
Als er uͤber dem Ufer des todten Meeres heraufſchwebt,
Hoͤrt er ungewoͤhnliches Bruͤllen der ſteigenden Waſſer;
Mit der Wogen Gebruͤlle, gequaͤlter Verzweiflungen Jammern!
So, wenn im Erdbeben, gerichtbelaſteter Staͤdte
Wenn nun Eine der groſſen Verbrecherinnen verurtheilt
Jm Erdbeben verſinkt, ſo winſeln dann mit dem Schlage,
Jenem dumpfen Schlage der unterirrdiſchen Rache
Todesſtimmen herauf! Noch einmal erzittert die Erde,
Und noch einmal ertoͤnen mit ihr, entheiligte Tempel,
Stuͤrzende Marmorhaͤuſer, und ihrer zu ſichern Bewohner
Todesſtimmen! Es flieht der bleiche, rufende Wandrer!
Abbadona vernimmt mit des todten Meeres Getoͤſe
So der beyden Gerichteten Bruͤllen, erkennt ſie, entſezt ſich,
Flieht mit wankendem Fluge die jammerhallenden Ufer.
Und nun naͤhert er ſich dem Kreiſe der Engel. Ein ſchnelles,
Unbezwingbares Schrecken befiel ihn, als er den vollen,
Majeſtaͤtiſchen Kreis der Ungefallnen erblickte!
Bald waͤr ſeine lichte Geſtalt in entſtellendes Dunkel
Wieder
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