Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Messias.

Und er hielt in der Linke die himmlische Krone; die Rechte
Schwung die Posaune. Sie tönt. Es tönen der Sphären Gesänge.
Und der nächste dem Unerschaffnen, er rief durch die Himmel:

Feyert! Es flamm' Anbetung der grosse, der Sabbat des Bundes,
Von den Sonnen zum Throne des Richters! Die Stund ist gekommen!
Feyert! die Stunde der Nacht ist gekommen! Sie führen das Opfer.
Und die Himmel umher vernahmen des Rufenden Stimme.
Doch schon war er vorübergeeilt. Zwo Winke, so schwebt er
Ueber Golgatha. Um ihn herum versammeln der Erde
Engel sich eilend. Er rief sie. Jhr strahlenwerfender Kreis schloß
Jzt um Eloa sich zu. Eloa stieg aus dem Kreise,
Feyerlich stieg er auf Golgatha nieder, und stand auf der Höhe.
Dreymal neigt er nunmehr sein tiefanbetendes Antliz
Auf den Staub des Hügels herab, dann erhub er sich, streckte
Ueber den Hügel den hingebreiteten Arm aus, und schaute
Auf den Meßias herab, der, in der Ferne, begleitet
Von Judäa, langsam gen Golgatha herkam, und, schwerer,
Als sein Kreuz, das Weltgericht, trug! ... So sah ihn Eloa,
Stand, hielt über den Hügel den hohen Arm hin, und sagte:
Hört mich, Himmel, und jauchzt! Du Hölle, vernimm mich, und bebe!
Jn des Auszusönenden Namen! und deß, der zu bluten
Kömmt, des Versöners Namen! im Namen des Geistes, der Sünder
Schafft zu Gerechten, weih ich dich, Hügel, zum Tode des Sohnes!
Heilig! heilig! heilig! ist der, der seyn wird, und seyn wird!
Also weiht Eloa, und staunt. Des Unsterblichen Schimmer
Wurde Dämmrung, so staunt er! Und nun verstummt er nicht länger,
Senket gegen den Mann von Erde gefaltete Hände,
Welcher

Der Meſſias.

Und er hielt in der Linke die himmliſche Krone; die Rechte
Schwung die Poſaune. Sie toͤnt. Es toͤnen der Sphaͤren Geſaͤnge.
Und der naͤchſte dem Unerſchaffnen, er rief durch die Himmel:

Feyert! Es flamm’ Anbetung der groſſe, der Sabbat des Bundes,
Von den Sonnen zum Throne des Richters! Die Stund iſt gekommen!
Feyert! die Stunde der Nacht iſt gekommen! Sie fuͤhren das Opfer.
Und die Himmel umher vernahmen des Rufenden Stimme.
Doch ſchon war er voruͤbergeeilt. Zwo Winke, ſo ſchwebt er
Ueber Golgatha. Um ihn herum verſammeln der Erde
Engel ſich eilend. Er rief ſie. Jhr ſtrahlenwerfender Kreis ſchloß
Jzt um Eloa ſich zu. Eloa ſtieg aus dem Kreiſe,
Feyerlich ſtieg er auf Golgatha nieder, und ſtand auf der Hoͤhe.
Dreymal neigt er nunmehr ſein tiefanbetendes Antliz
Auf den Staub des Huͤgels herab, dann erhub er ſich, ſtreckte
Ueber den Huͤgel den hingebreiteten Arm aus, und ſchaute
Auf den Meßias herab, der, in der Ferne, begleitet
Von Judaͤa, langſam gen Golgatha herkam, und, ſchwerer,
Als ſein Kreuz, das Weltgericht, trug! … So ſah ihn Eloa,
Stand, hielt uͤber den Huͤgel den hohen Arm hin, und ſagte:
Hoͤrt mich, Himmel, und jauchzt! Du Hoͤlle, vernimm mich, und bebe!
Jn des Auszuſoͤnenden Namen! und deß, der zu bluten
Koͤmmt, des Verſoͤners Namen! im Namen des Geiſtes, der Suͤnder
Schafft zu Gerechten, weih ich dich, Huͤgel, zum Tode des Sohnes!
Heilig! heilig! heilig! iſt der, der ſeyn wird, und ſeyn wird!
Alſo weiht Eloa, und ſtaunt. Des Unſterblichen Schimmer
Wurde Daͤmmrung, ſo ſtaunt er! Und nun verſtummt er nicht laͤnger,
Senket gegen den Mann von Erde gefaltete Haͤnde,
Welcher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="2">
              <l>
                <pb facs="#f0092" n="66"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Me&#x017F;&#x017F;ias.</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>Und er hielt in der Linke die himmli&#x017F;che Krone; die Rechte</l><lb/>
              <l>Schwung die Po&#x017F;aune. Sie to&#x0364;nt. Es to&#x0364;nen der Spha&#x0364;ren Ge&#x017F;a&#x0364;nge.</l><lb/>
              <l>Und der na&#x0364;ch&#x017F;te dem Uner&#x017F;chaffnen, er rief durch die Himmel:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Feyert! Es flamm&#x2019; Anbetung der gro&#x017F;&#x017F;e, der Sabbat des Bundes,</l><lb/>
              <l>Von den Sonnen zum Throne des Richters! Die Stund i&#x017F;t gekommen!</l><lb/>
              <l>Feyert! die Stunde der Nacht i&#x017F;t gekommen! Sie fu&#x0364;hren das Opfer.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und die Himmel umher vernahmen des Rufenden Stimme.</l><lb/>
              <l>Doch &#x017F;chon war er voru&#x0364;bergeeilt. Zwo Winke, &#x017F;o &#x017F;chwebt er</l><lb/>
              <l>Ueber Golgatha. Um ihn herum ver&#x017F;ammeln der Erde</l><lb/>
              <l>Engel &#x017F;ich eilend. Er rief &#x017F;ie. Jhr &#x017F;trahlenwerfender Kreis &#x017F;chloß</l><lb/>
              <l>Jzt um Eloa &#x017F;ich zu. Eloa &#x017F;tieg aus dem Krei&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Feyerlich &#x017F;tieg er auf Golgatha nieder, und &#x017F;tand auf der Ho&#x0364;he.</l><lb/>
              <l>Dreymal neigt er nunmehr &#x017F;ein tiefanbetendes Antliz</l><lb/>
              <l>Auf den Staub des Hu&#x0364;gels herab, dann erhub er &#x017F;ich, &#x017F;treckte</l><lb/>
              <l>Ueber den Hu&#x0364;gel den hingebreiteten Arm aus, und &#x017F;chaute</l><lb/>
              <l>Auf den Meßias herab, der, in der Ferne, begleitet</l><lb/>
              <l>Von Juda&#x0364;a, lang&#x017F;am gen Golgatha herkam, und, &#x017F;chwerer,</l><lb/>
              <l>Als &#x017F;ein Kreuz, das Weltgericht, trug! &#x2026; So &#x017F;ah ihn Eloa,</l><lb/>
              <l>Stand, hielt u&#x0364;ber den Hu&#x0364;gel den hohen Arm hin, und &#x017F;agte:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Ho&#x0364;rt mich, Himmel, und jauchzt! Du Ho&#x0364;lle, vernimm mich, und bebe!</l><lb/>
              <l>Jn des Auszu&#x017F;o&#x0364;nenden Namen! und deß, der zu bluten</l><lb/>
              <l>Ko&#x0364;mmt, des Ver&#x017F;o&#x0364;ners Namen! im Namen des Gei&#x017F;tes, der Su&#x0364;nder</l><lb/>
              <l>Schafft zu Gerechten, weih ich dich, Hu&#x0364;gel, zum Tode des Sohnes!</l><lb/>
              <l>Heilig! heilig! heilig! i&#x017F;t der, der &#x017F;eyn wird, und &#x017F;eyn wird!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Al&#x017F;o weiht Eloa, und &#x017F;taunt. Des Un&#x017F;terblichen Schimmer</l><lb/>
              <l>Wurde Da&#x0364;mmrung, &#x017F;o &#x017F;taunt er! Und nun ver&#x017F;tummt er nicht la&#x0364;nger,</l><lb/>
              <l>Senket gegen den Mann von Erde gefaltete Ha&#x0364;nde,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Welcher</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0092] Der Meſſias. Und er hielt in der Linke die himmliſche Krone; die Rechte Schwung die Poſaune. Sie toͤnt. Es toͤnen der Sphaͤren Geſaͤnge. Und der naͤchſte dem Unerſchaffnen, er rief durch die Himmel: Feyert! Es flamm’ Anbetung der groſſe, der Sabbat des Bundes, Von den Sonnen zum Throne des Richters! Die Stund iſt gekommen! Feyert! die Stunde der Nacht iſt gekommen! Sie fuͤhren das Opfer. Und die Himmel umher vernahmen des Rufenden Stimme. Doch ſchon war er voruͤbergeeilt. Zwo Winke, ſo ſchwebt er Ueber Golgatha. Um ihn herum verſammeln der Erde Engel ſich eilend. Er rief ſie. Jhr ſtrahlenwerfender Kreis ſchloß Jzt um Eloa ſich zu. Eloa ſtieg aus dem Kreiſe, Feyerlich ſtieg er auf Golgatha nieder, und ſtand auf der Hoͤhe. Dreymal neigt er nunmehr ſein tiefanbetendes Antliz Auf den Staub des Huͤgels herab, dann erhub er ſich, ſtreckte Ueber den Huͤgel den hingebreiteten Arm aus, und ſchaute Auf den Meßias herab, der, in der Ferne, begleitet Von Judaͤa, langſam gen Golgatha herkam, und, ſchwerer, Als ſein Kreuz, das Weltgericht, trug! … So ſah ihn Eloa, Stand, hielt uͤber den Huͤgel den hohen Arm hin, und ſagte: Hoͤrt mich, Himmel, und jauchzt! Du Hoͤlle, vernimm mich, und bebe! Jn des Auszuſoͤnenden Namen! und deß, der zu bluten Koͤmmt, des Verſoͤners Namen! im Namen des Geiſtes, der Suͤnder Schafft zu Gerechten, weih ich dich, Huͤgel, zum Tode des Sohnes! Heilig! heilig! heilig! iſt der, der ſeyn wird, und ſeyn wird! Alſo weiht Eloa, und ſtaunt. Des Unſterblichen Schimmer Wurde Daͤmmrung, ſo ſtaunt er! Und nun verſtummt er nicht laͤnger, Senket gegen den Mann von Erde gefaltete Haͤnde, Welcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756/92
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 2. Halle, 1756, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias02_1756/92>, abgerufen am 24.11.2024.