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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Vierzehnter Gesang.
Dieß nur saht ihr, und glaubtet zu schnell, ihn selber zu sehen.
Und nun wurd es euch leicht, auch Jesus Stimme zu hören,
Als der Fremdling betete. ... Trübe, verfinsternde Zweifel
Ließ in den Seelen, die schon verwundet waren, Lebbäus
Traurige Rede zurück. Und Kleophas sah ihn mit Wehmuth,
Und mit Zärtlichkeit an. Matthias umarmt' ihn, und sagte:

Jünger des Auferstandnen, als wir noch ihn nicht erkannten,
Und ihn fragten, ob Jesus lebe? und, ob wir des Heils uns
Freuen dürften, ihn wiederzusehn? da sprach der Erstandne:
Josephs Brüder erkannten ihn nicht. Doch der Wonn' u. des Weinens
Selige Stunde kam, und Joseph vermochte nicht länger
Sich zu halten, und weinete laut! ... Mit himmlischer Ruhe
Sprachs Matthias. ... O Jesus, wofern du lebtest, du könntest
Gegen mich dich nicht halten! Lebbäus riefs, und verhüllte
Schnell sein bleicheres Antlitz. Jhn sahe Petrus, und wurde
Doch nicht traurig. Er konnte nicht trauren! Er fragte die Beyden:
Als ihr den hangenden Felsen verließt, wir sahn euch vom Söller,
Und zu den Palmen hinübereiltet, kam der Erstandne
Da zu euch? ... Sie sprachen: Er kam, der Göttliche kam schon
Bey dem Felsen zu uns! Und Petrus rief in der Wonne:
Meine Brüder, ihr habt den Erstandnen Alle gesehen!
Hört ihr die Zeugen? Jhr habt schon Jesus Christus gesehen!
Thomas auch. Ach, wär er bey uns! Des Lebenden Mutter
Rief mit gefalteten Händen, und süßer Verwundrung: Jch habe
Meinen Sohn lebendig gesehn! lebendig, nicht todt mehr!
Wie ein einsamer Uebriger, der durch den Tod den letzten
Seiner Freunde verlor, von ängstlichen Träumen, in denen
Er

Vierzehnter Geſang.
Dieß nur ſaht ihr, und glaubtet zu ſchnell, ihn ſelber zu ſehen.
Und nun wurd es euch leicht, auch Jeſus Stimme zu hoͤren,
Als der Fremdling betete. … Truͤbe, verfinſternde Zweifel
Ließ in den Seelen, die ſchon verwundet waren, Lebbaͤus
Traurige Rede zuruͤck. Und Kleophas ſah ihn mit Wehmuth,
Und mit Zaͤrtlichkeit an. Matthias umarmt’ ihn, und ſagte:

Juͤnger des Auferſtandnen, als wir noch ihn nicht erkannten,
Und ihn fragten, ob Jeſus lebe? und, ob wir des Heils uns
Freuen duͤrften, ihn wiederzuſehn? da ſprach der Erſtandne:
Joſephs Bruͤder erkannten ihn nicht. Doch der Wonn’ u. des Weinens
Selige Stunde kam, und Joſeph vermochte nicht laͤnger
Sich zu halten, und weinete laut! … Mit himmliſcher Ruhe
Sprachs Matthias. … O Jeſus, wofern du lebteſt, du koͤnnteſt
Gegen mich dich nicht halten! Lebbaͤus riefs, und verhuͤllte
Schnell ſein bleicheres Antlitz. Jhn ſahe Petrus, und wurde
Doch nicht traurig. Er konnte nicht trauren! Er fragte die Beyden:
Als ihr den hangenden Felſen verließt, wir ſahn euch vom Soͤller,
Und zu den Palmen hinuͤbereiltet, kam der Erſtandne
Da zu euch? … Sie ſprachen: Er kam, der Goͤttliche kam ſchon
Bey dem Felſen zu uns! Und Petrus rief in der Wonne:
Meine Bruͤder, ihr habt den Erſtandnen Alle geſehen!
Hoͤrt ihr die Zeugen? Jhr habt ſchon Jeſus Chriſtus geſehen!
Thomas auch. Ach, waͤr er bey uns! Des Lebenden Mutter
Rief mit gefalteten Haͤnden, und ſuͤßer Verwundrung: Jch habe
Meinen Sohn lebendig geſehn! lebendig, nicht todt mehr!
Wie ein einſamer Uebriger, der durch den Tod den letzten
Seiner Freunde verlor, von aͤngſtlichen Traͤumen, in denen
Er
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[187/0203] Vierzehnter Geſang. Dieß nur ſaht ihr, und glaubtet zu ſchnell, ihn ſelber zu ſehen. Und nun wurd es euch leicht, auch Jeſus Stimme zu hoͤren, Als der Fremdling betete. … Truͤbe, verfinſternde Zweifel Ließ in den Seelen, die ſchon verwundet waren, Lebbaͤus Traurige Rede zuruͤck. Und Kleophas ſah ihn mit Wehmuth, Und mit Zaͤrtlichkeit an. Matthias umarmt’ ihn, und ſagte: Juͤnger des Auferſtandnen, als wir noch ihn nicht erkannten, Und ihn fragten, ob Jeſus lebe? und, ob wir des Heils uns Freuen duͤrften, ihn wiederzuſehn? da ſprach der Erſtandne: Joſephs Bruͤder erkannten ihn nicht. Doch der Wonn’ u. des Weinens Selige Stunde kam, und Joſeph vermochte nicht laͤnger Sich zu halten, und weinete laut! … Mit himmliſcher Ruhe Sprachs Matthias. … O Jeſus, wofern du lebteſt, du koͤnnteſt Gegen mich dich nicht halten! Lebbaͤus riefs, und verhuͤllte Schnell ſein bleicheres Antlitz. Jhn ſahe Petrus, und wurde Doch nicht traurig. Er konnte nicht trauren! Er fragte die Beyden: Als ihr den hangenden Felſen verließt, wir ſahn euch vom Soͤller, Und zu den Palmen hinuͤbereiltet, kam der Erſtandne Da zu euch? … Sie ſprachen: Er kam, der Goͤttliche kam ſchon Bey dem Felſen zu uns! Und Petrus rief in der Wonne: Meine Bruͤder, ihr habt den Erſtandnen Alle geſehen! Hoͤrt ihr die Zeugen? Jhr habt ſchon Jeſus Chriſtus geſehen! Thomas auch. Ach, waͤr er bey uns! Des Lebenden Mutter Rief mit gefalteten Haͤnden, und ſuͤßer Verwundrung: Jch habe Meinen Sohn lebendig geſehn! lebendig, nicht todt mehr! Wie ein einſamer Uebriger, der durch den Tod den letzten Seiner Freunde verlor, von aͤngſtlichen Traͤumen, in denen Er

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/203>, abgerufen am 24.11.2024.