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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Vom deutschen Hexameter,
ein Grieche oder Römer; aber Sie werden mir vermuthlich
Partheylichkeit Schuld geben, wenn ich auch den Rhythmus
unsers Hexameters vorziehe.
Werthing. Jch läugne es Jhnen nicht, daß Sie mir
partheyisch vorkommen.
Selmer. Und warum komme ich Jhnen so vor?
Werthing. Weil ich mehr Wohlklang in dem griechi-
schen, als in dem deutschen Hexameter höre.
Selmer. Jch sehe wohl, ich werde Sie beschuldigen
müssen, daß Sie dießmal den Klang der Worte und ihr
Zeitmaaß mit einander verwechselt haben.
Werthing. Es ist wahr, ich hatte jetzt diesen Unterschied
nicht gemacht.
Selmer. Jch ziehe unsern epischen Vers dem griechi-
schen, in Absicht auf den Rhythmus, aus zwey Ursachen vor.
Die erste ist, weil sich der Daktylus und der Trochäus ähnlich
sind, und der Spondeus kein näheres Verhältniß zu dem
Daktylus hat, als zu allen andern Füssen, den Moloß ausge-
nommen. Diese Uebereinstimmung der beyden vornehmsten
Füsse unsers Hexameters gefiel den Griechen so sehr, daß sie
diesen Doppelfuß: - Breve, - Breve Breve den musikalischen nannten.
Ob nun gleich der Vers viel öfter aus Wortfüssen, als aus
den Füssen der Regel bestehn muß, so dürfen doch diese manch-
mal einen Theil desselben bilden. Jn dieser Betrachtung
kann uns das genauere Verhältniß nicht gleichgültig seyn.
Die zweyte Ursache, warum ich unserm Verse den Vorzug
gebe, ist, weil die Rhythmen, durch die er mannichfaltiger,
als
Vom deutſchen Hexameter,
ein Grieche oder Roͤmer; aber Sie werden mir vermuthlich
Partheylichkeit Schuld geben, wenn ich auch den Rhythmus
unſers Hexameters vorziehe.
Werthing. Jch laͤugne es Jhnen nicht, daß Sie mir
partheyiſch vorkommen.
Selmer. Und warum komme ich Jhnen ſo vor?
Werthing. Weil ich mehr Wohlklang in dem griechi-
ſchen, als in dem deutſchen Hexameter hoͤre.
Selmer. Jch ſehe wohl, ich werde Sie beſchuldigen
muͤſſen, daß Sie dießmal den Klang der Worte und ihr
Zeitmaaß mit einander verwechſelt haben.
Werthing. Es iſt wahr, ich hatte jetzt dieſen Unterſchied
nicht gemacht.
Selmer. Jch ziehe unſern epiſchen Vers dem griechi-
ſchen, in Abſicht auf den Rhythmus, aus zwey Urſachen vor.
Die erſte iſt, weil ſich der Daktylus und der Trochaͤus aͤhnlich
ſind, und der Spondeus kein naͤheres Verhaͤltniß zu dem
Daktylus hat, als zu allen andern Fuͤſſen, den Moloß ausge-
nommen. Dieſe Uebereinſtimmung der beyden vornehmſten
Fuͤſſe unſers Hexameters gefiel den Griechen ſo ſehr, daß ſie
dieſen Doppelfuß: - ⏑, - ⏑ ⏑ den muſikaliſchen nannten.
Ob nun gleich der Vers viel oͤfter aus Wortfuͤſſen, als aus
den Fuͤſſen der Regel beſtehn muß, ſo duͤrfen doch dieſe manch-
mal einen Theil deſſelben bilden. Jn dieſer Betrachtung
kann uns das genauere Verhaͤltniß nicht gleichguͤltig ſeyn.
Die zweyte Urſache, warum ich unſerm Verſe den Vorzug
gebe, iſt, weil die Rhythmen, durch die er mannichfaltiger,
als
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[0004] Vom deutſchen Hexameter, ein Grieche oder Roͤmer; aber Sie werden mir vermuthlich Partheylichkeit Schuld geben, wenn ich auch den Rhythmus unſers Hexameters vorziehe. Werthing. Jch laͤugne es Jhnen nicht, daß Sie mir partheyiſch vorkommen. Selmer. Und warum komme ich Jhnen ſo vor? Werthing. Weil ich mehr Wohlklang in dem griechi- ſchen, als in dem deutſchen Hexameter hoͤre. Selmer. Jch ſehe wohl, ich werde Sie beſchuldigen muͤſſen, daß Sie dießmal den Klang der Worte und ihr Zeitmaaß mit einander verwechſelt haben. Werthing. Es iſt wahr, ich hatte jetzt dieſen Unterſchied nicht gemacht. Selmer. Jch ziehe unſern epiſchen Vers dem griechi- ſchen, in Abſicht auf den Rhythmus, aus zwey Urſachen vor. Die erſte iſt, weil ſich der Daktylus und der Trochaͤus aͤhnlich ſind, und der Spondeus kein naͤheres Verhaͤltniß zu dem Daktylus hat, als zu allen andern Fuͤſſen, den Moloß ausge- nommen. Dieſe Uebereinſtimmung der beyden vornehmſten Fuͤſſe unſers Hexameters gefiel den Griechen ſo ſehr, daß ſie dieſen Doppelfuß: - ⏑, - ⏑ ⏑ den muſikaliſchen nannten. Ob nun gleich der Vers viel oͤfter aus Wortfuͤſſen, als aus den Fuͤſſen der Regel beſtehn muß, ſo duͤrfen doch dieſe manch- mal einen Theil deſſelben bilden. Jn dieſer Betrachtung kann uns das genauere Verhaͤltniß nicht gleichguͤltig ſeyn. Die zweyte Urſache, warum ich unſerm Verſe den Vorzug gebe, iſt, weil die Rhythmen, durch die er mannichfaltiger, als

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/4>, abgerufen am 21.11.2024.