[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Der Messias. Sich verhüllen mußte; der weil er nur Einmal nicht glaubte,Als nicht schnell in dem nächtlichen Augenblicke der Fels quoll, Canaan auch von fern vom Nebo nur Canaan sahe, Moses schwebt' itzt allein an seinem einsamen Grabe, Und kein Engel um ihn. Er hatt' in dem Leben der Prüfung Keinen gehabt. So groß war der, der ohne zu sterben, Gottes Herrlichkeit nachsah. Er schwebte vertieft. Vor ihm flohst du, Wie ein erscheinender Schatten, sein Leben am Staube, vorüber. Pharao, Pharao, lange sind von deinem Gebein schon Und von deiner Heere die Schilfgestade nicht weiß mehr. O wie stürzten die Mauern des Meers! Wie rauschte der Sturmwind Aus der himmelstützenden Flammensäule gesendet! Und wie sank Aegyptus zum Tod' hinab! wie begrub sie Gott! ... Auch dort, und da, und diesseits und über den Hügeln Führten uns seine Wolken und seine Feuer. Da schlug Gott Amalek dich, so lange sie mir die Arme gen Himmel Hielten, und Jsrael, sanken sie mir. Dort brannte der Busch mir! Heilig, Stäte, bist du! Ach langsam wurdest du Quelle, Fels! ... Wie war dir, Abiram, und Dathan, und Korah, wie war euch Als die Erd' euch verschlang? ... da brüllte die Hölle Triumph auf! Ja, er ist es! du bist des Donnerhalls, der Posaunen Berg! bist Sinai! ... Groß bist du, o Wüste, bist Aller, Welche vom blutigen Strome durchs Meer der Mächtige führte, Großes Grab! ... Und Nebo ist meins! Ach strahlt nicht Garizims Höh' aus Canaan her? und Golgatha's ewiger Altar? Golgatha's blutiger heilerfüllter ewiger Altar! Sangen am Nebo die Engel herauf, durch die des Gesetzes Bund
Der Meſſias. Sich verhuͤllen mußte; der weil er nur Einmal nicht glaubte,Als nicht ſchnell in dem naͤchtlichen Augenblicke der Fels quoll, Canaan auch von fern vom Nebo nur Canaan ſahe, Moſes ſchwebt’ itzt allein an ſeinem einſamen Grabe, Und kein Engel um ihn. Er hatt’ in dem Leben der Pruͤfung Keinen gehabt. So groß war der, der ohne zu ſterben, Gottes Herrlichkeit nachſah. Er ſchwebte vertieft. Vor ihm flohſt du, Wie ein erſcheinender Schatten, ſein Leben am Staube, voruͤber. Pharao, Pharao, lange ſind von deinem Gebein ſchon Und von deiner Heere die Schilfgeſtade nicht weiß mehr. O wie ſtuͤrzten die Mauern des Meers! Wie rauſchte der Sturmwind Aus der himmelſtuͤtzenden Flammenſaͤule geſendet! Und wie ſank Aegyptus zum Tod’ hinab! wie begrub ſie Gott! … Auch dort, und da, und dieſſeits und uͤber den Huͤgeln Fuͤhrten uns ſeine Wolken und ſeine Feuer. Da ſchlug Gott Amalek dich, ſo lange ſie mir die Arme gen Himmel Hielten, und Jſrael, ſanken ſie mir. Dort brannte der Buſch mir! Heilig, Staͤte, biſt du! Ach langſam wurdeſt du Quelle, Fels! … Wie war dir, Abiram, und Dathan, und Korah, wie war euch Als die Erd’ euch verſchlang? … da bruͤllte die Hoͤlle Triumph auf! Ja, er iſt es! du biſt des Donnerhalls, der Poſaunen Berg! biſt Sinai! … Groß biſt du, o Wuͤſte, biſt Aller, Welche vom blutigen Strome durchs Meer der Maͤchtige fuͤhrte, Großes Grab! … Und Nebo iſt meins! Ach ſtrahlt nicht Garizims Hoͤh’ aus Canaan her? und Golgatha’s ewiger Altar? Golgatha’s blutiger heilerfuͤllter ewiger Altar! Sangen am Nebo die Engel herauf, durch die des Geſetzes Bund
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Der Meſſias.
Sich verhuͤllen mußte; der weil er nur Einmal nicht glaubte,
Als nicht ſchnell in dem naͤchtlichen Augenblicke der Fels quoll,
Canaan auch von fern vom Nebo nur Canaan ſahe,
Moſes ſchwebt’ itzt allein an ſeinem einſamen Grabe,
Und kein Engel um ihn. Er hatt’ in dem Leben der Pruͤfung
Keinen gehabt. So groß war der, der ohne zu ſterben,
Gottes Herrlichkeit nachſah. Er ſchwebte vertieft. Vor ihm flohſt du,
Wie ein erſcheinender Schatten, ſein Leben am Staube, voruͤber.
Pharao, Pharao, lange ſind von deinem Gebein ſchon
Und von deiner Heere die Schilfgeſtade nicht weiß mehr.
O wie ſtuͤrzten die Mauern des Meers! Wie rauſchte der Sturmwind
Aus der himmelſtuͤtzenden Flammenſaͤule geſendet!
Und wie ſank Aegyptus zum Tod’ hinab! wie begrub ſie
Gott! … Auch dort, und da, und dieſſeits und uͤber den Huͤgeln
Fuͤhrten uns ſeine Wolken und ſeine Feuer. Da ſchlug Gott
Amalek dich, ſo lange ſie mir die Arme gen Himmel
Hielten, und Jſrael, ſanken ſie mir. Dort brannte der Buſch mir!
Heilig, Staͤte, biſt du! Ach langſam wurdeſt du Quelle,
Fels! … Wie war dir, Abiram, und Dathan, und Korah, wie war euch
Als die Erd’ euch verſchlang? … da bruͤllte die Hoͤlle Triumph auf!
Ja, er iſt es! du biſt des Donnerhalls, der Poſaunen
Berg! biſt Sinai! … Groß biſt du, o Wuͤſte, biſt Aller,
Welche vom blutigen Strome durchs Meer der Maͤchtige fuͤhrte,
Großes Grab! … Und Nebo iſt meins! Ach ſtrahlt nicht Garizims
Hoͤh’ aus Canaan her? und Golgatha’s ewiger Altar?
Golgatha’s blutiger heilerfuͤllter ewiger Altar!
Sangen am Nebo die Engel herauf, durch die des Geſetzes
Bund
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