[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Elfter Gesang. Auch zum Erben des Lichts? Auf meines Vaters Gebein ließ,Ohne Klag', ich nur die Eine Thräne noch rinnen. Rein sind selber die hohen Engel vor Gott nicht, und selber Unsre Seligkeit kann ein Wölkchen Wehmuth umschatten. Jetzo, mein Jonathan, darf nicht Wehmuth trüben, denn Christus Jst nun todt! Als er noch litt, traf mehr wie nur Wehmuth Unsre Herzen! und sieh, es erwachen die Ersten der Zeugen Seines Todes und Lebens! .. Jndem rief Jonathans Engel: Trockne die Eine Thräne, die dir so spät noch geronnen, Trockn' auch sie! .. Er hatt's, mit der Stimme der Halleluja, Kaum gerufen, als Jonathan schnell in Schlummer dahinsank, Eben so schnell vor David, nun ganz ein Unsterblicher, dastand! Wer am Throne dereinst die hohen Jubelgesänge Davids und Jonathans hört, der wird auch hören, was damals Sie sich sagten, und was sie sich nicht zu sagen vermochten. Gideon, der die Krone nicht nahm, die Juda ihm brachte, Schwebt' in dem Glanz der Unsterblichkeit auf. So werden nicht glänzen, Wenn das Rufen des ernsten Gerichts am Throne des Sohns ruft, Die aus dem Blut der Bezwungnen empor die schreckliche Krone Huben, und sie auf ihr Haupt mit dem Recht der Tyrannen setzten, Oder, beßre Besitzer, in jener Schlacht sie entweihten, Die nicht Schuldlose rettet, und gern sich dem Richter verbürge! Aber Er hat ihres Blutes Geschrey vernommen, Und wird ihm, wenn er kommt, laut anzuklagen gebieten! Jetzo erwachte sein stäubend Gebein, des Todtenerweckers, Eh er selber verwest war, Elisa verließ, so verlassen Frommer Seelen den Leib, sein deckendes Grabmaal, und eilte Purpur-
Elfter Geſang. Auch zum Erben des Lichts? Auf meines Vaters Gebein ließ,Ohne Klag’, ich nur die Eine Thraͤne noch rinnen. Rein ſind ſelber die hohen Engel vor Gott nicht, und ſelber Unſre Seligkeit kann ein Woͤlkchen Wehmuth umſchatten. Jetzo, mein Jonathan, darf nicht Wehmuth truͤben, denn Chriſtus Jſt nun todt! Als er noch litt, traf mehr wie nur Wehmuth Unſre Herzen! und ſieh, es erwachen die Erſten der Zeugen Seines Todes und Lebens! .. Jndem rief Jonathans Engel: Trockne die Eine Thraͤne, die dir ſo ſpaͤt noch geronnen, Trockn’ auch ſie! .. Er hatt’s, mit der Stimme der Halleluja, Kaum gerufen, als Jonathan ſchnell in Schlummer dahinſank, Eben ſo ſchnell vor David, nun ganz ein Unſterblicher, daſtand! Wer am Throne dereinſt die hohen Jubelgeſaͤnge Davids und Jonathans hoͤrt, der wird auch hoͤren, was damals Sie ſich ſagten, und was ſie ſich nicht zu ſagen vermochten. Gideon, der die Krone nicht nahm, die Juda ihm brachte, Schwebt’ in dem Glanz der Unſterblichkeit auf. So werden nicht glaͤnzen, Wenn das Rufen des ernſten Gerichts am Throne des Sohns ruft, Die aus dem Blut der Bezwungnen empor die ſchreckliche Krone Huben, und ſie auf ihr Haupt mit dem Recht der Tyrannen ſetzten, Oder, beßre Beſitzer, in jener Schlacht ſie entweihten, Die nicht Schuldloſe rettet, und gern ſich dem Richter verbuͤrge! Aber Er hat ihres Blutes Geſchrey vernommen, Und wird ihm, wenn er kommt, laut anzuklagen gebieten! Jetzo erwachte ſein ſtaͤubend Gebein, des Todtenerweckers, Eh er ſelber verweſt war, Eliſa verließ, ſo verlaſſen Frommer Seelen den Leib, ſein deckendes Grabmaal, und eilte Purpur-
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Elfter Geſang.
Auch zum Erben des Lichts? Auf meines Vaters Gebein ließ,
Ohne Klag’, ich nur die Eine Thraͤne noch rinnen.
Rein ſind ſelber die hohen Engel vor Gott nicht, und ſelber
Unſre Seligkeit kann ein Woͤlkchen Wehmuth umſchatten.
Jetzo, mein Jonathan, darf nicht Wehmuth truͤben, denn Chriſtus
Jſt nun todt! Als er noch litt, traf mehr wie nur Wehmuth
Unſre Herzen! und ſieh, es erwachen die Erſten der Zeugen
Seines Todes und Lebens! .. Jndem rief Jonathans Engel:
Trockne die Eine Thraͤne, die dir ſo ſpaͤt noch geronnen,
Trockn’ auch ſie! .. Er hatt’s, mit der Stimme der Halleluja,
Kaum gerufen, als Jonathan ſchnell in Schlummer dahinſank,
Eben ſo ſchnell vor David, nun ganz ein Unſterblicher, daſtand!
Wer am Throne dereinſt die hohen Jubelgeſaͤnge
Davids und Jonathans hoͤrt, der wird auch hoͤren, was damals
Sie ſich ſagten, und was ſie ſich nicht zu ſagen vermochten.
Gideon, der die Krone nicht nahm, die Juda ihm brachte,
Schwebt’ in dem Glanz der Unſterblichkeit auf. So werden nicht glaͤnzen,
Wenn das Rufen des ernſten Gerichts am Throne des Sohns ruft,
Die aus dem Blut der Bezwungnen empor die ſchreckliche Krone
Huben, und ſie auf ihr Haupt mit dem Recht der Tyrannen ſetzten,
Oder, beßre Beſitzer, in jener Schlacht ſie entweihten,
Die nicht Schuldloſe rettet, und gern ſich dem Richter verbuͤrge!
Aber Er hat ihres Blutes Geſchrey vernommen,
Und wird ihm, wenn er kommt, laut anzuklagen gebieten!
Jetzo erwachte ſein ſtaͤubend Gebein, des Todtenerweckers,
Eh er ſelber verweſt war, Eliſa verließ, ſo verlaſſen
Frommer Seelen den Leib, ſein deckendes Grabmaal, und eilte
Purpur-
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