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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.

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Elfter Gesang.
Mirjam trat im Triumphe daher aus dem Staube der Erde.
Freudeglänzend erhub sie ihr hohes Auge gen Himmel,
Suchte mit feurigen Blicken umher in den weiten Gefilden,
Aber sie fand den Unsterblichen nicht, der vom Tod' in das Leben
Schnell sie gebracht, dazu an der Allmacht Throne gerüstet.

Engel der Auferstehung, wo weilst du, o Erndter? Wo decken
Heilige Schatten dein strahlendes Haupt? Jn welchen Gebirgen
Jst der Ruf der Posaune verhallt, mit dem du mich wecktest?
Ach, wo ruhest du aus von deinem Werk, in Erstaunen
Selbst verloren, daß Gott zu diesem Wunder dich sandte?
Volk, das Hesekiel sah aus seiner Gefängnisse Gräbern
Kommen, wenn wirst du, Volk des Gerichts, das zweytemal aufstehn?
Deine Rettung nicht nur, der Sterbenden fröhliche Hoffnung
Auch zu lernen, erblickte er die Auferstehung der Todten,
Sieh, ein ernstes Gesicht! Er stand weissagend, da rauscht' es,
Und da regt' es sich, und die Gebeine kamen zusammen,
Jedes zu seinem Gebein. Er sah, es wuchsen darüber
Adern und Fleisch, und mit Haut bekleidete Gott sie; allein noch
War kein Odem in ihnen. Und er weissagete von neuem,
Da kam Odem in sie, sie wurden lebend, und standen
Aufgerichtet, ein zahllos Heer! .. Dieß himmlische Bild war
Jhm von dem Chebar übrig geblieben, und lichter durch Strahlen
Seiner Seligkeit, hatt' es ihn nicht im Himmel verlassen.
Jetzt, da die Auferstehung des göttlichen Todten sich nahte,
Er bey seinem Staube der großen Entwicklung sich freute,
Ging es von neuem ihm auf, ein Strahlenmorgen des Frühlings,
Und sein Engel begann: Jch hör in den Fernen ein Säuseln
Als

Elfter Geſang.
Mirjam trat im Triumphe daher aus dem Staube der Erde.
Freudeglaͤnzend erhub ſie ihr hohes Auge gen Himmel,
Suchte mit feurigen Blicken umher in den weiten Gefilden,
Aber ſie fand den Unſterblichen nicht, der vom Tod’ in das Leben
Schnell ſie gebracht, dazu an der Allmacht Throne geruͤſtet.

Engel der Auferſtehung, wo weilſt du, o Erndter? Wo decken
Heilige Schatten dein ſtrahlendes Haupt? Jn welchen Gebirgen
Jſt der Ruf der Poſaune verhallt, mit dem du mich weckteſt?
Ach, wo ruheſt du aus von deinem Werk, in Erſtaunen
Selbſt verloren, daß Gott zu dieſem Wunder dich ſandte?
Volk, das Heſekiel ſah aus ſeiner Gefaͤngniſſe Graͤbern
Kommen, wenn wirſt du, Volk des Gerichts, das zweytemal aufſtehn?
Deine Rettung nicht nur, der Sterbenden froͤhliche Hoffnung
Auch zu lernen, erblickte er die Auferſtehung der Todten,
Sieh, ein ernſtes Geſicht! Er ſtand weiſſagend, da rauſcht’ es,
Und da regt’ es ſich, und die Gebeine kamen zuſammen,
Jedes zu ſeinem Gebein. Er ſah, es wuchſen daruͤber
Adern und Fleiſch, und mit Haut bekleidete Gott ſie; allein noch
War kein Odem in ihnen. Und er weiſſagete von neuem,
Da kam Odem in ſie, ſie wurden lebend, und ſtanden
Aufgerichtet, ein zahllos Heer! .. Dieß himmliſche Bild war
Jhm von dem Chebar uͤbrig geblieben, und lichter durch Strahlen
Seiner Seligkeit, hatt’ es ihn nicht im Himmel verlaſſen.
Jetzt, da die Auferſtehung des goͤttlichen Todten ſich nahte,
Er bey ſeinem Staube der großen Entwicklung ſich freute,
Ging es von neuem ihm auf, ein Strahlenmorgen des Fruͤhlings,
Und ſein Engel begann: Jch hoͤr in den Fernen ein Saͤuſeln
Als
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[45/0061] Elfter Geſang. Mirjam trat im Triumphe daher aus dem Staube der Erde. Freudeglaͤnzend erhub ſie ihr hohes Auge gen Himmel, Suchte mit feurigen Blicken umher in den weiten Gefilden, Aber ſie fand den Unſterblichen nicht, der vom Tod’ in das Leben Schnell ſie gebracht, dazu an der Allmacht Throne geruͤſtet. Engel der Auferſtehung, wo weilſt du, o Erndter? Wo decken Heilige Schatten dein ſtrahlendes Haupt? Jn welchen Gebirgen Jſt der Ruf der Poſaune verhallt, mit dem du mich weckteſt? Ach, wo ruheſt du aus von deinem Werk, in Erſtaunen Selbſt verloren, daß Gott zu dieſem Wunder dich ſandte? Volk, das Heſekiel ſah aus ſeiner Gefaͤngniſſe Graͤbern Kommen, wenn wirſt du, Volk des Gerichts, das zweytemal aufſtehn? Deine Rettung nicht nur, der Sterbenden froͤhliche Hoffnung Auch zu lernen, erblickte er die Auferſtehung der Todten, Sieh, ein ernſtes Geſicht! Er ſtand weiſſagend, da rauſcht’ es, Und da regt’ es ſich, und die Gebeine kamen zuſammen, Jedes zu ſeinem Gebein. Er ſah, es wuchſen daruͤber Adern und Fleiſch, und mit Haut bekleidete Gott ſie; allein noch War kein Odem in ihnen. Und er weiſſagete von neuem, Da kam Odem in ſie, ſie wurden lebend, und ſtanden Aufgerichtet, ein zahllos Heer! .. Dieß himmliſche Bild war Jhm von dem Chebar uͤbrig geblieben, und lichter durch Strahlen Seiner Seligkeit, hatt’ es ihn nicht im Himmel verlaſſen. Jetzt, da die Auferſtehung des goͤttlichen Todten ſich nahte, Er bey ſeinem Staube der großen Entwicklung ſich freute, Ging es von neuem ihm auf, ein Strahlenmorgen des Fruͤhlings, Und ſein Engel begann: Jch hoͤr in den Fernen ein Saͤuſeln Als

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias03_1769/61>, abgerufen am 24.11.2024.