[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 3. Halle, 1769.Elfter Gesang. Rauschten, und regten sich mit, und wurden mit Lichte bekleidet!So, wie sie strahlten, erhuben sie sich, vereinbarte Schimmer, Hand in Hand in die Wolken empor, und sangen dem Mittler! Nah an Jerusalem schlief die Prophetinn Hanna, vor vielen Jhrer Tage glücklich. Sie sah in dem Tempel den Knaben Bethlems, und wußte, wer dieser Sprößling aus Juda's Stamm sey! Er entrann in Aegyptus, und sie ins Grab. Sie erwachte Jetzt zu der Herrlichkeit. Als sie herauf aus dem kühlen Gewölbe Jhres Grabes trat, und jetzt die Augen, die niemals Wieder sich schliessen sollten, eröffnete, sah sie des Todten Leichnam gegen sich über am Kreuz. Ja dennoch, du Todter, Bist du mein Auferwecker! Du bist es, du hast mir den neuen Mir den unsterblichen Leib vor dem Tage der Tage gegeben! Ach wie trieft er von heiligem Blut! Ach laut in des Himmels Fernen Hallen vernahm, und erhörte der ewige Richter Dieses Blutes Rufen um Gnade! Sie sprachs, und verstummte Voller Wonne, vertieft in die Folgen dieser Erhörung! Joel, Samma's erster, nun einziger, hatte den Vater Und den Todeshügel verlassen, und war zu des Oelbergs Thale niedergeirrt, Gethsemane durch, zu dem Grabe Seines Bruders. Er sucht' es mit schwerem Schritte. Der Stein war Schon mit stillem Moose bedeckt. Er sank bey dem Steine Kraftlos nieder mit starrem und blutendem Auge von Thränen Ueber Jesus! und über Benoni! ... Du hast in der Kinder Und der Säuglinge Munde dir Lob bereitet; in meinem Jammer! D 3
Elfter Geſang. Rauſchten, und regten ſich mit, und wurden mit Lichte bekleidet!So, wie ſie ſtrahlten, erhuben ſie ſich, vereinbarte Schimmer, Hand in Hand in die Wolken empor, und ſangen dem Mittler! Nah an Jeruſalem ſchlief die Prophetinn Hanna, vor vielen Jhrer Tage gluͤcklich. Sie ſah in dem Tempel den Knaben Bethlems, und wußte, wer dieſer Sproͤßling aus Juda’s Stamm ſey! Er entrann in Aegyptus, und ſie ins Grab. Sie erwachte Jetzt zu der Herrlichkeit. Als ſie herauf aus dem kuͤhlen Gewoͤlbe Jhres Grabes trat, und jetzt die Augen, die niemals Wieder ſich ſchlieſſen ſollten, eroͤffnete, ſah ſie des Todten Leichnam gegen ſich uͤber am Kreuz. Ja dennoch, du Todter, Biſt du mein Auferwecker! Du biſt es, du haſt mir den neuen Mir den unſterblichen Leib vor dem Tage der Tage gegeben! Ach wie trieft er von heiligem Blut! Ach laut in des Himmels Fernen Hallen vernahm, und erhoͤrte der ewige Richter Dieſes Blutes Rufen um Gnade! Sie ſprachs, und verſtummte Voller Wonne, vertieft in die Folgen dieſer Erhoͤrung! Joel, Samma’s erſter, nun einziger, hatte den Vater Und den Todeshuͤgel verlaſſen, und war zu des Oelbergs Thale niedergeirrt, Gethſemane durch, zu dem Grabe Seines Bruders. Er ſucht’ es mit ſchwerem Schritte. Der Stein war Schon mit ſtillem Mooſe bedeckt. Er ſank bey dem Steine Kraftlos nieder mit ſtarrem und blutendem Auge von Thraͤnen Ueber Jeſus! und uͤber Benoni! … Du haſt in der Kinder Und der Saͤuglinge Munde dir Lob bereitet; in meinem Jammer! D 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="120"> <pb facs="#f0069" n="53"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Elfter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Rauſchten, und regten ſich mit, und wurden mit Lichte bekleidet!</l><lb/> <l>So, wie ſie ſtrahlten, erhuben ſie ſich, vereinbarte Schimmer,</l><lb/> <l>Hand in Hand in die Wolken empor, und ſangen dem Mittler!</l> </lg><lb/> <lg n="121"> <l>Nah an Jeruſalem ſchlief die Prophetinn Hanna, vor vielen</l><lb/> <l>Jhrer Tage gluͤcklich. Sie ſah in dem Tempel den Knaben</l><lb/> <l>Bethlems, und wußte, wer dieſer Sproͤßling aus Juda’s Stamm ſey!</l><lb/> <l>Er entrann in Aegyptus, und ſie ins Grab. Sie erwachte</l><lb/> <l>Jetzt zu der Herrlichkeit. Als ſie herauf aus dem kuͤhlen Gewoͤlbe</l><lb/> <l>Jhres Grabes trat, und jetzt die Augen, die niemals</l><lb/> <l>Wieder ſich ſchlieſſen ſollten, eroͤffnete, ſah ſie des Todten</l><lb/> <l>Leichnam gegen ſich uͤber am Kreuz. Ja dennoch, du Todter,</l><lb/> <l>Biſt du mein Auferwecker! Du biſt es, du haſt mir den neuen</l><lb/> <l>Mir den unſterblichen Leib vor dem Tage der Tage gegeben!</l><lb/> <l>Ach wie trieft er von heiligem Blut! Ach laut in des Himmels</l><lb/> <l>Fernen Hallen vernahm, und erhoͤrte der ewige Richter</l><lb/> <l>Dieſes Blutes Rufen um Gnade! Sie ſprachs, und verſtummte</l><lb/> <l>Voller Wonne, vertieft in die Folgen dieſer Erhoͤrung!</l> </lg><lb/> <lg n="122"> <l>Joel, Samma’s erſter, nun einziger, hatte den Vater</l><lb/> <l>Und den Todeshuͤgel verlaſſen, und war zu des Oelbergs</l><lb/> <l>Thale niedergeirrt, Gethſemane durch, zu dem Grabe</l><lb/> <l>Seines Bruders. Er ſucht’ es mit ſchwerem Schritte. Der Stein war</l><lb/> <l>Schon mit ſtillem Mooſe bedeckt. Er ſank bey dem Steine</l><lb/> <l>Kraftlos nieder mit ſtarrem und blutendem Auge von Thraͤnen</l><lb/> <l>Ueber Jeſus! und uͤber Benoni! … Du haſt in der Kinder</l><lb/> <l>Und der Saͤuglinge Munde dir Lob bereitet; in meinem</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Jammer!</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [53/0069]
Elfter Geſang.
Rauſchten, und regten ſich mit, und wurden mit Lichte bekleidet!
So, wie ſie ſtrahlten, erhuben ſie ſich, vereinbarte Schimmer,
Hand in Hand in die Wolken empor, und ſangen dem Mittler!
Nah an Jeruſalem ſchlief die Prophetinn Hanna, vor vielen
Jhrer Tage gluͤcklich. Sie ſah in dem Tempel den Knaben
Bethlems, und wußte, wer dieſer Sproͤßling aus Juda’s Stamm ſey!
Er entrann in Aegyptus, und ſie ins Grab. Sie erwachte
Jetzt zu der Herrlichkeit. Als ſie herauf aus dem kuͤhlen Gewoͤlbe
Jhres Grabes trat, und jetzt die Augen, die niemals
Wieder ſich ſchlieſſen ſollten, eroͤffnete, ſah ſie des Todten
Leichnam gegen ſich uͤber am Kreuz. Ja dennoch, du Todter,
Biſt du mein Auferwecker! Du biſt es, du haſt mir den neuen
Mir den unſterblichen Leib vor dem Tage der Tage gegeben!
Ach wie trieft er von heiligem Blut! Ach laut in des Himmels
Fernen Hallen vernahm, und erhoͤrte der ewige Richter
Dieſes Blutes Rufen um Gnade! Sie ſprachs, und verſtummte
Voller Wonne, vertieft in die Folgen dieſer Erhoͤrung!
Joel, Samma’s erſter, nun einziger, hatte den Vater
Und den Todeshuͤgel verlaſſen, und war zu des Oelbergs
Thale niedergeirrt, Gethſemane durch, zu dem Grabe
Seines Bruders. Er ſucht’ es mit ſchwerem Schritte. Der Stein war
Schon mit ſtillem Mooſe bedeckt. Er ſank bey dem Steine
Kraftlos nieder mit ſtarrem und blutendem Auge von Thraͤnen
Ueber Jeſus! und uͤber Benoni! … Du haſt in der Kinder
Und der Saͤuglinge Munde dir Lob bereitet; in meinem
Jammer!
D 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |