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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

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Sechzehnter Gesang.
Ungerechter! du zwingst mich. O möchten dich Nächte verschlingen!
Flammen dich überströmen, und deine Strahlen vertilgen!
Ha, wer bist du? weiche von mir! riefs, trieb nach dem Cherub
Dunkles Gewölk! Schnell, leuchtender Nebel, und schneller noch
Duft, schwand
Vor des Cherubs Glanz das Gewölk. Der Führende schwebet
Vorwärts; die Seele fühlet die Kraft des Unsterblichen, sträubt sich
Gleichwohl, empöret sich nach. Es gelang ihr, in eine der Klüfte
Drey Berghöhen hinab sich zu stürzen. Nun schonte der Cherub
Länger nicht mehr. Sein Ruf war Donner geworden. Die Seele
Kam aus dem Abgrund bebend herauf, und folgte dem Führer.

Heere schlugen. Die Führer der Heere, Eroberer beyde,
Sanken. Umher in verstummtem Gefilde lagen die Leichen,
Lagen die Wundenvollen gestreckt. Wie Wolkenbrüche,
Strömten die Geister der Todten herzu, mit ihnen der Führer
Geister. Der Richter der Welt erhub die Rechte, da stürzten,
Schmetterten Donner herab auf die beyden grossen Verbrecher!
Lange hallt' es den Hochverräthern der Menschlichkeit nach, dumpf,
Weit hallt's nach, voll Entsetzens nach in die Klüfte Gehenna's!
Melodieen, der süßesten Wonne Gespielinnen, stiegen
Jezt mit dem Lispel empor der Engelharfen. Denn erdlos
Kamen vom Ganges, vom Rheine, vom Niagara, und Nilus,
An den Cedern einher auf Tabor, Seelen der Kinder.
Wie von vielen und großen Heerden gesondert, an Einem
Langen Hügel hinab, genährt vom Frühlinge, Lämmer
Weiden, so kamen einher an Tabors Haine die Seelen.
Und
C 3

Sechzehnter Geſang.
Ungerechter! du zwingſt mich. O moͤchten dich Naͤchte verſchlingen!
Flammen dich uͤberſtroͤmen, und deine Strahlen vertilgen!
Ha, wer biſt du? weiche von mir! riefs, trieb nach dem Cherub
Dunkles Gewoͤlk! Schnell, leuchtender Nebel, und ſchneller noch
Duft, ſchwand
Vor des Cherubs Glanz das Gewoͤlk. Der Fuͤhrende ſchwebet
Vorwaͤrts; die Seele fuͤhlet die Kraft des Unſterblichen, ſtraͤubt ſich
Gleichwohl, empoͤret ſich nach. Es gelang ihr, in eine der Kluͤfte
Drey Berghoͤhen hinab ſich zu ſtuͤrzen. Nun ſchonte der Cherub
Laͤnger nicht mehr. Sein Ruf war Donner geworden. Die Seele
Kam aus dem Abgrund bebend herauf, und folgte dem Fuͤhrer.

Heere ſchlugen. Die Fuͤhrer der Heere, Eroberer beyde,
Sanken. Umher in verſtummtem Gefilde lagen die Leichen,
Lagen die Wundenvollen geſtreckt. Wie Wolkenbruͤche,
Stroͤmten die Geiſter der Todten herzu, mit ihnen der Fuͤhrer
Geiſter. Der Richter der Welt erhub die Rechte, da ſtuͤrzten,
Schmetterten Donner herab auf die beyden groſſen Verbrecher!
Lange hallt’ es den Hochverraͤthern der Menſchlichkeit nach, dumpf,
Weit hallt’s nach, voll Entſetzens nach in die Kluͤfte Gehenna’s!
Melodieen, der ſuͤßeſten Wonne Geſpielinnen, ſtiegen
Jezt mit dem Lispel empor der Engelharfen. Denn erdlos
Kamen vom Ganges, vom Rheine, vom Niagara, und Nilus,
An den Cedern einher auf Tabor, Seelen der Kinder.
Wie von vielen und großen Heerden geſondert, an Einem
Langen Huͤgel hinab, genaͤhrt vom Fruͤhlinge, Laͤmmer
Weiden, ſo kamen einher an Tabors Haine die Seelen.
Und
C 3
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[37/0037] Sechzehnter Geſang. Ungerechter! du zwingſt mich. O moͤchten dich Naͤchte verſchlingen! Flammen dich uͤberſtroͤmen, und deine Strahlen vertilgen! Ha, wer biſt du? weiche von mir! riefs, trieb nach dem Cherub Dunkles Gewoͤlk! Schnell, leuchtender Nebel, und ſchneller noch Duft, ſchwand Vor des Cherubs Glanz das Gewoͤlk. Der Fuͤhrende ſchwebet Vorwaͤrts; die Seele fuͤhlet die Kraft des Unſterblichen, ſtraͤubt ſich Gleichwohl, empoͤret ſich nach. Es gelang ihr, in eine der Kluͤfte Drey Berghoͤhen hinab ſich zu ſtuͤrzen. Nun ſchonte der Cherub Laͤnger nicht mehr. Sein Ruf war Donner geworden. Die Seele Kam aus dem Abgrund bebend herauf, und folgte dem Fuͤhrer. Heere ſchlugen. Die Fuͤhrer der Heere, Eroberer beyde, Sanken. Umher in verſtummtem Gefilde lagen die Leichen, Lagen die Wundenvollen geſtreckt. Wie Wolkenbruͤche, Stroͤmten die Geiſter der Todten herzu, mit ihnen der Fuͤhrer Geiſter. Der Richter der Welt erhub die Rechte, da ſtuͤrzten, Schmetterten Donner herab auf die beyden groſſen Verbrecher! Lange hallt’ es den Hochverraͤthern der Menſchlichkeit nach, dumpf, Weit hallt’s nach, voll Entſetzens nach in die Kluͤfte Gehenna’s! Melodieen, der ſuͤßeſten Wonne Geſpielinnen, ſtiegen Jezt mit dem Lispel empor der Engelharfen. Denn erdlos Kamen vom Ganges, vom Rheine, vom Niagara, und Nilus, An den Cedern einher auf Tabor, Seelen der Kinder. Wie von vielen und großen Heerden geſondert, an Einem Langen Huͤgel hinab, genaͤhrt vom Fruͤhlinge, Laͤmmer Weiden, ſo kamen einher an Tabors Haine die Seelen. Und C 3

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/37>, abgerufen am 27.11.2024.