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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Der Messias.

Unter zerstreuten Gebeinen, von Nacht und Schatten
umgeben,

Saß er, und überdachte sich selber, den Sohn des
Ewgen,

Und den Menschen zum Tode bestimmt. Vor seinem Ge-
sichte

Sah er die Sünden der Menschen, die alle, die seit der
Erschaffung

Adams Kinder vollbrachten, auch die, so die schlimmere
Nachwelt

Sündigen wird, ein unzählbares Herr, GOtt fliehend,
vorbeygehn.

Satan war mitten darinnen, und herrschte. Vom Ange-
sicht GOttes

Trieb er, den Sünder, das Menschengeschlecht, und
versammelt es zu sich,

Wie die Ebnen des Meers ein mitternächtlicher Strudel
Ringsum in sich verschlingt, und immer zum Untergang
offen,

Unsichtbar unter den Wolken des niedersteigenden
Himmels,

Alle zu sichre Bewohner des Meers in die Tiefen hinab-
zieht.

JEsus sah die Sünden und Satan. Drauf sah er zu
GOtt auf.

GOtt, sein Vater, sah auch nach ihm tiefsinnig hernie-
der.

Zwar brach aus seinem erhabenen Blick das ernste Ge-
richte

Langsam hervor; zwar donnerte GOtt, und schreckt ihn
von ferne.

Gleich-

Der Meſſias.

Unter zerſtreuten Gebeinen, von Nacht und Schatten
umgeben,

Saß er, und uͤberdachte ſich ſelber, den Sohn des
Ewgen,

Und den Menſchen zum Tode beſtimmt. Vor ſeinem Ge-
ſichte

Sah er die Suͤnden der Menſchen, die alle, die ſeit der
Erſchaffung

Adams Kinder vollbrachten, auch die, ſo die ſchlimmere
Nachwelt

Suͤndigen wird, ein unzaͤhlbares Herr, GOtt fliehend,
vorbeygehn.

Satan war mitten darinnen, und herrſchte. Vom Ange-
ſicht GOttes

Trieb er, den Suͤnder, das Menſchengeſchlecht, und
verſammelt es zu ſich,

Wie die Ebnen des Meers ein mitternaͤchtlicher Strudel
Ringsum in ſich verſchlingt, und immer zum Untergang
offen,

Unſichtbar unter den Wolken des niederſteigenden
Himmels,

Alle zu ſichre Bewohner des Meers in die Tiefen hinab-
zieht.

JEſus ſah die Suͤnden und Satan. Drauf ſah er zu
GOtt auf.

GOtt, ſein Vater, ſah auch nach ihm tiefſinnig hernie-
der.

Zwar brach aus ſeinem erhabenen Blick das ernſte Ge-
richte

Langſam hervor; zwar donnerte GOtt, und ſchreckt ihn
von ferne.

Gleich-
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[96/0100] Der Meſſias. Unter zerſtreuten Gebeinen, von Nacht und Schatten umgeben, Saß er, und uͤberdachte ſich ſelber, den Sohn des Ewgen, Und den Menſchen zum Tode beſtimmt. Vor ſeinem Ge- ſichte Sah er die Suͤnden der Menſchen, die alle, die ſeit der Erſchaffung Adams Kinder vollbrachten, auch die, ſo die ſchlimmere Nachwelt Suͤndigen wird, ein unzaͤhlbares Herr, GOtt fliehend, vorbeygehn. Satan war mitten darinnen, und herrſchte. Vom Ange- ſicht GOttes Trieb er, den Suͤnder, das Menſchengeſchlecht, und verſammelt es zu ſich, Wie die Ebnen des Meers ein mitternaͤchtlicher Strudel Ringsum in ſich verſchlingt, und immer zum Untergang offen, Unſichtbar unter den Wolken des niederſteigenden Himmels, Alle zu ſichre Bewohner des Meers in die Tiefen hinab- zieht. JEſus ſah die Suͤnden und Satan. Drauf ſah er zu GOtt auf. GOtt, ſein Vater, ſah auch nach ihm tiefſinnig hernie- der. Zwar brach aus ſeinem erhabenen Blick das ernſte Ge- richte Langſam hervor; zwar donnerte GOtt, und ſchreckt ihn von ferne. Gleich-

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/100>, abgerufen am 21.11.2024.