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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Der Messias.

Vielmals wünsch ich von| Adams Geschlecht, ja selber auch
sterblich

Mit den Menschen zu seyn; wenn anders ohne die Sün-
de

Eine Sterblichkeit seyn kan. Vielleicht verehrt ich ihn
treuer.

Meinen Bruder von eben dem Fleisch und Blute ge-
boren

Liebt ich vielleicht weit brünstiger noch. Mit welcher Ent-
zückung

Wollt ich für ihn, der zuerst für mich starb, mein Leben
verlieren!

Mitten im heissen unschuldigen Blute, mit brechenden
Augen

Wollt ich ihn loben; mein schwaches Geseufz, mein ster-
bendes Stammeln

Sollte so harmonisch, wie die hohen Lieder Eloa,
Wenn er am Throne vorbeygeht, in göttlichen Ohren
ertönen.

Alsdann sollteft du, Selia, mir, oder einer von diesen
Sanft mit unsichtbarer Hand die gebrochnen Augen zu-
drücken,

Und die entfliehende Seele zum Thron des Ewigen füh-
ren

Selia sprach: Wie rührest du mich! Wie nimmt mich
dein Wünschen,

Edler Orion, mit Zärtlichkeit ein! Die Männer dort
unten

Die sind also die heiligen Zwölfe, die Freunde des Mitt-
lers?
Welche

Der Meſſias.

Vielmals wuͤnſch ich von| Adams Geſchlecht, ja ſelber auch
ſterblich

Mit den Menſchen zu ſeyn; wenn anders ohne die Suͤn-
de

Eine Sterblichkeit ſeyn kan. Vielleicht verehrt ich ihn
treuer.

Meinen Bruder von eben dem Fleiſch und Blute ge-
boren

Liebt ich vielleicht weit bruͤnſtiger noch. Mit welcher Ent-
zuͤckung

Wollt ich fuͤr ihn, der zuerſt fuͤr mich ſtarb, mein Leben
verlieren!

Mitten im heiſſen unſchuldigen Blute, mit brechenden
Augen

Wollt ich ihn loben; mein ſchwaches Geſeufz, mein ſter-
bendes Stammeln

Sollte ſo harmoniſch, wie die hohen Lieder Eloa,
Wenn er am Throne vorbeygeht, in goͤttlichen Ohren
ertoͤnen.

Alsdann ſollteft du, Selia, mir, oder einer von dieſen
Sanft mit unſichtbarer Hand die gebrochnen Augen zu-
druͤcken,

Und die entfliehende Seele zum Thron des Ewigen fuͤh-
ren

Selia ſprach: Wie ruͤhreſt du mich! Wie nimmt mich
dein Wuͤnſchen,

Edler Orion, mit Zaͤrtlichkeit ein! Die Maͤnner dort
unten

Die ſind alſo die heiligen Zwoͤlfe, die Freunde des Mitt-
lers?
Welche
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[102/0106] Der Meſſias. Vielmals wuͤnſch ich von| Adams Geſchlecht, ja ſelber auch ſterblich Mit den Menſchen zu ſeyn; wenn anders ohne die Suͤn- de Eine Sterblichkeit ſeyn kan. Vielleicht verehrt ich ihn treuer. Meinen Bruder von eben dem Fleiſch und Blute ge- boren Liebt ich vielleicht weit bruͤnſtiger noch. Mit welcher Ent- zuͤckung Wollt ich fuͤr ihn, der zuerſt fuͤr mich ſtarb, mein Leben verlieren! Mitten im heiſſen unſchuldigen Blute, mit brechenden Augen Wollt ich ihn loben; mein ſchwaches Geſeufz, mein ſter- bendes Stammeln Sollte ſo harmoniſch, wie die hohen Lieder Eloa, Wenn er am Throne vorbeygeht, in goͤttlichen Ohren ertoͤnen. Alsdann ſollteft du, Selia, mir, oder einer von dieſen Sanft mit unſichtbarer Hand die gebrochnen Augen zu- druͤcken, Und die entfliehende Seele zum Thron des Ewigen fuͤh- ren Selia ſprach: Wie ruͤhreſt du mich! Wie nimmt mich dein Wuͤnſchen, Edler Orion, mit Zaͤrtlichkeit ein! Die Maͤnner dort unten Die ſind alſo die heiligen Zwoͤlfe, die Freunde des Mitt- lers? Welche

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/106>, abgerufen am 23.11.2024.