Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.
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<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg n="22"> <l> <pb facs="#f0118" n="114"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Meſſias.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Zu uns herauf, hier kanſt du ihn, Seraph, naͤher be-<lb/><hi rendition="#et">trachten,</hi></l><lb/> <l>Und von Antlitz zu Antlitz die zaͤrtlichſte Seele bemerken</l><lb/> <l>Jndem, als er noch ſprach, da trat der ſtille Lebbaͤus</l><lb/> <l>Unter ſie hin. Die hohe Verſammlung wich ungemerkt<lb/><hi rendition="#et">ſeitwaͤrts</hi></l><lb/> <l>Vor dem Sterblichen aus. So zertheilen ſich Fruͤhlings-<lb/><hi rendition="#et">luͤfte,</hi></l><lb/> <l>Durch der Nachtigall klaͤglichen Ton, wenn ſie muͤtterlich<lb/><hi rendition="#et">jammert.</hi></l><lb/> <l>Jtzo umgaben ſie ihn, und ſtanden, wie Menſchen, voll<lb/><hi rendition="#et">Liebe,</hi></l><lb/> <l>Um ihn herum. Von keinem Geſchoͤpf, wie er glaubte/<lb/><hi rendition="#et">vernommen,</hi></l><lb/> <l>Klagte der ſtille Lebbaͤus, und ſchlug im zaͤrtlichen Kla-<lb/><hi rendition="#et">gen</hi></l><lb/> <l>Ueber ſein Haupt die Haͤnde zuſammen. So find ich ihn<lb/><hi rendition="#et">nirgends!</hi></l><lb/> <l>Schon iſt ein trauriger Tag und faſt zwo Naͤchte verfloſ-<lb/><hi rendition="#et">ſen,</hi></l><lb/> <l>Daß wir ihn nicht ſehen! Ja ſeine verruchten Verfolger</l><lb/> <l>Haben gewiß ihn endlich ergriffen! Jch armer Verlaßner</l><lb/> <l>Kann noch leben, da JEſus ſchon todt iſt? Dich haben<lb/><hi rendition="#et">die Suͤnder</hi></l><lb/> <l>Klaͤglich erwuͤrgt, du goͤttlicher Mann! Und ich ſah dich<lb/><hi rendition="#et">nicht ſterben!</hi></l><lb/> <l>Und ich habe nicht ſanft dein goͤttliches Auge geſchloſ-<lb/><hi rendition="#et">ſen!</hi></l><lb/> <l>Sagt, Verruchte, wo wuͤrgtet ihr ihn? Jn welche Ge-<lb/><hi rendition="#et">filde,</hi></l><lb/> <l>Ach! in welche veroͤdete Wuͤſte, zu welchen Gebeinen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Unter</fw><lb/></l> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [114/0118]
Der Meſſias.
Zu uns herauf, hier kanſt du ihn, Seraph, naͤher be-
trachten,
Und von Antlitz zu Antlitz die zaͤrtlichſte Seele bemerken
Jndem, als er noch ſprach, da trat der ſtille Lebbaͤus
Unter ſie hin. Die hohe Verſammlung wich ungemerkt
ſeitwaͤrts
Vor dem Sterblichen aus. So zertheilen ſich Fruͤhlings-
luͤfte,
Durch der Nachtigall klaͤglichen Ton, wenn ſie muͤtterlich
jammert.
Jtzo umgaben ſie ihn, und ſtanden, wie Menſchen, voll
Liebe,
Um ihn herum. Von keinem Geſchoͤpf, wie er glaubte/
vernommen,
Klagte der ſtille Lebbaͤus, und ſchlug im zaͤrtlichen Kla-
gen
Ueber ſein Haupt die Haͤnde zuſammen. So find ich ihn
nirgends!
Schon iſt ein trauriger Tag und faſt zwo Naͤchte verfloſ-
ſen,
Daß wir ihn nicht ſehen! Ja ſeine verruchten Verfolger
Haben gewiß ihn endlich ergriffen! Jch armer Verlaßner
Kann noch leben, da JEſus ſchon todt iſt? Dich haben
die Suͤnder
Klaͤglich erwuͤrgt, du goͤttlicher Mann! Und ich ſah dich
nicht ſterben!
Und ich habe nicht ſanft dein goͤttliches Auge geſchloſ-
ſen!
Sagt, Verruchte, wo wuͤrgtet ihr ihn? Jn welche Ge-
filde,
Ach! in welche veroͤdete Wuͤſte, zu welchen Gebeinen
Unter
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