Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.
Sey uns gegrüßt bey deinem Hervorgehn, unsterb- liche Freundinn, Heilige Tochter des göttlichen Hauchs, komm, sey uns gesegnet! Du bist schön und zärtlich, wie Salem, wie Raphael, himmlisch Und erhaben. Dir werden aus deiner heiteren Fülle, Wie aus der Morgenröthe der Thau, die Gedanken ge- boren, Und dein menschliches Herz, dein Herz voll zärtlicher Trie- be Fließt, wie der Seraphim Auge, das bey Erblickung der Tugend Voller Entzückungen weint, von süssen Empfindungen über! Tochter des göttlichen Hauchs, vertraulichste Schwester der Seele, Die in ihrer unschuldigen Jugend einst Adam belebte, Komm, wir führen dich itzt zu deinem Vertrauten, dem Körper, Den die Natur schön bildet, damit du im Lächeln, o Seele, Dein
Sey uns gegruͤßt bey deinem Hervorgehn, unſterb- liche Freundinn, Heilige Tochter des goͤttlichen Hauchs, komm, ſey uns geſegnet! Du biſt ſchoͤn und zaͤrtlich, wie Salem, wie Raphael, himmliſch Und erhaben. Dir werden aus deiner heiteren Fuͤlle, Wie aus der Morgenroͤthe der Thau, die Gedanken ge- boren, Und dein menſchliches Herz, dein Herz voll zaͤrtlicher Trie- be Fließt, wie der Seraphim Auge, das bey Erblickung der Tugend Voller Entzuͤckungen weint, von ſuͤſſen Empfindungen uͤber! Tochter des goͤttlichen Hauchs, vertraulichſte Schweſter der Seele, Die in ihrer unſchuldigen Jugend einſt Adam belebte, Komm, wir fuͤhren dich itzt zu deinem Vertrauten, dem Koͤrper, Den die Natur ſchoͤn bildet, damit du im Laͤcheln, o Seele, Dein
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Dritter Geſang.
Und er iſt es auch wuͤrdig. Noch ward in heiligen Stun-
den
Keine ſo goͤttliche Seele vom groſſen Schoͤpfer gebildet,
Als die unſchuldige Seele Johannes. Jch hab es geſe-
hen,
Da die Unſterbliche kam. Sie prieſen glaͤnzende Reihen
Himmliſcher Juͤnglinge ſelig, und ſangen von ihrer Ge-
ſpielinn:
Sey uns gegruͤßt bey deinem Hervorgehn, unſterb-
liche Freundinn,
Heilige Tochter des goͤttlichen Hauchs, komm, ſey uns
geſegnet!
Du biſt ſchoͤn und zaͤrtlich, wie Salem, wie Raphael,
himmliſch
Und erhaben. Dir werden aus deiner heiteren Fuͤlle,
Wie aus der Morgenroͤthe der Thau, die Gedanken ge-
boren,
Und dein menſchliches Herz, dein Herz voll zaͤrtlicher Trie-
be
Fließt, wie der Seraphim Auge, das bey Erblickung der
Tugend
Voller Entzuͤckungen weint, von ſuͤſſen Empfindungen
uͤber!
Tochter des goͤttlichen Hauchs, vertraulichſte Schweſter
der Seele,
Die in ihrer unſchuldigen Jugend einſt Adam belebte,
Komm, wir fuͤhren dich itzt zu deinem Vertrauten, dem
Koͤrper,
Den die Natur ſchoͤn bildet, damit du im Laͤcheln, o
Seele,
Dein
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