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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

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Dritter Gesang.

Dich, als seinen Gehülfen auf diesem erhabenen Schau-
platz?

Weis er dein Unternehmen auch schon? Du willst ihn
verrathen!

Ach wie sind vor dem sterblichen Auge des Ewigen Wege
Wunderbar! Wie unerforschlich ist GOtt in seinen Ge-
richten?

Meinen Meßias, den soll ich, zu seiner Erhöhung ver-
rathen?

Aber, wenn mein Gesicht mich nun täuscht? Wenn mein
Traum mich betrieget?

Täuscht mich mein Traum; schickt der Ewge Gesichte, die
Menschen zu quälen:

So sey die Stunde verflucht, in der ich unmuthsvoll ein-
schlief,

Jn der über mein Haupt des Vaters Schatten herab
kam!

Jn ihr müsse man auf den Gebirgen ein sterbendes Win-
seln

Hören! Ein sterbendes Winseln in tiefen verfallenen Grä-
bern

Müsse man hören! Verflucht sey der Ort, wo ich lag und
einschlief!

Allda müß ein entsetzlicher Sohn den Vater erwür-
gen!

Allda fliesse das Blut von meinem geliebtesten Freun-
de,

Wenn er verzweifelnd mit eignen Händen daselbst sich er-
erwürgt hat!

Juda, wohin verirrest du dich? Ja wohin! Was zürnst
du

Ueber dich selbst? Du verirrest dich nicht, wenn du also
getäuscht wirst!

Lehrt mich ein göttlich Gesicht den hohen Messias verra-
then,

Und ich sündige dran: so seyst du, unter den Tagen
Schrecklichster Tag, auch verflucht! da mich der Messias
erwählte,

Da

Dritter Geſang.

Dich, als ſeinen Gehuͤlfen auf dieſem erhabenen Schau-
platz?

Weis er dein Unternehmen auch ſchon? Du willſt ihn
verrathen!

Ach wie ſind vor dem ſterblichen Auge des Ewigen Wege
Wunderbar! Wie unerforſchlich iſt GOtt in ſeinen Ge-
richten?

Meinen Meßias, den ſoll ich, zu ſeiner Erhoͤhung ver-
rathen?

Aber, wenn mein Geſicht mich nun taͤuſcht? Wenn mein
Traum mich betrieget?

Taͤuſcht mich mein Traum; ſchickt der Ewge Geſichte, die
Menſchen zu quaͤlen:

So ſey die Stunde verflucht, in der ich unmuthsvoll ein-
ſchlief,

Jn der uͤber mein Haupt des Vaters Schatten herab
kam!

Jn ihr muͤſſe man auf den Gebirgen ein ſterbendes Win-
ſeln

Hoͤren! Ein ſterbendes Winſeln in tiefen verfallenen Graͤ-
bern

Muͤſſe man hoͤren! Verflucht ſey der Ort, wo ich lag und
einſchlief!

Allda muͤß ein entſetzlicher Sohn den Vater erwuͤr-
gen!

Allda flieſſe das Blut von meinem geliebteſten Freun-
de,

Wenn er verzweifelnd mit eignen Haͤnden daſelbſt ſich er-
erwuͤrgt hat!

Juda, wohin verirreſt du dich? Ja wohin! Was zuͤrnſt
du

Ueber dich ſelbſt? Du verirreſt dich nicht, wenn du alſo
getaͤuſcht wirſt!

Lehrt mich ein goͤttlich Geſicht den hohen Meſſias verra-
then,

Und ich ſuͤndige dran: ſo ſeyſt du, unter den Tagen
Schrecklichſter Tag, auch verflucht! da mich der Meſſias
erwaͤhlte,

Da
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[135/0139] Dritter Geſang. Dich, als ſeinen Gehuͤlfen auf dieſem erhabenen Schau- platz? Weis er dein Unternehmen auch ſchon? Du willſt ihn verrathen! Ach wie ſind vor dem ſterblichen Auge des Ewigen Wege Wunderbar! Wie unerforſchlich iſt GOtt in ſeinen Ge- richten? Meinen Meßias, den ſoll ich, zu ſeiner Erhoͤhung ver- rathen? Aber, wenn mein Geſicht mich nun taͤuſcht? Wenn mein Traum mich betrieget? Taͤuſcht mich mein Traum; ſchickt der Ewge Geſichte, die Menſchen zu quaͤlen: So ſey die Stunde verflucht, in der ich unmuthsvoll ein- ſchlief, Jn der uͤber mein Haupt des Vaters Schatten herab kam! Jn ihr muͤſſe man auf den Gebirgen ein ſterbendes Win- ſeln Hoͤren! Ein ſterbendes Winſeln in tiefen verfallenen Graͤ- bern Muͤſſe man hoͤren! Verflucht ſey der Ort, wo ich lag und einſchlief! Allda muͤß ein entſetzlicher Sohn den Vater erwuͤr- gen! Allda flieſſe das Blut von meinem geliebteſten Freun- de, Wenn er verzweifelnd mit eignen Haͤnden daſelbſt ſich er- erwuͤrgt hat! Juda, wohin verirreſt du dich? Ja wohin! Was zuͤrnſt du Ueber dich ſelbſt? Du verirreſt dich nicht, wenn du alſo getaͤuſcht wirſt! Lehrt mich ein goͤttlich Geſicht den hohen Meſſias verra- then, Und ich ſuͤndige dran: ſo ſeyſt du, unter den Tagen Schrecklichſter Tag, auch verflucht! da mich der Meſſias erwaͤhlte, Da

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Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/139>, abgerufen am 23.11.2024.