Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Gesang.
Sollt die Tage mit Wonn und unsterblichem Jauchzen vol-
lenden!

Jch, und mein Himmel, wir wollen den ganzen verborge-
nen Umfang

Meiner Erlösung durchschaun, mit viel verklärteren Bli-
cken

Wollen wir diese Geheimnisse sehn, als eures Erlösers
Fromme, weichmüthige Freunde, die noch in Dunkelheit
irren,

Oder als seine verruchten Verfolger. Die hab ich schon
lange

Aus den heiligen Büchern vertilgt; und meinen Erlösten
Send ich mein Licht, sie sollen nun bald das Blut der
Versöhnung

Nicht mehr mit weinendem Auge betrachten. Sie werden
es sehen,

Wie sich vor ihnen sein Strom ins ewige Leben verlie-
ret.

Alsdann sollen sie hier, im Schosse des Friedens getrö-
stet,

Feste des Lichts und der ewigen Ruh triumphirend bege-
hen.

Seraphim, und ihr Seelen, erlöste Väter des Mittlers,
Fangt ihr die Feste der Ewigkeit an. Sie sollen von itzo
Mit der Unendlichkeit dauern. Die heiligen Kinder der
Erde

Werden sich allgemach alle zu euch vollendet versammeln,
Bis sie zusammen dereinst, mit neuen Leibern umgeben.
Nach vollbrachtem Gericht zu meiner Seligkeit kommen.
Unterdeß geht von mir aus, des hohen Thrones Bewoh-
ner,

Meldet

Erſter Geſang.
Sollt die Tage mit Wonn und unſterblichem Jauchzen vol-
lenden!

Jch, und mein Himmel, wir wollen den ganzen verborge-
nen Umfang

Meiner Erloͤſung durchſchaun, mit viel verklaͤrteren Bli-
cken

Wollen wir dieſe Geheimniſſe ſehn, als eures Erloͤſers
Fromme, weichmuͤthige Freunde, die noch in Dunkelheit
irren,

Oder als ſeine verruchten Verfolger. Die hab ich ſchon
lange

Aus den heiligen Buͤchern vertilgt; und meinen Erloͤſten
Send ich mein Licht, ſie ſollen nun bald das Blut der
Verſoͤhnung

Nicht mehr mit weinendem Auge betrachten. Sie werden
es ſehen,

Wie ſich vor ihnen ſein Strom ins ewige Leben verlie-
ret.

Alsdann ſollen ſie hier, im Schoſſe des Friedens getroͤ-
ſtet,

Feſte des Lichts und der ewigen Ruh triumphirend bege-
hen.

Seraphim, und ihr Seelen, erloͤſte Vaͤter des Mittlers,
Fangt ihr die Feſte der Ewigkeit an. Sie ſollen von itzo
Mit der Unendlichkeit dauern. Die heiligen Kinder der
Erde

Werden ſich allgemach alle zu euch vollendet verſammeln,
Bis ſie zuſammen dereinſt, mit neuen Leibern umgeben.
Nach vollbrachtem Gericht zu meiner Seligkeit kommen.
Unterdeß geht von mir aus, des hohen Thrones Bewoh-
ner,

Meldet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg n="27">
          <pb facs="#f0031" n="27"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
          <l>Sollt die Tage mit Wonn und un&#x017F;terblichem Jauchzen vol-<lb/><hi rendition="#et">lenden!</hi></l><lb/>
          <l>Jch, und mein Himmel, wir wollen den ganzen verborge-<lb/><hi rendition="#et">nen Umfang</hi></l><lb/>
          <l>Meiner Erlo&#x0364;&#x017F;ung durch&#x017F;chaun, mit viel verkla&#x0364;rteren Bli-<lb/><hi rendition="#et">cken</hi></l><lb/>
          <l>Wollen wir die&#x017F;e Geheimni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ehn, als eures Erlo&#x0364;&#x017F;ers</l><lb/>
          <l>Fromme, weichmu&#x0364;thige Freunde, die noch in Dunkelheit<lb/><hi rendition="#et">irren,</hi></l><lb/>
          <l>Oder als &#x017F;eine verruchten Verfolger. Die hab ich &#x017F;chon<lb/><hi rendition="#et">lange</hi></l><lb/>
          <l>Aus den heiligen Bu&#x0364;chern vertilgt; und meinen Erlo&#x0364;&#x017F;ten</l><lb/>
          <l>Send ich mein Licht, &#x017F;ie &#x017F;ollen nun bald das Blut der<lb/><hi rendition="#et">Ver&#x017F;o&#x0364;hnung</hi></l><lb/>
          <l>Nicht mehr mit weinendem Auge betrachten. Sie werden<lb/><hi rendition="#et">es &#x017F;ehen,</hi></l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;ich vor ihnen &#x017F;ein Strom ins ewige Leben verlie-<lb/><hi rendition="#et">ret.</hi></l><lb/>
          <l>Alsdann &#x017F;ollen &#x017F;ie hier, im Scho&#x017F;&#x017F;e des Friedens getro&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tet,</hi></l><lb/>
          <l>Fe&#x017F;te des Lichts und der ewigen Ruh triumphirend bege-<lb/><hi rendition="#et">hen.</hi></l><lb/>
          <l>Seraphim, und ihr Seelen, erlo&#x0364;&#x017F;te Va&#x0364;ter des Mittlers,</l><lb/>
          <l>Fangt ihr die Fe&#x017F;te der Ewigkeit an. Sie &#x017F;ollen von itzo</l><lb/>
          <l>Mit der Unendlichkeit dauern. Die heiligen Kinder der<lb/><hi rendition="#et">Erde</hi></l><lb/>
          <l>Werden &#x017F;ich allgemach alle zu euch vollendet ver&#x017F;ammeln,</l><lb/>
          <l>Bis &#x017F;ie zu&#x017F;ammen derein&#x017F;t, mit neuen Leibern umgeben.</l><lb/>
          <l>Nach vollbrachtem Gericht zu meiner Seligkeit kommen.</l><lb/>
          <l>Unterdeß geht von mir aus, des hohen Thrones Bewoh-<lb/><hi rendition="#et">ner,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Meldet</fw><lb/>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0031] Erſter Geſang. Sollt die Tage mit Wonn und unſterblichem Jauchzen vol- lenden! Jch, und mein Himmel, wir wollen den ganzen verborge- nen Umfang Meiner Erloͤſung durchſchaun, mit viel verklaͤrteren Bli- cken Wollen wir dieſe Geheimniſſe ſehn, als eures Erloͤſers Fromme, weichmuͤthige Freunde, die noch in Dunkelheit irren, Oder als ſeine verruchten Verfolger. Die hab ich ſchon lange Aus den heiligen Buͤchern vertilgt; und meinen Erloͤſten Send ich mein Licht, ſie ſollen nun bald das Blut der Verſoͤhnung Nicht mehr mit weinendem Auge betrachten. Sie werden es ſehen, Wie ſich vor ihnen ſein Strom ins ewige Leben verlie- ret. Alsdann ſollen ſie hier, im Schoſſe des Friedens getroͤ- ſtet, Feſte des Lichts und der ewigen Ruh triumphirend bege- hen. Seraphim, und ihr Seelen, erloͤſte Vaͤter des Mittlers, Fangt ihr die Feſte der Ewigkeit an. Sie ſollen von itzo Mit der Unendlichkeit dauern. Die heiligen Kinder der Erde Werden ſich allgemach alle zu euch vollendet verſammeln, Bis ſie zuſammen dereinſt, mit neuen Leibern umgeben. Nach vollbrachtem Gericht zu meiner Seligkeit kommen. Unterdeß geht von mir aus, des hohen Thrones Bewoh- ner, Meldet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/31
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/31>, abgerufen am 21.11.2024.