Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.Zweyter Gesang. Also sagt er, und schlung sich mit |brünstigen zitterndenArmen Um den Erlöser, der ihm, mit menschenfreundlichen Blicken, Dieses erwiederte: Folge mir nicht, doch verweile dich künftig Mehr als sonst um Golgathas Hügel, da wirst du |die Hoffnung Abrahams und der Propheten mit deinen Augen erbli- cken. Jndem JEsus zu Samma so sprach, da wandte sich Joel Zu Johannes, und sagte zu ihm, |mit |schüchterner Un- schuld: Ach du lieber Mann, führe du mich zum grossen Propheten, Daß er mich höre, du kennest ihn ja. Der zärtliche Jünger Nahm ihn, und führt ihn zu JEsu, da sagt er in seiner Unschuld: GOttes Prophet, so kann denn mein Vater und ich dir nicht folgen? Aber, o darf ichs wohl sagen, warum verweilest du itzo Hier, wo mein jugendlich Blut vor den Gräbern der Todten erstarret? Komm doch, du göttlicher Mann, in meines Vaters Be- hausung. Dich soll hier meine verlassene Mutter mit Demuth be- dienen. Milch und Honig, die lieblichsten Früchte von unseren Bäumen, Sollst D 4
Zweyter Geſang. Alſo ſagt er, und ſchlung ſich mit |bruͤnſtigen zitterndenArmen Um den Erloͤſer, der ihm, mit menſchenfreundlichen Blicken, Dieſes erwiederte: Folge mir nicht, doch verweile dich kuͤnftig Mehr als ſonſt um Golgathas Huͤgel, da wirſt du |die Hoffnung Abrahams und der Propheten mit deinen Augen erbli- cken. Jndem JEſus zu Samma ſo ſprach, da wandte ſich Joel Zu Johannes, und ſagte zu ihm, |mit |ſchuͤchterner Un- ſchuld: Ach du lieber Mann, fuͤhre du mich zum groſſen Propheten, Daß er mich hoͤre, du kenneſt ihn ja. Der zaͤrtliche Juͤnger Nahm ihn, und fuͤhrt ihn zu JEſu, da ſagt er in ſeiner Unſchuld: GOttes Prophet, ſo kann denn mein Vater und ich dir nicht folgen? Aber, o darf ichs wohl ſagen, warum verweileſt du itzo Hier, wo mein jugendlich Blut vor den Graͤbern der Todten erſtarret? Komm doch, du goͤttlicher Mann, in meines Vaters Be- hauſung. Dich ſoll hier meine verlaſſene Mutter mit Demuth be- dienen. Milch und Honig, die lieblichſten Fruͤchte von unſeren Baͤumen, Sollſt D 4
<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <lg n="9"> <pb facs="#f0059" n="55"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Geſang.</hi> </fw><lb/> <l>Alſo ſagt er, und ſchlung ſich mit |bruͤnſtigen zitternden<lb/><hi rendition="#et">Armen</hi></l><lb/> <l>Um den Erloͤſer, der ihm, mit menſchenfreundlichen<lb/><hi rendition="#et">Blicken,</hi></l><lb/> <l>Dieſes erwiederte: Folge mir nicht, doch verweile dich<lb/><hi rendition="#et">kuͤnftig</hi></l><lb/> <l>Mehr als ſonſt um Golgathas Huͤgel, da wirſt du |die<lb/><hi rendition="#et">Hoffnung</hi></l><lb/> <l>Abrahams und der Propheten mit deinen Augen erbli-<lb/><hi rendition="#et">cken.</hi></l><lb/> <l>Jndem JEſus zu Samma ſo ſprach, da wandte ſich<lb/><hi rendition="#et">Joel</hi></l><lb/> <l>Zu Johannes, und ſagte zu ihm, |mit |ſchuͤchterner Un-<lb/><hi rendition="#et">ſchuld:</hi></l><lb/> <l>Ach du lieber Mann, fuͤhre du mich zum groſſen Propheten,</l><lb/> <l>Daß er mich hoͤre, du kenneſt ihn ja. Der zaͤrtliche<lb/><hi rendition="#et">Juͤnger</hi></l><lb/> <l>Nahm ihn, und fuͤhrt ihn zu JEſu, da ſagt er in ſeiner<lb/><hi rendition="#et">Unſchuld:</hi></l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>GOttes Prophet, ſo kann denn mein Vater und ich<lb/><hi rendition="#et">dir nicht folgen?</hi></l><lb/> <l>Aber, o darf ichs wohl ſagen, warum verweileſt du itzo</l><lb/> <l>Hier, wo mein jugendlich Blut vor den Graͤbern der<lb/><hi rendition="#et">Todten erſtarret?</hi></l><lb/> <l>Komm doch, du goͤttlicher Mann, in meines Vaters Be-<lb/><hi rendition="#et">hauſung.</hi></l><lb/> <l>Dich ſoll hier meine verlaſſene Mutter mit Demuth be-<lb/><hi rendition="#et">dienen.</hi></l><lb/> <l>Milch und Honig, die lieblichſten Fruͤchte von unſeren<lb/><hi rendition="#et">Baͤumen,</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">Sollſt</fw><lb/> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [55/0059]
Zweyter Geſang.
Alſo ſagt er, und ſchlung ſich mit |bruͤnſtigen zitternden
Armen
Um den Erloͤſer, der ihm, mit menſchenfreundlichen
Blicken,
Dieſes erwiederte: Folge mir nicht, doch verweile dich
kuͤnftig
Mehr als ſonſt um Golgathas Huͤgel, da wirſt du |die
Hoffnung
Abrahams und der Propheten mit deinen Augen erbli-
cken.
Jndem JEſus zu Samma ſo ſprach, da wandte ſich
Joel
Zu Johannes, und ſagte zu ihm, |mit |ſchuͤchterner Un-
ſchuld:
Ach du lieber Mann, fuͤhre du mich zum groſſen Propheten,
Daß er mich hoͤre, du kenneſt ihn ja. Der zaͤrtliche
Juͤnger
Nahm ihn, und fuͤhrt ihn zu JEſu, da ſagt er in ſeiner
Unſchuld:
GOttes Prophet, ſo kann denn mein Vater und ich
dir nicht folgen?
Aber, o darf ichs wohl ſagen, warum verweileſt du itzo
Hier, wo mein jugendlich Blut vor den Graͤbern der
Todten erſtarret?
Komm doch, du goͤttlicher Mann, in meines Vaters Be-
hauſung.
Dich ſoll hier meine verlaſſene Mutter mit Demuth be-
dienen.
Milch und Honig, die lieblichſten Fruͤchte von unſeren
Baͤumen,
Sollſt
D 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |