Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

O, weine nicht! Es ist, in diesem höhern Leben,
Für sanfte Menschlichkeit viel Lohn,
Viel grosser Lohn! und Kronen bey dem Ziele,
Das ich so früh ergrif!
Du eilst mit hohem Blick, doch länger ist die Laufbahn!
Mein König, diesem Ziele zu!
Die Menschlichkeit, dieß größte Lob der Erde!
Ihr Glück, ihr Lob ist dein.
Ich schwebe jeden Tag, den du, durch sie, verewigst,
Dein ganzes Leben, um dich her!
Auch dieß ist Lohn des früherrungnen Zieles,
Zu sehen, was du thust.
Ein solcher Tag ist mehr, als viele lange Leben,
Die sonst ein Sterblicher verlebt!
Wer edel herrscht, hat doch, stürb' er auch früher,
Jahrhunderte gelebt!
Ich schreibe jede That, hier wurd ihr Antlitz heller,
Und himmlischlächelnd stand sie auf,
Ins grosse Buch, woraus einst Engel richten;
Und nenne sie vor Gott!

[Abbildung]

Her-

O, weine nicht! Es iſt, in dieſem hoͤhern Leben,
Fuͤr ſanfte Menſchlichkeit viel Lohn,
Viel groſſer Lohn! und Kronen bey dem Ziele,
Das ich ſo fruͤh ergrif!
Du eilſt mit hohem Blick, doch laͤnger iſt die Laufbahn!
Mein Koͤnig, dieſem Ziele zu!
Die Menſchlichkeit, dieß groͤßte Lob der Erde!
Ihr Gluͤck, ihr Lob iſt dein.
Ich ſchwebe jeden Tag, den du, durch ſie, verewigſt,
Dein ganzes Leben, um dich her!
Auch dieß iſt Lohn des fruͤherrungnen Zieles,
Zu ſehen, was du thuſt.
Ein ſolcher Tag iſt mehr, als viele lange Leben,
Die ſonſt ein Sterblicher verlebt!
Wer edel herrſcht, hat doch, ſtuͤrb’ er auch fruͤher,
Jahrhunderte gelebt!
Ich ſchreibe jede That, hier wurd ihr Antlitz heller,
Und himmliſchlaͤchelnd ſtand ſie auf,
Ins groſſe Buch, woraus einſt Engel richten;
Und nenne ſie vor Gott!

[Abbildung]

Her-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0116" n="108"/>
            <lg n="55">
              <l><hi rendition="#in">O</hi>, weine nicht! Es i&#x017F;t, in die&#x017F;em ho&#x0364;hern Leben,</l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;r &#x017F;anfte Men&#x017F;chlichkeit viel Lohn,</l><lb/>
              <l>Viel gro&#x017F;&#x017F;er Lohn! und Kronen bey dem Ziele,</l><lb/>
              <l>Das ich &#x017F;o fru&#x0364;h ergrif!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="56">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>u eil&#x017F;t mit hohem Blick, doch la&#x0364;nger i&#x017F;t die Laufbahn!</l><lb/>
              <l>Mein Ko&#x0364;nig, die&#x017F;em Ziele zu!</l><lb/>
              <l>Die Men&#x017F;chlichkeit, dieß gro&#x0364;ßte Lob der Erde!</l><lb/>
              <l>Ihr Glu&#x0364;ck, ihr Lob i&#x017F;t dein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="57">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch &#x017F;chwebe jeden Tag, den du, durch &#x017F;ie, verewig&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Dein ganzes Leben, um dich her!</l><lb/>
              <l>Auch dieß i&#x017F;t Lohn des fru&#x0364;herrungnen Zieles,</l><lb/>
              <l>Zu &#x017F;ehen, was du thu&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="58">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>in &#x017F;olcher Tag i&#x017F;t mehr, als viele lange Leben,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;on&#x017F;t ein Sterblicher verlebt!</l><lb/>
              <l>Wer edel herr&#x017F;cht, hat doch, &#x017F;tu&#x0364;rb&#x2019; er auch fru&#x0364;her,</l><lb/>
              <l>Jahrhunderte gelebt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="59">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch &#x017F;chreibe jede That, hier wurd ihr Antlitz heller,</l><lb/>
              <l>Und himmli&#x017F;chla&#x0364;chelnd &#x017F;tand &#x017F;ie auf,</l><lb/>
              <l>Ins gro&#x017F;&#x017F;e Buch, woraus ein&#x017F;t Engel richten;</l><lb/>
              <l>Und nenne &#x017F;ie vor Gott!</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <figure/>
        </div>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Her-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0116] O, weine nicht! Es iſt, in dieſem hoͤhern Leben, Fuͤr ſanfte Menſchlichkeit viel Lohn, Viel groſſer Lohn! und Kronen bey dem Ziele, Das ich ſo fruͤh ergrif! Du eilſt mit hohem Blick, doch laͤnger iſt die Laufbahn! Mein Koͤnig, dieſem Ziele zu! Die Menſchlichkeit, dieß groͤßte Lob der Erde! Ihr Gluͤck, ihr Lob iſt dein. Ich ſchwebe jeden Tag, den du, durch ſie, verewigſt, Dein ganzes Leben, um dich her! Auch dieß iſt Lohn des fruͤherrungnen Zieles, Zu ſehen, was du thuſt. Ein ſolcher Tag iſt mehr, als viele lange Leben, Die ſonſt ein Sterblicher verlebt! Wer edel herrſcht, hat doch, ſtuͤrb’ er auch fruͤher, Jahrhunderte gelebt! Ich ſchreibe jede That, hier wurd ihr Antlitz heller, Und himmliſchlaͤchelnd ſtand ſie auf, Ins groſſe Buch, woraus einſt Engel richten; Und nenne ſie vor Gott! [Abbildung] Her-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/116
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/116>, abgerufen am 22.12.2024.