Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Nacht der Welten, wie wir im dunkeln Worte schaun
Den, der ewig ist!
So schaun wir in dir, geheimnißvolle Nacht,
Den, der ewig ist!
Hier steh ich Erde! was ist mein Leib,
Gegen diese selbst den Engeln unzählbare Welten!
Was sind diese selbst den Engeln unzählbare Welten,
Gegen meine Seele!
Ihr, der Unsterblichen, ihr, der Erlösten
Bist du näher, als den Welten!
Denn sie denken, sie fühlen
Deine Gegenwart nicht.
Mit stillem Ernste dank ich dir,
Wenn ich sie denke!
Mit Freudenthränen mit namloser Wonne
Dank' ich, o Vater! dir, wenn ich sie fühle!
Augenblicke deiner Erbarmungen,
O Vater, sinds, wenn du das himmelvolle Gefühl
Deiner Allgegenwart
In meine Seele strahlst.
Ein solcher Augenblick,
Algegenwärtiger,
Ist ein Jahrhundert
Voll Seligkeit!

Meine

Nacht der Welten, wie wir im dunkeln Worte ſchaun
Den, der ewig iſt!
So ſchaun wir in dir, geheimnißvolle Nacht,
Den, der ewig iſt!
Hier ſteh ich Erde! was iſt mein Leib,
Gegen dieſe ſelbſt den Engeln unzaͤhlbare Welten!
Was ſind dieſe ſelbſt den Engeln unzaͤhlbare Welten,
Gegen meine Seele!
Ihr, der Unſterblichen, ihr, der Erloͤſten
Biſt du naͤher, als den Welten!
Denn ſie denken, ſie fuͤhlen
Deine Gegenwart nicht.
Mit ſtillem Ernſte dank ich dir,
Wenn ich ſie denke!
Mit Freudenthraͤnen mit namloſer Wonne
Dank’ ich, o Vater! dir, wenn ich ſie fuͤhle!
Augenblicke deiner Erbarmungen,
O Vater, ſinds, wenn du das himmelvolle Gefuͤhl
Deiner Allgegenwart
In meine Seele ſtrahlſt.
Ein ſolcher Augenblick,
Algegenwaͤrtiger,
Iſt ein Jahrhundert
Voll Seligkeit!

Meine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0024" n="16"/>
            <lg n="65">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>acht der Welten, wie wir im dunkeln Worte &#x017F;chaun</l><lb/>
              <l>Den, der ewig i&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>So &#x017F;chaun wir in dir, geheimnißvolle Nacht,</l><lb/>
              <l>Den, der ewig i&#x017F;t!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="66">
              <l><hi rendition="#in">H</hi>ier &#x017F;teh ich Erde! was i&#x017F;t mein Leib,</l><lb/>
              <l>Gegen die&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t den Engeln unza&#x0364;hlbare Welten!</l><lb/>
              <l>Was &#x017F;ind die&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t den Engeln unza&#x0364;hlbare Welten,</l><lb/>
              <l>Gegen meine Seele!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="67">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>hr, der Un&#x017F;terblichen, ihr, der Erlo&#x0364;&#x017F;ten</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t du na&#x0364;her, als den Welten!</l><lb/>
              <l>Denn &#x017F;ie denken, &#x017F;ie fu&#x0364;hlen</l><lb/>
              <l>Deine Gegenwart nicht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="68">
              <l><hi rendition="#in">M</hi>it &#x017F;tillem Ern&#x017F;te dank ich dir,</l><lb/>
              <l>Wenn ich &#x017F;ie denke!</l><lb/>
              <l>Mit Freudenthra&#x0364;nen mit namlo&#x017F;er Wonne</l><lb/>
              <l>Dank&#x2019; ich, o Vater! dir, wenn ich &#x017F;ie fu&#x0364;hle!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="69">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>ugenblicke deiner Erbarmungen,</l><lb/>
              <l>O Vater, &#x017F;inds, wenn du das himmelvolle Gefu&#x0364;hl</l><lb/>
              <l>Deiner Allgegenwart</l><lb/>
              <l>In meine Seele &#x017F;trahl&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="70">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>in &#x017F;olcher Augenblick,</l><lb/>
              <l>Algegenwa&#x0364;rtiger,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t ein Jahrhundert</l><lb/>
              <l>Voll Seligkeit!</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Meine</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0024] Nacht der Welten, wie wir im dunkeln Worte ſchaun Den, der ewig iſt! So ſchaun wir in dir, geheimnißvolle Nacht, Den, der ewig iſt! Hier ſteh ich Erde! was iſt mein Leib, Gegen dieſe ſelbſt den Engeln unzaͤhlbare Welten! Was ſind dieſe ſelbſt den Engeln unzaͤhlbare Welten, Gegen meine Seele! Ihr, der Unſterblichen, ihr, der Erloͤſten Biſt du naͤher, als den Welten! Denn ſie denken, ſie fuͤhlen Deine Gegenwart nicht. Mit ſtillem Ernſte dank ich dir, Wenn ich ſie denke! Mit Freudenthraͤnen mit namloſer Wonne Dank’ ich, o Vater! dir, wenn ich ſie fuͤhle! Augenblicke deiner Erbarmungen, O Vater, ſinds, wenn du das himmelvolle Gefuͤhl Deiner Allgegenwart In meine Seele ſtrahlſt. Ein ſolcher Augenblick, Algegenwaͤrtiger, Iſt ein Jahrhundert Voll Seligkeit! Meine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/24
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/24>, abgerufen am 22.12.2024.