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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Zeitungen. -- Telegraphische Depeschen.
der Zeitungsnachrichten oder zusammenhängender, durch meh-
rere Nummern laufender Erzählungen hergestellt werden. Viel-
mehr kann auch der Abdruck einzelner Nachrichten von ge-
ringem Umfange eine Verletzung des geistigen Eigenthumes des
Herausgebers involviren, wenn an den ausschliesslichen Besitz
dieser Nachrichten sich ein vermögensrechtliches Interesse knüpft.
Dies ist der Fall bei den telegraphischen Depeschen,
die sowohl in Bezug auf die Kosten des Unternehmens, als
auch in Bezug auf den Absatz und die Verbreitung des Blattes
wesentlich ins Gewicht fallen.

Die Kölnische Zeitung brachte in ihrer Nummer vom 2. April
1865 zur Sprache, dass ein an demselben Orte erscheinendes
Blatt, welches zwei Stunden nach der Kölnischen Zeitung aus-
gegeben wurde, die telegraphischen Depeschen der letztern so-
gar ohne Angabe der Quelle regelmässig nachdruckte. Sie
stellte dies Verfahren dadurch an den Pranger, dass sie von
ihrer Nummer zum 1. April einen besondern Abdruck für
ihre Collegin hatte herstellen lassen, in welchem erfundene und
in scherzhafter Weise veränderte Depeschen den echten substi-
tuirt waren, die denn auch in gewohnter Hast ohne alle Prü-
fung von dem zwei Stunden später erscheinenden Blatte über-
nommen wurden. Es ist indess nicht zu bezweifeln, dass der
hier signalisirte Nachdruck auch unter das Verbot des Gesetzes
fällt. Denn wenn das Gesetz vom 11. Juni 1837 in den §§. 1. 2
verbietet "eine bereits herausgegebene Schrift ganz oder
theilweise
nachzudrucken", so muss dies auch von dem
Nachdruck der telegraphischen Depeschen der Zeitungen gel-
ten, die ja in den grösseren Hauptstädten als besondere Schrif-
ten von den sogenannten Depeschenbureaus herausgegeben
werden.

Ebenso versteht sich, dass ein strafbarer Nachdruck nicht
mehr vorliegt, wenn das vermögensrechtliche Interesse an der
ausschliesslichen Vervielfältigung der Depeschen aufgehört hat;
und dies wird meist schon am folgenden Tage der Fall sein.

Es muss hiernach behauptet werden, dass es keinesweges
an ausreichenden Rechtsnormen für den Schutz des geistigen
Eigenthumes an dem Inhalte der Zeitungen fehlt. Vielmehr
führt die logische Anwendung der für das Schrifteigenthum
überhaupt gegebenen Vorschriften auf den vorliegenden Fall
zu einem ganz sachgemässen und für den Verkehr durchaus

Zeitungen. — Telegraphische Depeschen.
der Zeitungsnachrichten oder zusammenhängender, durch meh-
rere Nummern laufender Erzählungen hergestellt werden. Viel-
mehr kann auch der Abdruck einzelner Nachrichten von ge-
ringem Umfange eine Verletzung des geistigen Eigenthumes des
Herausgebers involviren, wenn an den ausschliesslichen Besitz
dieser Nachrichten sich ein vermögensrechtliches Interesse knüpft.
Dies ist der Fall bei den telegraphischen Depeschen,
die sowohl in Bezug auf die Kosten des Unternehmens, als
auch in Bezug auf den Absatz und die Verbreitung des Blattes
wesentlich ins Gewicht fallen.

Die Kölnische Zeitung brachte in ihrer Nummer vom 2. April
1865 zur Sprache, dass ein an demselben Orte erscheinendes
Blatt, welches zwei Stunden nach der Kölnischen Zeitung aus-
gegeben wurde, die telegraphischen Depeschen der letztern so-
gar ohne Angabe der Quelle regelmässig nachdruckte. Sie
stellte dies Verfahren dadurch an den Pranger, dass sie von
ihrer Nummer zum 1. April einen besondern Abdruck für
ihre Collegin hatte herstellen lassen, in welchem erfundene und
in scherzhafter Weise veränderte Depeschen den echten substi-
tuirt waren, die denn auch in gewohnter Hast ohne alle Prü-
fung von dem zwei Stunden später erscheinenden Blatte über-
nommen wurden. Es ist indess nicht zu bezweifeln, dass der
hier signalisirte Nachdruck auch unter das Verbot des Gesetzes
fällt. Denn wenn das Gesetz vom 11. Juni 1837 in den §§. 1. 2
verbietet »eine bereits herausgegebene Schrift ganz oder
theilweise
nachzudrucken«, so muss dies auch von dem
Nachdruck der telegraphischen Depeschen der Zeitungen gel-
ten, die ja in den grösseren Hauptstädten als besondere Schrif-
ten von den sogenannten Depeschenbureaus herausgegeben
werden.

Ebenso versteht sich, dass ein strafbarer Nachdruck nicht
mehr vorliegt, wenn das vermögensrechtliche Interesse an der
ausschliesslichen Vervielfältigung der Depeschen aufgehört hat;
und dies wird meist schon am folgenden Tage der Fall sein.

Es muss hiernach behauptet werden, dass es keinesweges
an ausreichenden Rechtsnormen für den Schutz des geistigen
Eigenthumes an dem Inhalte der Zeitungen fehlt. Vielmehr
führt die logische Anwendung der für das Schrifteigenthum
überhaupt gegebenen Vorschriften auf den vorliegenden Fall
zu einem ganz sachgemässen und für den Verkehr durchaus

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[157/0173] Zeitungen. — Telegraphische Depeschen. der Zeitungsnachrichten oder zusammenhängender, durch meh- rere Nummern laufender Erzählungen hergestellt werden. Viel- mehr kann auch der Abdruck einzelner Nachrichten von ge- ringem Umfange eine Verletzung des geistigen Eigenthumes des Herausgebers involviren, wenn an den ausschliesslichen Besitz dieser Nachrichten sich ein vermögensrechtliches Interesse knüpft. Dies ist der Fall bei den telegraphischen Depeschen, die sowohl in Bezug auf die Kosten des Unternehmens, als auch in Bezug auf den Absatz und die Verbreitung des Blattes wesentlich ins Gewicht fallen. Die Kölnische Zeitung brachte in ihrer Nummer vom 2. April 1865 zur Sprache, dass ein an demselben Orte erscheinendes Blatt, welches zwei Stunden nach der Kölnischen Zeitung aus- gegeben wurde, die telegraphischen Depeschen der letztern so- gar ohne Angabe der Quelle regelmässig nachdruckte. Sie stellte dies Verfahren dadurch an den Pranger, dass sie von ihrer Nummer zum 1. April einen besondern Abdruck für ihre Collegin hatte herstellen lassen, in welchem erfundene und in scherzhafter Weise veränderte Depeschen den echten substi- tuirt waren, die denn auch in gewohnter Hast ohne alle Prü- fung von dem zwei Stunden später erscheinenden Blatte über- nommen wurden. Es ist indess nicht zu bezweifeln, dass der hier signalisirte Nachdruck auch unter das Verbot des Gesetzes fällt. Denn wenn das Gesetz vom 11. Juni 1837 in den §§. 1. 2 verbietet »eine bereits herausgegebene Schrift ganz oder theilweise nachzudrucken«, so muss dies auch von dem Nachdruck der telegraphischen Depeschen der Zeitungen gel- ten, die ja in den grösseren Hauptstädten als besondere Schrif- ten von den sogenannten Depeschenbureaus herausgegeben werden. Ebenso versteht sich, dass ein strafbarer Nachdruck nicht mehr vorliegt, wenn das vermögensrechtliche Interesse an der ausschliesslichen Vervielfältigung der Depeschen aufgehört hat; und dies wird meist schon am folgenden Tage der Fall sein. Es muss hiernach behauptet werden, dass es keinesweges an ausreichenden Rechtsnormen für den Schutz des geistigen Eigenthumes an dem Inhalte der Zeitungen fehlt. Vielmehr führt die logische Anwendung der für das Schrifteigenthum überhaupt gegebenen Vorschriften auf den vorliegenden Fall zu einem ganz sachgemässen und für den Verkehr durchaus

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/173>, abgerufen am 24.11.2024.