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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Musikalische Compositionen.
Combination von Worten, sondern von Gedanken, deren Mit-
theilung und Reproduction durch die angewendeten Wortver-
bindungen vermittelt wird. Das Object bleibt dasselbe, auch
wenn dieselbe Gedankenfolge unverändert durch andere Mittel
des Ausdruckes reproduzirt wird.

Bei den musikalischen Compositionen dagegen besteht der
Inhalt nicht in Gedanken, sondern in einer Zusammenstellung
von sinnlichen Tönen und die Noten bezeichnen unmittelbar
diese Töne nach ihrer Höhe und ihrem Zeitmaasse, so dass man
nur mit denselben Noten in derselben Aufeinanderfolge dieselbe
Musik wiedergeben kann. Allerdings findet auch hier eine
Veränderung nach bestimmten Regeln statt, wenn dieselbe Mu-
sik in einer veränderten Tonhöhe, oder durch ein anderes In-
strument wiedergegeben werden soll. Ferner besteht die Musik
ausser der Combination aufeinanderfolgender Töne (Melodie)
auch aus der Combination gleichzeitiger Töne (Harmonie). Die
Harmonie ist jedoch, so weit sie eine wesentliche ist, zugleich
eine nothwendig gegebene, folglich nicht für die Identität des
Musikstückes bestimmend. Man kann also die Tonart, die
Instrumentation und die Harmonie eines Musikstückes verän-
dern, ohne die rechtliche Identität desselben aufzuheben. Letz-
tere besteht in der Identität der Melodie. Dabei darf
indess unter der Melodie nur die gesammte Aufeinanderfolge
der Töne des Musikstückes verstanden werden, nicht das mu-
sikalische Grundthema. Es ist nämlich möglich, eine Melodie
so zu verändern, sei es durch Veränderung des Rhythmus, oder
durch Wiederholung einzelner Tonfolgen, oder durch Abände-
rung einzelner Töne, sei es endlich durch gleichzeitige Anwen-
dung dieser drei Abänderungsarten, dass die abgeänderte Me-
lodie eine Verwandtschaft zu der ursprünglichen -- dem Thema
-- behält und als eine Variation des letzteren bezeichnet
werden kann. Ein Musikstück besteht in der Regel aus einer
solchen Verarbeitung eines oder mehrerer Themas. Die Iden-
tität des Musikstückes wird aber keinesweges durch die Gleich-
heit des Themas gegeben und die veränderte Benutzung eines
fremden Themas zu einer neuen Melodie oder einer Variation
kann zwar ein Plagiat, aber nicht die Verletzung eines geisti-
gen Eigenthumes im juristischen Verstande darstellen 1).

1) Blanc Traite de la contrefacon en tous genres 4. ed. p. 242.

Musikalische Compositionen.
Combination von Worten, sondern von Gedanken, deren Mit-
theilung und Reproduction durch die angewendeten Wortver-
bindungen vermittelt wird. Das Object bleibt dasselbe, auch
wenn dieselbe Gedankenfolge unverändert durch andere Mittel
des Ausdruckes reproduzirt wird.

Bei den musikalischen Compositionen dagegen besteht der
Inhalt nicht in Gedanken, sondern in einer Zusammenstellung
von sinnlichen Tönen und die Noten bezeichnen unmittelbar
diese Töne nach ihrer Höhe und ihrem Zeitmaasse, so dass man
nur mit denselben Noten in derselben Aufeinanderfolge dieselbe
Musik wiedergeben kann. Allerdings findet auch hier eine
Veränderung nach bestimmten Regeln statt, wenn dieselbe Mu-
sik in einer veränderten Tonhöhe, oder durch ein anderes In-
strument wiedergegeben werden soll. Ferner besteht die Musik
ausser der Combination aufeinanderfolgender Töne (Melodie)
auch aus der Combination gleichzeitiger Töne (Harmonie). Die
Harmonie ist jedoch, so weit sie eine wesentliche ist, zugleich
eine nothwendig gegebene, folglich nicht für die Identität des
Musikstückes bestimmend. Man kann also die Tonart, die
Instrumentation und die Harmonie eines Musikstückes verän-
dern, ohne die rechtliche Identität desselben aufzuheben. Letz-
tere besteht in der Identität der Melodie. Dabei darf
indess unter der Melodie nur die gesammte Aufeinanderfolge
der Töne des Musikstückes verstanden werden, nicht das mu-
sikalische Grundthema. Es ist nämlich möglich, eine Melodie
so zu verändern, sei es durch Veränderung des Rhythmus, oder
durch Wiederholung einzelner Tonfolgen, oder durch Abände-
rung einzelner Töne, sei es endlich durch gleichzeitige Anwen-
dung dieser drei Abänderungsarten, dass die abgeänderte Me-
lodie eine Verwandtschaft zu der ursprünglichen — dem Thema
— behält und als eine Variation des letzteren bezeichnet
werden kann. Ein Musikstück besteht in der Regel aus einer
solchen Verarbeitung eines oder mehrerer Themas. Die Iden-
tität des Musikstückes wird aber keinesweges durch die Gleich-
heit des Themas gegeben und die veränderte Benutzung eines
fremden Themas zu einer neuen Melodie oder einer Variation
kann zwar ein Plagiat, aber nicht die Verletzung eines geisti-
gen Eigenthumes im juristischen Verstande darstellen 1).

1) Blanc Traité de la contrefaçon en tous genres 4. ed. p. 242.
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[173/0189] Musikalische Compositionen. Combination von Worten, sondern von Gedanken, deren Mit- theilung und Reproduction durch die angewendeten Wortver- bindungen vermittelt wird. Das Object bleibt dasselbe, auch wenn dieselbe Gedankenfolge unverändert durch andere Mittel des Ausdruckes reproduzirt wird. Bei den musikalischen Compositionen dagegen besteht der Inhalt nicht in Gedanken, sondern in einer Zusammenstellung von sinnlichen Tönen und die Noten bezeichnen unmittelbar diese Töne nach ihrer Höhe und ihrem Zeitmaasse, so dass man nur mit denselben Noten in derselben Aufeinanderfolge dieselbe Musik wiedergeben kann. Allerdings findet auch hier eine Veränderung nach bestimmten Regeln statt, wenn dieselbe Mu- sik in einer veränderten Tonhöhe, oder durch ein anderes In- strument wiedergegeben werden soll. Ferner besteht die Musik ausser der Combination aufeinanderfolgender Töne (Melodie) auch aus der Combination gleichzeitiger Töne (Harmonie). Die Harmonie ist jedoch, so weit sie eine wesentliche ist, zugleich eine nothwendig gegebene, folglich nicht für die Identität des Musikstückes bestimmend. Man kann also die Tonart, die Instrumentation und die Harmonie eines Musikstückes verän- dern, ohne die rechtliche Identität desselben aufzuheben. Letz- tere besteht in der Identität der Melodie. Dabei darf indess unter der Melodie nur die gesammte Aufeinanderfolge der Töne des Musikstückes verstanden werden, nicht das mu- sikalische Grundthema. Es ist nämlich möglich, eine Melodie so zu verändern, sei es durch Veränderung des Rhythmus, oder durch Wiederholung einzelner Tonfolgen, oder durch Abände- rung einzelner Töne, sei es endlich durch gleichzeitige Anwen- dung dieser drei Abänderungsarten, dass die abgeänderte Me- lodie eine Verwandtschaft zu der ursprünglichen — dem Thema — behält und als eine Variation des letzteren bezeichnet werden kann. Ein Musikstück besteht in der Regel aus einer solchen Verarbeitung eines oder mehrerer Themas. Die Iden- tität des Musikstückes wird aber keinesweges durch die Gleich- heit des Themas gegeben und die veränderte Benutzung eines fremden Themas zu einer neuen Melodie oder einer Variation kann zwar ein Plagiat, aber nicht die Verletzung eines geisti- gen Eigenthumes im juristischen Verstande darstellen 1). 1) Blanc Traité de la contrefaçon en tous genres 4. ed. p. 242.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/189>, abgerufen am 21.11.2024.