VI. Entstehung und Endigung. §. 22. Zeit der Entstehung.
Die Anmeldung zur öffentlichen Eintragung, wo solche mit der ersten Veröffentlichung nach den gesetzlichen Vorschriften verbunden werden muss, hat eine doppelte Wirkung in Bezug auf die Erwerbung des geistigen Eigenthumes. Zunächst übt sie eine erhaltende Wirkung, indem die zur gehörigen Zeit ge- schehene Anmeldung dem Verluste des Rechtes vorbeugt, wel- cher in Folge der unangemeldeten Veröffentlichung eintreten würde. Ausserdem tritt aber in vielen Fällen eine umgestal- tende Wirkung durch die öffentliche Anmeldung ein. Die Ver- äusserlichkeit des geistigen Eigenthumes an Kunstwerken hängt nach Preussischem Rechte von der vorherigen Anmeldung bei dem Cultus-Ministerium ab (Gesetz vom 11. März 1837 §. 27), ebenso kann nach Englischem Rechte das geistige Eigenthum an einer Erfindung erst nach der Anmeldung bei dem Patentamte wirksam an einen Andern übertragen werden. Die Anmeldung selbst kann -- mit Ausnahme der Einführungspatente -- nur der Erfinder in eigenem Namen bewirken1). In denjenigen Ländern, in welchen das blosse Anmeldungssystem nach dem Vorbilde der französischen Patentgesetzgebung Geltung hat, wo also der erste Patentsucher als fingirter Urheber angesehen wird (oben S. 232), hat die Anmeldung der Erfindung zur Patentirung eine noch grös- sere Bedeutung, indem durch die Erfüllung dieser Förmlichkeit allein das geistige Eigenthum an der Erfindung erworben wird. Nach der französischen Gesetzgebung ist die geistige Hervor- bringung der Erfindung von keinem Einflusse auf die Erwer- bung des Patentschutzes, da sie weder Bedingung oder Erwer- bung ist, noch die Verleihung eines Patentes an einen Andern, der dasselbe früher nachgesucht hat, ausschliessen kann2). Das- selbe gilt von dem Schutze der Waarenmuster nach dem fran- zösischen Decret vom 18. März 1806.
Endlich ist der Zeitpunct der Endigung des geistigen Ei- genthumes vielfach von dem Zeitpuncte der Anmeldung ab- hängig, indem der Lauf der Schutzfrist von diesem Termine an gerechnet wird, wie dies in den meisten Patentgesetzgebun- gen der Fall ist. Auch in denjenigen Fällen, wo der Lauf der Schutzfrist von der ersten Veröffentlichung gezählt wird, wie
1) Godson, A Treatise on the law of patents for inventions p. 26 sq. Webster, The new patent law p. 109 (a).
2) Renouard, Traite des brevets d'invention p. 312.
VI. Entstehung und Endigung. §. 22. Zeit der Entstehung.
Die Anmeldung zur öffentlichen Eintragung, wo solche mit der ersten Veröffentlichung nach den gesetzlichen Vorschriften verbunden werden muss, hat eine doppelte Wirkung in Bezug auf die Erwerbung des geistigen Eigenthumes. Zunächst übt sie eine erhaltende Wirkung, indem die zur gehörigen Zeit ge- schehene Anmeldung dem Verluste des Rechtes vorbeugt, wel- cher in Folge der unangemeldeten Veröffentlichung eintreten würde. Ausserdem tritt aber in vielen Fällen eine umgestal- tende Wirkung durch die öffentliche Anmeldung ein. Die Ver- äusserlichkeit des geistigen Eigenthumes an Kunstwerken hängt nach Preussischem Rechte von der vorherigen Anmeldung bei dem Cultus-Ministerium ab (Gesetz vom 11. März 1837 §. 27), ebenso kann nach Englischem Rechte das geistige Eigenthum an einer Erfindung erst nach der Anmeldung bei dem Patentamte wirksam an einen Andern übertragen werden. Die Anmeldung selbst kann — mit Ausnahme der Einführungspatente — nur der Erfinder in eigenem Namen bewirken1). In denjenigen Ländern, in welchen das blosse Anmeldungssystem nach dem Vorbilde der französischen Patentgesetzgebung Geltung hat, wo also der erste Patentsucher als fingirter Urheber angesehen wird (oben S. 232), hat die Anmeldung der Erfindung zur Patentirung eine noch grös- sere Bedeutung, indem durch die Erfüllung dieser Förmlichkeit allein das geistige Eigenthum an der Erfindung erworben wird. Nach der französischen Gesetzgebung ist die geistige Hervor- bringung der Erfindung von keinem Einflusse auf die Erwer- bung des Patentschutzes, da sie weder Bedingung oder Erwer- bung ist, noch die Verleihung eines Patentes an einen Andern, der dasselbe früher nachgesucht hat, ausschliessen kann2). Das- selbe gilt von dem Schutze der Waarenmuster nach dem fran- zösischen Decret vom 18. März 1806.
Endlich ist der Zeitpunct der Endigung des geistigen Ei- genthumes vielfach von dem Zeitpuncte der Anmeldung ab- hängig, indem der Lauf der Schutzfrist von diesem Termine an gerechnet wird, wie dies in den meisten Patentgesetzgebun- gen der Fall ist. Auch in denjenigen Fällen, wo der Lauf der Schutzfrist von der ersten Veröffentlichung gezählt wird, wie
1) Godson, A Treatise on the law of patents for inventions p. 26 sq. Webster, The new patent law p. 109 (a).
2) Renouard, Traité des brevets d’invention p. 312.
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VI. Entstehung und Endigung. §. 22. Zeit der Entstehung.
Die Anmeldung zur öffentlichen Eintragung, wo solche mit
der ersten Veröffentlichung nach den gesetzlichen Vorschriften
verbunden werden muss, hat eine doppelte Wirkung in Bezug
auf die Erwerbung des geistigen Eigenthumes. Zunächst übt
sie eine erhaltende Wirkung, indem die zur gehörigen Zeit ge-
schehene Anmeldung dem Verluste des Rechtes vorbeugt, wel-
cher in Folge der unangemeldeten Veröffentlichung eintreten
würde. Ausserdem tritt aber in vielen Fällen eine umgestal-
tende Wirkung durch die öffentliche Anmeldung ein. Die Ver-
äusserlichkeit des geistigen Eigenthumes an Kunstwerken hängt
nach Preussischem Rechte von der vorherigen Anmeldung bei
dem Cultus-Ministerium ab (Gesetz vom 11. März 1837 §. 27),
ebenso kann nach Englischem Rechte das geistige Eigenthum an
einer Erfindung erst nach der Anmeldung bei dem Patentamte
wirksam an einen Andern übertragen werden. Die Anmeldung
selbst kann — mit Ausnahme der Einführungspatente — nur der
Erfinder in eigenem Namen bewirken 1). In denjenigen Ländern,
in welchen das blosse Anmeldungssystem nach dem Vorbilde der
französischen Patentgesetzgebung Geltung hat, wo also der erste
Patentsucher als fingirter Urheber angesehen wird (oben S. 232),
hat die Anmeldung der Erfindung zur Patentirung eine noch grös-
sere Bedeutung, indem durch die Erfüllung dieser Förmlichkeit
allein das geistige Eigenthum an der Erfindung erworben wird.
Nach der französischen Gesetzgebung ist die geistige Hervor-
bringung der Erfindung von keinem Einflusse auf die Erwer-
bung des Patentschutzes, da sie weder Bedingung oder Erwer-
bung ist, noch die Verleihung eines Patentes an einen Andern,
der dasselbe früher nachgesucht hat, ausschliessen kann 2). Das-
selbe gilt von dem Schutze der Waarenmuster nach dem fran-
zösischen Decret vom 18. März 1806.
Endlich ist der Zeitpunct der Endigung des geistigen Ei-
genthumes vielfach von dem Zeitpuncte der Anmeldung ab-
hängig, indem der Lauf der Schutzfrist von diesem Termine
an gerechnet wird, wie dies in den meisten Patentgesetzgebun-
gen der Fall ist. Auch in denjenigen Fällen, wo der Lauf der
Schutzfrist von der ersten Veröffentlichung gezählt wird, wie
1) Godson, A Treatise on the law of patents for inventions
p. 26 sq. Webster, The new patent law p. 109 (a).
2) Renouard, Traité des brevets d’invention p. 312.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/256>, abgerufen am 21.11.2024.
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