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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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VII. Der Verlagsvertrag. §. 33. Leistungen des Autors.
Auffassung ist nicht in das heutige Recht übergegangen. Wie
also heutzutage gegen den Geometer und den Chemiker, gegen
den Architecten und den Maler auf Erfüllung der übernom-
menen wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeiten geklagt
werden kann, so auch gegen den Schriftsteller.

Man ist auch nur zu geneigt zu übersehen, dass unter den
schriftstellerischen Arbeiten, welche den Gegenstand von Ver-
lagsverträgen bilden, neben den Werken des freien geistigen
Schaffens eine grosse Zahl von fast fungiblen Leistungen figu-
rirt, wie z. B. die Uebersetzungen aus fremden Sprachen, die
Redaction eines Kalenders, einer Maass- oder Gewichtstabelle,
eines Coursbuches u. dgl., an deren Erzwingbarkeit, soweit
Handlungen überhaupt erzwungen werden können, nicht zu
zweifeln ist.

Die Klage gegen den Autor muss daher, soweit die Er-
füllung des Verlagsvertrages noch möglich ist, und soweit der
Zweck der Publication noch erreicht werden kann, auf Liefe-
rung des bedungenen Werkes gerichtet werden. Erst wenn
feststeht, dass der Verlagsvertrag überhaupt nicht, oder doch
nicht mehr nach der Absicht der Contrahenten erfüllt werden kann,
darf unmittelbar auf die Leistung des Interesses geklagt werden.

Die Execution des Urtheils folgt ebenfalls den all-
gemeinen Regeln über die Vollstreckung der auf die Leistung
von Handlungen gerichteten Urtheile. Es findet also sowohl
nach Gemeinem als nach Preussischem Rechte ein unmittel-
barer Zwang zur Erfüllung, so lange diese noch factisch mög-
lich ist, statt, wobei im gegebenen Falle der richterlichen Be-
urtheilung überlassen bleibt, ob die geforderte schriftstellerische
oder künstlerische Leistung sich durch ihre Beschaffenheit dem
persönlichen Zwange entzieht. Erst wenn die zulässigen Zwangs-
mittel erschöpft sind, oder der Gläubiger auf deren Anwendung
verzichtet, erfolgt die Substitution des Geldwerthes, welcher
aus dem Vermögen des Schuldners beigetrieben wird. Nach
Preussischem Rechte hat alsdann der Gläubiger die Wahl, ob
er die Erfüllung auf Kosten des Autors durch einen Dritten
bewirken oder sein Interesse liquidiren will1). Dies Wahlrecht

1) Verordnung über die Execution in Civilsachen vom 4. März
1834 (Gesetzsamml. S. 31).
§. 9. Soll eine Handlung geleistet werden, so steht dem Berech-

VII. Der Verlagsvertrag. §. 33. Leistungen des Autors.
Auffassung ist nicht in das heutige Recht übergegangen. Wie
also heutzutage gegen den Geometer und den Chemiker, gegen
den Architecten und den Maler auf Erfüllung der übernom-
menen wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeiten geklagt
werden kann, so auch gegen den Schriftsteller.

Man ist auch nur zu geneigt zu übersehen, dass unter den
schriftstellerischen Arbeiten, welche den Gegenstand von Ver-
lagsverträgen bilden, neben den Werken des freien geistigen
Schaffens eine grosse Zahl von fast fungiblen Leistungen figu-
rirt, wie z. B. die Uebersetzungen aus fremden Sprachen, die
Redaction eines Kalenders, einer Maass- oder Gewichtstabelle,
eines Coursbuches u. dgl., an deren Erzwingbarkeit, soweit
Handlungen überhaupt erzwungen werden können, nicht zu
zweifeln ist.

Die Klage gegen den Autor muss daher, soweit die Er-
füllung des Verlagsvertrages noch möglich ist, und soweit der
Zweck der Publication noch erreicht werden kann, auf Liefe-
rung des bedungenen Werkes gerichtet werden. Erst wenn
feststeht, dass der Verlagsvertrag überhaupt nicht, oder doch
nicht mehr nach der Absicht der Contrahenten erfüllt werden kann,
darf unmittelbar auf die Leistung des Interesses geklagt werden.

Die Execution des Urtheils folgt ebenfalls den all-
gemeinen Regeln über die Vollstreckung der auf die Leistung
von Handlungen gerichteten Urtheile. Es findet also sowohl
nach Gemeinem als nach Preussischem Rechte ein unmittel-
barer Zwang zur Erfüllung, so lange diese noch factisch mög-
lich ist, statt, wobei im gegebenen Falle der richterlichen Be-
urtheilung überlassen bleibt, ob die geforderte schriftstellerische
oder künstlerische Leistung sich durch ihre Beschaffenheit dem
persönlichen Zwange entzieht. Erst wenn die zulässigen Zwangs-
mittel erschöpft sind, oder der Gläubiger auf deren Anwendung
verzichtet, erfolgt die Substitution des Geldwerthes, welcher
aus dem Vermögen des Schuldners beigetrieben wird. Nach
Preussischem Rechte hat alsdann der Gläubiger die Wahl, ob
er die Erfüllung auf Kosten des Autors durch einen Dritten
bewirken oder sein Interesse liquidiren will1). Dies Wahlrecht

1) Verordnung über die Execution in Civilsachen vom 4. März
1834 (Gesetzsamml. S. 31).
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[358/0374] VII. Der Verlagsvertrag. §. 33. Leistungen des Autors. Auffassung ist nicht in das heutige Recht übergegangen. Wie also heutzutage gegen den Geometer und den Chemiker, gegen den Architecten und den Maler auf Erfüllung der übernom- menen wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeiten geklagt werden kann, so auch gegen den Schriftsteller. Man ist auch nur zu geneigt zu übersehen, dass unter den schriftstellerischen Arbeiten, welche den Gegenstand von Ver- lagsverträgen bilden, neben den Werken des freien geistigen Schaffens eine grosse Zahl von fast fungiblen Leistungen figu- rirt, wie z. B. die Uebersetzungen aus fremden Sprachen, die Redaction eines Kalenders, einer Maass- oder Gewichtstabelle, eines Coursbuches u. dgl., an deren Erzwingbarkeit, soweit Handlungen überhaupt erzwungen werden können, nicht zu zweifeln ist. Die Klage gegen den Autor muss daher, soweit die Er- füllung des Verlagsvertrages noch möglich ist, und soweit der Zweck der Publication noch erreicht werden kann, auf Liefe- rung des bedungenen Werkes gerichtet werden. Erst wenn feststeht, dass der Verlagsvertrag überhaupt nicht, oder doch nicht mehr nach der Absicht der Contrahenten erfüllt werden kann, darf unmittelbar auf die Leistung des Interesses geklagt werden. Die Execution des Urtheils folgt ebenfalls den all- gemeinen Regeln über die Vollstreckung der auf die Leistung von Handlungen gerichteten Urtheile. Es findet also sowohl nach Gemeinem als nach Preussischem Rechte ein unmittel- barer Zwang zur Erfüllung, so lange diese noch factisch mög- lich ist, statt, wobei im gegebenen Falle der richterlichen Be- urtheilung überlassen bleibt, ob die geforderte schriftstellerische oder künstlerische Leistung sich durch ihre Beschaffenheit dem persönlichen Zwange entzieht. Erst wenn die zulässigen Zwangs- mittel erschöpft sind, oder der Gläubiger auf deren Anwendung verzichtet, erfolgt die Substitution des Geldwerthes, welcher aus dem Vermögen des Schuldners beigetrieben wird. Nach Preussischem Rechte hat alsdann der Gläubiger die Wahl, ob er die Erfüllung auf Kosten des Autors durch einen Dritten bewirken oder sein Interesse liquidiren will 1). Dies Wahlrecht 1) Verordnung über die Execution in Civilsachen vom 4. März 1834 (Gesetzsamml. S. 31). §. 9. Soll eine Handlung geleistet werden, so steht dem Berech-

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/374>, abgerufen am 21.11.2024.