Auch das Preussische Gesetz vom 11. Juni 1837 hatte im §. 24 denselben Grundsatz aufgestellt. Das Gesetz vom 20. Februar 1854 dagegen bestimmt unter Aufhebung des §. 24 cit.:
§. 1. Wird ein Kunstwerk, das durch die Malerei oder eine der zeichnenden Künste hervorgebracht ist, mittelst der plastischen Kunst oder umgekehrt dargestellt, so ist eine solche Darstellung nur dann als eine verbotene Nachbil- dung zu betrachten, wenn sie auf rein mechanischem Wege erfolgt.
Bei der Nachbildung in einer andern Kunstgattung wird also zum Thatbestande des Nachdrucks erfordert, dass nicht bloss die Nachbildung auf mechanischem Wege vervielfältigt wird -- denn dies ist auch sonst zum Begriffe des verbotenen Nachdruckes erforderlich -- sondern dass die Reproduction in der anderen Kunstgattung ursprünglich auf rein mechanischem Wege d. h. mit blosser Hülfe von Werkzeugen, ohne freie Zeich- nung oder Modellirung erfolgt ist. Dies ergeben ausser dem Wortlaute des Gesetzes auch die Kammerverhandlungen, aus welchen hervorgeht, dass zu dem erlassenen Verbote die Er- findung der Reliefcopiermaschiene Anlass gegeben hatte, ver- mittelst deren plastische Kunstwerke unmittelbar in Zeichnun- gen vervielfältigt werden.
Das Verbot trifft ausser dieser sogenannten Collasmanier auch die photographische Abbildung plastischer Kunstwerke. Dagegen ist es undenkbar, dass ein Werk der zeichnenden Kunst auf rein mechanischem Wege in plastischer Form wie- der gegeben werden könnte.
In den übrigen deutschen Staaten, deren Gesetzgebung die Nachbildung in einer andern Kunstgattung weder ausdrück- lich zulässt noch verbietet, besteht ebenso wie in Frankreich vielfach Meinungsverschiedenheit darüber, ob eine solche Nach- bildung unter das Verbot des Nachdrucks fällt 1). Der rich- tigen Meinung nach muss diese Frage insoweit bejaht werden als überhaupt ein Kunstwerk der einen Hauptgattung in der andern seinem wesentlichen Inhalte nach reproduzirt werden
1) Wächter, das Verlagsrecht Th. II S. 582 f. -- Harum, Oester- reich. Pressgesetzgebung S. 209. -- Friedländer, der Rechtsschutz ge- gen Nachdruck S. 55. -- Gambastide, Traite des contrefacons p. 299 sq. -- Blanc, Traite de la contrefacon p. 304.
VIII. Nachdruck. §. 38. Unbefugte Nachbildung.
Auch das Preussische Gesetz vom 11. Juni 1837 hatte im §. 24 denselben Grundsatz aufgestellt. Das Gesetz vom 20. Februar 1854 dagegen bestimmt unter Aufhebung des §. 24 cit.:
§. 1. Wird ein Kunstwerk, das durch die Malerei oder eine der zeichnenden Künste hervorgebracht ist, mittelst der plastischen Kunst oder umgekehrt dargestellt, so ist eine solche Darstellung nur dann als eine verbotene Nachbil- dung zu betrachten, wenn sie auf rein mechanischem Wege erfolgt.
Bei der Nachbildung in einer andern Kunstgattung wird also zum Thatbestande des Nachdrucks erfordert, dass nicht bloss die Nachbildung auf mechanischem Wege vervielfältigt wird — denn dies ist auch sonst zum Begriffe des verbotenen Nachdruckes erforderlich — sondern dass die Reproduction in der anderen Kunstgattung ursprünglich auf rein mechanischem Wege d. h. mit blosser Hülfe von Werkzeugen, ohne freie Zeich- nung oder Modellirung erfolgt ist. Dies ergeben ausser dem Wortlaute des Gesetzes auch die Kammerverhandlungen, aus welchen hervorgeht, dass zu dem erlassenen Verbote die Er- findung der Reliefcopiermaschiene Anlass gegeben hatte, ver- mittelst deren plastische Kunstwerke unmittelbar in Zeichnun- gen vervielfältigt werden.
Das Verbot trifft ausser dieser sogenannten Collasmanier auch die photographische Abbildung plastischer Kunstwerke. Dagegen ist es undenkbar, dass ein Werk der zeichnenden Kunst auf rein mechanischem Wege in plastischer Form wie- der gegeben werden könnte.
In den übrigen deutschen Staaten, deren Gesetzgebung die Nachbildung in einer andern Kunstgattung weder ausdrück- lich zulässt noch verbietet, besteht ebenso wie in Frankreich vielfach Meinungsverschiedenheit darüber, ob eine solche Nach- bildung unter das Verbot des Nachdrucks fällt 1). Der rich- tigen Meinung nach muss diese Frage insoweit bejaht werden als überhaupt ein Kunstwerk der einen Hauptgattung in der andern seinem wesentlichen Inhalte nach reproduzirt werden
1) Wächter, das Verlagsrecht Th. II S. 582 f. — Harum, Oester- reich. Pressgesetzgebung S. 209. — Friedländer, der Rechtsschutz ge- gen Nachdruck S. 55. — Gambastide, Traité des contrefaçons p. 299 sq. — Blanc, Traité de la contrefaçon p. 304.
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VIII. Nachdruck. §. 38. Unbefugte Nachbildung.
Auch das Preussische Gesetz vom 11. Juni 1837 hatte im
§. 24 denselben Grundsatz aufgestellt. Das Gesetz vom 20.
Februar 1854 dagegen bestimmt unter Aufhebung des §. 24 cit.:
§. 1. Wird ein Kunstwerk, das durch die Malerei oder
eine der zeichnenden Künste hervorgebracht ist, mittelst der
plastischen Kunst oder umgekehrt dargestellt, so ist eine
solche Darstellung nur dann als eine verbotene Nachbil-
dung zu betrachten, wenn sie auf rein mechanischem Wege
erfolgt.
Bei der Nachbildung in einer andern Kunstgattung wird
also zum Thatbestande des Nachdrucks erfordert, dass nicht
bloss die Nachbildung auf mechanischem Wege vervielfältigt
wird — denn dies ist auch sonst zum Begriffe des verbotenen
Nachdruckes erforderlich — sondern dass die Reproduction in
der anderen Kunstgattung ursprünglich auf rein mechanischem
Wege d. h. mit blosser Hülfe von Werkzeugen, ohne freie Zeich-
nung oder Modellirung erfolgt ist. Dies ergeben ausser dem
Wortlaute des Gesetzes auch die Kammerverhandlungen, aus
welchen hervorgeht, dass zu dem erlassenen Verbote die Er-
findung der Reliefcopiermaschiene Anlass gegeben hatte, ver-
mittelst deren plastische Kunstwerke unmittelbar in Zeichnun-
gen vervielfältigt werden.
Das Verbot trifft ausser dieser sogenannten Collasmanier
auch die photographische Abbildung plastischer Kunstwerke.
Dagegen ist es undenkbar, dass ein Werk der zeichnenden
Kunst auf rein mechanischem Wege in plastischer Form wie-
der gegeben werden könnte.
In den übrigen deutschen Staaten, deren Gesetzgebung
die Nachbildung in einer andern Kunstgattung weder ausdrück-
lich zulässt noch verbietet, besteht ebenso wie in Frankreich
vielfach Meinungsverschiedenheit darüber, ob eine solche Nach-
bildung unter das Verbot des Nachdrucks fällt 1). Der rich-
tigen Meinung nach muss diese Frage insoweit bejaht werden
als überhaupt ein Kunstwerk der einen Hauptgattung in der
andern seinem wesentlichen Inhalte nach reproduzirt werden
1) Wächter, das Verlagsrecht Th. II S. 582 f. — Harum, Oester-
reich. Pressgesetzgebung S. 209. — Friedländer, der Rechtsschutz ge-
gen Nachdruck S. 55. — Gambastide, Traité des contrefaçons p. 299 sq.
— Blanc, Traité de la contrefaçon p. 304.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/404>, abgerufen am 16.07.2024.
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