Diese eine Ausnahme betrifft die Vereinigten Staaten von Nordamerika, welche noch gegenwärtig sich weigern, für den Nach- druck der englischen, deutschen und französischen Werke, mit denen sie ihren Büchermarkt versorgen, einen Preis zu zahlen und deren Gesetzgebung noch heute das literarische Eigen- thum an einem im Auslande verlegten Werke vollkommen schutzlos lässt. Wiederholte Anträge auf Anerkennung des ausländischen schriftstellerischen Eigenthumes wurden von dem Congresse abgelehnt und als die Regierung der Vereinigten Staaten im Jahre 1853 mit der englischen Regierung einen Vertrag über internationales Verlagsrecht schloss, wurde der- selbe von dem nordamerikanischen Senate verworfen.
Die Streitschrift eines damaligen Verlegers und seitdem -- mit wie vielem Rechte bleibe unerörtert -- berühmt geworde- nen amerikanischen Nationalökonomen über diesen Gegenstand (Briefe über schriftstellerisches Eigenthum von H. C. Carey) ist ganz neuerdings in einer deutschen Uebersetzung1) heraus- gegeben. Mag auch der Anlass dieser Publication allein in der Tagesberühmtheit des Verfassers zu suchen sein, so ge- währt sie doch das befremdende Schauspiel, dass die auch in Amerika hoffentlich bald überwundenen Ansichten eines New- yorker Verlegers uns als der neueste Fortschritt der sozialen Wissenschaft vorgelegt werden und dass der rechtsverjährte Besitzstand des schriftstellerischen Eigenthumes mit denselben Scheingründen angefochten wird, welche seit geraumer Zeit und von verschiedenen Seiten gegen den noch wenig entwickelten Rechtsschutz der Erfindungen vorgebracht werden.
F. Bastiat sagt, er würde sich ohne Zweifel dem Abzäunen der Ländereien widersetzt haben, wenn er zur Zeit der Ein- führung des Grundeigenthumes gelebt hätte. Doch beeilt er sich zu erklären, dass er grosses Unrecht daran gethan hätte, weil die gegenwärtige Civilisation erst vom Tage der Abschaf- fung des freien Triftrechtes datire.
Von demselben Standpunkte kann man es erklärlich fin- den, dass am Tage vor der Anerkennung des internationalen Verlagsrechtes ein amerikanischer Buchhändler die Grundlagen des geistigen Eigenthumes in Zweifel zieht. Die einzige Be- lehrung aber, die wir aus seinen Zweifeln ziehen können, ist
1) Von Dührings, Berlin, Verlag von Albert Eichhoff. 1866.
Vertheidiger des Nachdrucks.
Diese eine Ausnahme betrifft die Vereinigten Staaten von Nordamerika, welche noch gegenwärtig sich weigern, für den Nach- druck der englischen, deutschen und französischen Werke, mit denen sie ihren Büchermarkt versorgen, einen Preis zu zahlen und deren Gesetzgebung noch heute das literarische Eigen- thum an einem im Auslande verlegten Werke vollkommen schutzlos lässt. Wiederholte Anträge auf Anerkennung des ausländischen schriftstellerischen Eigenthumes wurden von dem Congresse abgelehnt und als die Regierung der Vereinigten Staaten im Jahre 1853 mit der englischen Regierung einen Vertrag über internationales Verlagsrecht schloss, wurde der- selbe von dem nordamerikanischen Senate verworfen.
Die Streitschrift eines damaligen Verlegers und seitdem — mit wie vielem Rechte bleibe unerörtert — berühmt geworde- nen amerikanischen Nationalökonomen über diesen Gegenstand (Briefe über schriftstellerisches Eigenthum von H. C. Carey) ist ganz neuerdings in einer deutschen Uebersetzung1) heraus- gegeben. Mag auch der Anlass dieser Publication allein in der Tagesberühmtheit des Verfassers zu suchen sein, so ge- währt sie doch das befremdende Schauspiel, dass die auch in Amerika hoffentlich bald überwundenen Ansichten eines New- yorker Verlegers uns als der neueste Fortschritt der sozialen Wissenschaft vorgelegt werden und dass der rechtsverjährte Besitzstand des schriftstellerischen Eigenthumes mit denselben Scheingründen angefochten wird, welche seit geraumer Zeit und von verschiedenen Seiten gegen den noch wenig entwickelten Rechtsschutz der Erfindungen vorgebracht werden.
F. Bastiat sagt, er würde sich ohne Zweifel dem Abzäunen der Ländereien widersetzt haben, wenn er zur Zeit der Ein- führung des Grundeigenthumes gelebt hätte. Doch beeilt er sich zu erklären, dass er grosses Unrecht daran gethan hätte, weil die gegenwärtige Civilisation erst vom Tage der Abschaf- fung des freien Triftrechtes datire.
Von demselben Standpunkte kann man es erklärlich fin- den, dass am Tage vor der Anerkennung des internationalen Verlagsrechtes ein amerikanischer Buchhändler die Grundlagen des geistigen Eigenthumes in Zweifel zieht. Die einzige Be- lehrung aber, die wir aus seinen Zweifeln ziehen können, ist
1) Von Dührings, Berlin, Verlag von Albert Eichhoff. 1866.
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Vertheidiger des Nachdrucks.
Diese eine Ausnahme betrifft die Vereinigten Staaten von
Nordamerika, welche noch gegenwärtig sich weigern, für den Nach-
druck der englischen, deutschen und französischen Werke, mit
denen sie ihren Büchermarkt versorgen, einen Preis zu zahlen
und deren Gesetzgebung noch heute das literarische Eigen-
thum an einem im Auslande verlegten Werke vollkommen
schutzlos lässt. Wiederholte Anträge auf Anerkennung des
ausländischen schriftstellerischen Eigenthumes wurden von dem
Congresse abgelehnt und als die Regierung der Vereinigten
Staaten im Jahre 1853 mit der englischen Regierung einen
Vertrag über internationales Verlagsrecht schloss, wurde der-
selbe von dem nordamerikanischen Senate verworfen.
Die Streitschrift eines damaligen Verlegers und seitdem —
mit wie vielem Rechte bleibe unerörtert — berühmt geworde-
nen amerikanischen Nationalökonomen über diesen Gegenstand
(Briefe über schriftstellerisches Eigenthum von H. C. Carey)
ist ganz neuerdings in einer deutschen Uebersetzung 1) heraus-
gegeben. Mag auch der Anlass dieser Publication allein in
der Tagesberühmtheit des Verfassers zu suchen sein, so ge-
währt sie doch das befremdende Schauspiel, dass die auch in
Amerika hoffentlich bald überwundenen Ansichten eines New-
yorker Verlegers uns als der neueste Fortschritt der sozialen
Wissenschaft vorgelegt werden und dass der rechtsverjährte
Besitzstand des schriftstellerischen Eigenthumes mit denselben
Scheingründen angefochten wird, welche seit geraumer Zeit und
von verschiedenen Seiten gegen den noch wenig entwickelten
Rechtsschutz der Erfindungen vorgebracht werden.
F. Bastiat sagt, er würde sich ohne Zweifel dem Abzäunen
der Ländereien widersetzt haben, wenn er zur Zeit der Ein-
führung des Grundeigenthumes gelebt hätte. Doch beeilt er
sich zu erklären, dass er grosses Unrecht daran gethan hätte,
weil die gegenwärtige Civilisation erst vom Tage der Abschaf-
fung des freien Triftrechtes datire.
Von demselben Standpunkte kann man es erklärlich fin-
den, dass am Tage vor der Anerkennung des internationalen
Verlagsrechtes ein amerikanischer Buchhändler die Grundlagen
des geistigen Eigenthumes in Zweifel zieht. Die einzige Be-
lehrung aber, die wir aus seinen Zweifeln ziehen können, ist
1) Von Dührings, Berlin, Verlag von Albert Eichhoff. 1866.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/41>, abgerufen am 21.11.2024.
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