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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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II. Verfahren. §. 8. Verschiedene Systeme.
können. Der Erfinder steht ferner nicht mehr den Einwendun-
gen der prüfenden Behörde gegenüber, welche in den Ländern
des Vorprüfungsverfahrens zugleich die Rolle des Opponenten
und des Richters übernimmt. Er ist im Stande, auf die ihm
gegenüber gestellten Einwendungen zu antworten und die Ent-
scheidung erfolgt auf Grund der von beiden Seiten geltend ge-
machten Gründe durch einen Richter, welcher selbst keine Par-
teirolle übernimmt. (Vergl. Bd. I S. 197.)

Die Vorzüge dieses Aufgebotsverfahrens haben in dem Eng-
lischen Rechte sich nur erst in geringem Umfange geltend
machen können, weil diese Neuerung in dem dort geltenden
Verfahren nur innerhalb enger Grenzen, gewissermassen nur
als ein schüchterner Versuch eingeführt worden ist. Das Pa-
tentgesuch wird bei dem Aufrufe zur Anmeldung der Einwen-
dungen nur seinem allgemeinen Titel nach bekannt gemacht
und die Frist zur Anbringung der Einreden beträgt nur 21
Tage. Ueber die angemeldeten Einsprüche findet auch in der
Regel kein streng contradictorisches Verfahren statt. Der Kron-
anwalt hört in der Regel beide Theile getrennt. Die Beschrei-
bungen der Erfindungen, über deren Identität oder Priorität
gestritten wird, werden nur dem untersuchenden Beamten, nicht
aber dem Gegner mitgetheilt.

Wenn also das nachgesuchte Patent beispielsweise als
"ein neues Verfahren zur Entsilberung des Bleis" aufgerufen
wird, so muss derjenige, welcher im Besitze eines eben solchen
Verfahrens ist, dasselbe dem Kronanwalt mittheilen und seiner
Prüfung überlassen, ob es mit dem des Patentsuchers identisch
ist. Er erhält keine Kenntniss von der seitens des Patentsu-
chers eingereichten Beschreibung und ist daher ungefähr in
der Lage Jemandes, der das Eigenthum an einem als gefun-
den aufgerufenen Gegenstand reclamirt und gehalten ist, den-
selben ungesehen zu beschreiben.

Auf der andern Seite gewährt der erfolgte Aufruf dem
Patentinhaber nach Englischem Rechte keinen Schutz gegen
spätere Einwendungen, welche gegen die Neuheit oder die Prio-
rität seiner Erfindung erhoben werden. Führt das Verfahren
zur Ertheilung des Patentes, so wird damit keine Präclusion
der nicht angemeldeten Einsprüche verbunden. Es wird also
dem Erfinder nicht der Vortheil gewährt, die Neuheit und Ei-
genthümlichkeit seiner Erfindung einmal für alle Male zu be-

II. Verfahren. §. 8. Verschiedene Systeme.
können. Der Erfinder steht ferner nicht mehr den Einwendun-
gen der prüfenden Behörde gegenüber, welche in den Ländern
des Vorprüfungsverfahrens zugleich die Rolle des Opponenten
und des Richters übernimmt. Er ist im Stande, auf die ihm
gegenüber gestellten Einwendungen zu antworten und die Ent-
scheidung erfolgt auf Grund der von beiden Seiten geltend ge-
machten Gründe durch einen Richter, welcher selbst keine Par-
teirolle übernimmt. (Vergl. Bd. I S. 197.)

Die Vorzüge dieses Aufgebotsverfahrens haben in dem Eng-
lischen Rechte sich nur erst in geringem Umfange geltend
machen können, weil diese Neuerung in dem dort geltenden
Verfahren nur innerhalb enger Grenzen, gewissermassen nur
als ein schüchterner Versuch eingeführt worden ist. Das Pa-
tentgesuch wird bei dem Aufrufe zur Anmeldung der Einwen-
dungen nur seinem allgemeinen Titel nach bekannt gemacht
und die Frist zur Anbringung der Einreden beträgt nur 21
Tage. Ueber die angemeldeten Einsprüche findet auch in der
Regel kein streng contradictorisches Verfahren statt. Der Kron-
anwalt hört in der Regel beide Theile getrennt. Die Beschrei-
bungen der Erfindungen, über deren Identität oder Priorität
gestritten wird, werden nur dem untersuchenden Beamten, nicht
aber dem Gegner mitgetheilt.

Wenn also das nachgesuchte Patent beispielsweise als
»ein neues Verfahren zur Entsilberung des Bleis« aufgerufen
wird, so muss derjenige, welcher im Besitze eines eben solchen
Verfahrens ist, dasselbe dem Kronanwalt mittheilen und seiner
Prüfung überlassen, ob es mit dem des Patentsuchers identisch
ist. Er erhält keine Kenntniss von der seitens des Patentsu-
chers eingereichten Beschreibung und ist daher ungefähr in
der Lage Jemandes, der das Eigenthum an einem als gefun-
den aufgerufenen Gegenstand reclamirt und gehalten ist, den-
selben ungesehen zu beschreiben.

Auf der andern Seite gewährt der erfolgte Aufruf dem
Patentinhaber nach Englischem Rechte keinen Schutz gegen
spätere Einwendungen, welche gegen die Neuheit oder die Prio-
rität seiner Erfindung erhoben werden. Führt das Verfahren
zur Ertheilung des Patentes, so wird damit keine Präclusion
der nicht angemeldeten Einsprüche verbunden. Es wird also
dem Erfinder nicht der Vortheil gewährt, die Neuheit und Ei-
genthümlichkeit seiner Erfindung einmal für alle Male zu be-

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[84/0111] II. Verfahren. §. 8. Verschiedene Systeme. können. Der Erfinder steht ferner nicht mehr den Einwendun- gen der prüfenden Behörde gegenüber, welche in den Ländern des Vorprüfungsverfahrens zugleich die Rolle des Opponenten und des Richters übernimmt. Er ist im Stande, auf die ihm gegenüber gestellten Einwendungen zu antworten und die Ent- scheidung erfolgt auf Grund der von beiden Seiten geltend ge- machten Gründe durch einen Richter, welcher selbst keine Par- teirolle übernimmt. (Vergl. Bd. I S. 197.) Die Vorzüge dieses Aufgebotsverfahrens haben in dem Eng- lischen Rechte sich nur erst in geringem Umfange geltend machen können, weil diese Neuerung in dem dort geltenden Verfahren nur innerhalb enger Grenzen, gewissermassen nur als ein schüchterner Versuch eingeführt worden ist. Das Pa- tentgesuch wird bei dem Aufrufe zur Anmeldung der Einwen- dungen nur seinem allgemeinen Titel nach bekannt gemacht und die Frist zur Anbringung der Einreden beträgt nur 21 Tage. Ueber die angemeldeten Einsprüche findet auch in der Regel kein streng contradictorisches Verfahren statt. Der Kron- anwalt hört in der Regel beide Theile getrennt. Die Beschrei- bungen der Erfindungen, über deren Identität oder Priorität gestritten wird, werden nur dem untersuchenden Beamten, nicht aber dem Gegner mitgetheilt. Wenn also das nachgesuchte Patent beispielsweise als »ein neues Verfahren zur Entsilberung des Bleis« aufgerufen wird, so muss derjenige, welcher im Besitze eines eben solchen Verfahrens ist, dasselbe dem Kronanwalt mittheilen und seiner Prüfung überlassen, ob es mit dem des Patentsuchers identisch ist. Er erhält keine Kenntniss von der seitens des Patentsu- chers eingereichten Beschreibung und ist daher ungefähr in der Lage Jemandes, der das Eigenthum an einem als gefun- den aufgerufenen Gegenstand reclamirt und gehalten ist, den- selben ungesehen zu beschreiben. Auf der andern Seite gewährt der erfolgte Aufruf dem Patentinhaber nach Englischem Rechte keinen Schutz gegen spätere Einwendungen, welche gegen die Neuheit oder die Prio- rität seiner Erfindung erhoben werden. Führt das Verfahren zur Ertheilung des Patentes, so wird damit keine Präclusion der nicht angemeldeten Einsprüche verbunden. Es wird also dem Erfinder nicht der Vortheil gewährt, die Neuheit und Ei- genthümlichkeit seiner Erfindung einmal für alle Male zu be-

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/111>, abgerufen am 23.11.2024.