Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Fahrlässige Nachahmung.
treten kann, wenn die wissentliche Verletzung des Patentes
auf anderem Wege nachgewiesen wird.

Ein fahrlässiger Eingriff in das Patent ist vorhanden,
wenn der Nachahmer sich durch sein Verschulden in Unkennt-
niss von der Existenz des Patentes oder in einem Irrthume
über die begangene Nachahmung befunden hat.

In ersterer Beziehung ist zu bemerken, dass die Patent-
gesetzgebungen, mit einer einzigen Ausnahme dem Publicum
nicht die Kenntniss der ertheilten Patente zur Pflicht machen,
gleichviel in welchem Umfang und durch welche Organe die-
selben veröffentlicht werden. Eine solche Anforderung würde
auch gänzlich unhaltbar erscheinen, wenn man erwägt, dass
in einzelnen Ländern, wie z. B. in Frankreich, Grossbritannien
und den Vereinigten Staaten jährlich 3--5000 Patente ertheilt
werden, während die Zahl der noch laufenden Patente auf das
Zehnfache veranschlagt werden kann. Nur in Oesterreich wird
nach §. 39 des Gesetzes vom 15. August 1852 (oben S. 175)
die Kenntniss der in die offenen Register eingetragenen Patente
präsumirt und der unwissentlich begangene Eingriff in dieselben
als fahrlässige Uebertretung bestraft. In den andern Ländern
schliesst die Unkenntniss des ertheilten Patentes nur dann eine
Fahrlässigkeit ein, wenn die Patentirung in einer solchen Weise
bemerklich gemacht ist, dass sie dem Nachahmer bei hinrei-
chender Sorgfalt nicht entgehen konnte. Dies geschieht vor-
zugsweise durch die Bezeichnung der patentirten Waare oder
ihrer Verpackung mit einer auf das ertheilte Patent bezüglichen
Inschrift und diese Bezeichnung hat besonders Gewicht in
denjenigen Ländern, in welchen die fälschliche Bezeichnung
einer Waare als patentirt mit Strafe bedroht ist, wie dies in
Frankreich und in den Vereinigten Staaten der Fall ist1). In
andern Ländern pflegt der unbefugte Gebrauch der Bezeichnung
"patentirt" in Ankündigungen und Aufschriften von Waaren
so häufig vorzukommen, dass die Nichtbeachtung einer solchen
Bezeichnung allein nicht unter allen Umständen als Fahrläs-
sigkeit angesehen werden kann. Ist die Kenntniss des ertheil-
ten Patentes bewiesen, so kann der Thatbestand einer bloss
fahrlässigen Verletzung zu Gunsten des Nachahmers dadurch

1) Französ. Gesetz v. 5. Juli 1844. Art. 33. -- Nordamer. Statut
v. 29. August 1842. sect. 5.
12

Fahrlässige Nachahmung.
treten kann, wenn die wissentliche Verletzung des Patentes
auf anderem Wege nachgewiesen wird.

Ein fahrlässiger Eingriff in das Patent ist vorhanden,
wenn der Nachahmer sich durch sein Verschulden in Unkennt-
niss von der Existenz des Patentes oder in einem Irrthume
über die begangene Nachahmung befunden hat.

In ersterer Beziehung ist zu bemerken, dass die Patent-
gesetzgebungen, mit einer einzigen Ausnahme dem Publicum
nicht die Kenntniss der ertheilten Patente zur Pflicht machen,
gleichviel in welchem Umfang und durch welche Organe die-
selben veröffentlicht werden. Eine solche Anforderung würde
auch gänzlich unhaltbar erscheinen, wenn man erwägt, dass
in einzelnen Ländern, wie z. B. in Frankreich, Grossbritannien
und den Vereinigten Staaten jährlich 3—5000 Patente ertheilt
werden, während die Zahl der noch laufenden Patente auf das
Zehnfache veranschlagt werden kann. Nur in Oesterreich wird
nach §. 39 des Gesetzes vom 15. August 1852 (oben S. 175)
die Kenntniss der in die offenen Register eingetragenen Patente
präsumirt und der unwissentlich begangene Eingriff in dieselben
als fahrlässige Uebertretung bestraft. In den andern Ländern
schliesst die Unkenntniss des ertheilten Patentes nur dann eine
Fahrlässigkeit ein, wenn die Patentirung in einer solchen Weise
bemerklich gemacht ist, dass sie dem Nachahmer bei hinrei-
chender Sorgfalt nicht entgehen konnte. Dies geschieht vor-
zugsweise durch die Bezeichnung der patentirten Waare oder
ihrer Verpackung mit einer auf das ertheilte Patent bezüglichen
Inschrift und diese Bezeichnung hat besonders Gewicht in
denjenigen Ländern, in welchen die fälschliche Bezeichnung
einer Waare als patentirt mit Strafe bedroht ist, wie dies in
Frankreich und in den Vereinigten Staaten der Fall ist1). In
andern Ländern pflegt der unbefugte Gebrauch der Bezeichnung
»patentirt« in Ankündigungen und Aufschriften von Waaren
so häufig vorzukommen, dass die Nichtbeachtung einer solchen
Bezeichnung allein nicht unter allen Umständen als Fahrläs-
sigkeit angesehen werden kann. Ist die Kenntniss des ertheil-
ten Patentes bewiesen, so kann der Thatbestand einer bloss
fahrlässigen Verletzung zu Gunsten des Nachahmers dadurch

1) Französ. Gesetz v. 5. Juli 1844. Art. 33. — Nordamer. Statut
v. 29. August 1842. sect. 5.
12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0204" n="177"/><fw place="top" type="header">Fahrlässige Nachahmung.</fw><lb/>
treten kann, wenn die wissentliche Verletzung des Patentes<lb/>
auf anderem Wege nachgewiesen wird.</p><lb/>
            <p>Ein <hi rendition="#g">fahrlässiger</hi> Eingriff in das Patent ist vorhanden,<lb/>
wenn der Nachahmer sich durch sein Verschulden in Unkennt-<lb/>
niss von der Existenz des Patentes oder in einem Irrthume<lb/>
über die begangene Nachahmung befunden hat.</p><lb/>
            <p>In ersterer Beziehung ist zu bemerken, dass die Patent-<lb/>
gesetzgebungen, mit einer einzigen Ausnahme dem Publicum<lb/>
nicht die Kenntniss der ertheilten Patente zur Pflicht machen,<lb/>
gleichviel in welchem Umfang und durch welche Organe die-<lb/>
selben veröffentlicht werden. Eine solche Anforderung würde<lb/>
auch gänzlich unhaltbar erscheinen, wenn man erwägt, dass<lb/>
in einzelnen Ländern, wie z. B. in Frankreich, Grossbritannien<lb/>
und den Vereinigten Staaten jährlich 3&#x2014;5000 Patente ertheilt<lb/>
werden, während die Zahl der noch laufenden Patente auf das<lb/>
Zehnfache veranschlagt werden kann. Nur in Oesterreich wird<lb/>
nach §. 39 des Gesetzes vom 15. August 1852 (oben S. 175)<lb/>
die Kenntniss der in die offenen Register eingetragenen Patente<lb/>
präsumirt und der unwissentlich begangene Eingriff in dieselben<lb/>
als fahrlässige Uebertretung bestraft. In den andern Ländern<lb/>
schliesst die Unkenntniss des ertheilten Patentes nur dann eine<lb/>
Fahrlässigkeit ein, wenn die Patentirung in einer solchen Weise<lb/>
bemerklich gemacht ist, dass sie dem Nachahmer bei hinrei-<lb/>
chender Sorgfalt nicht entgehen konnte. Dies geschieht vor-<lb/>
zugsweise durch die Bezeichnung der patentirten Waare oder<lb/>
ihrer Verpackung mit einer auf das ertheilte Patent bezüglichen<lb/>
Inschrift und diese Bezeichnung hat besonders Gewicht in<lb/>
denjenigen Ländern, in welchen die fälschliche Bezeichnung<lb/>
einer Waare als patentirt mit Strafe bedroht ist, wie dies in<lb/>
Frankreich und in den Vereinigten Staaten der Fall ist<note place="foot" n="1)">Französ. Gesetz v. 5. Juli 1844. Art. 33. &#x2014; Nordamer. Statut<lb/>
v. 29. August 1842. sect. 5.</note>. In<lb/>
andern Ländern pflegt der unbefugte Gebrauch der Bezeichnung<lb/>
»patentirt« in Ankündigungen und Aufschriften von Waaren<lb/>
so häufig vorzukommen, dass die Nichtbeachtung einer solchen<lb/>
Bezeichnung allein nicht unter allen Umständen als Fahrläs-<lb/>
sigkeit angesehen werden kann. Ist die Kenntniss des ertheil-<lb/>
ten Patentes bewiesen, so kann der Thatbestand einer bloss<lb/>
fahrlässigen Verletzung zu Gunsten des Nachahmers dadurch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0204] Fahrlässige Nachahmung. treten kann, wenn die wissentliche Verletzung des Patentes auf anderem Wege nachgewiesen wird. Ein fahrlässiger Eingriff in das Patent ist vorhanden, wenn der Nachahmer sich durch sein Verschulden in Unkennt- niss von der Existenz des Patentes oder in einem Irrthume über die begangene Nachahmung befunden hat. In ersterer Beziehung ist zu bemerken, dass die Patent- gesetzgebungen, mit einer einzigen Ausnahme dem Publicum nicht die Kenntniss der ertheilten Patente zur Pflicht machen, gleichviel in welchem Umfang und durch welche Organe die- selben veröffentlicht werden. Eine solche Anforderung würde auch gänzlich unhaltbar erscheinen, wenn man erwägt, dass in einzelnen Ländern, wie z. B. in Frankreich, Grossbritannien und den Vereinigten Staaten jährlich 3—5000 Patente ertheilt werden, während die Zahl der noch laufenden Patente auf das Zehnfache veranschlagt werden kann. Nur in Oesterreich wird nach §. 39 des Gesetzes vom 15. August 1852 (oben S. 175) die Kenntniss der in die offenen Register eingetragenen Patente präsumirt und der unwissentlich begangene Eingriff in dieselben als fahrlässige Uebertretung bestraft. In den andern Ländern schliesst die Unkenntniss des ertheilten Patentes nur dann eine Fahrlässigkeit ein, wenn die Patentirung in einer solchen Weise bemerklich gemacht ist, dass sie dem Nachahmer bei hinrei- chender Sorgfalt nicht entgehen konnte. Dies geschieht vor- zugsweise durch die Bezeichnung der patentirten Waare oder ihrer Verpackung mit einer auf das ertheilte Patent bezüglichen Inschrift und diese Bezeichnung hat besonders Gewicht in denjenigen Ländern, in welchen die fälschliche Bezeichnung einer Waare als patentirt mit Strafe bedroht ist, wie dies in Frankreich und in den Vereinigten Staaten der Fall ist 1). In andern Ländern pflegt der unbefugte Gebrauch der Bezeichnung »patentirt« in Ankündigungen und Aufschriften von Waaren so häufig vorzukommen, dass die Nichtbeachtung einer solchen Bezeichnung allein nicht unter allen Umständen als Fahrläs- sigkeit angesehen werden kann. Ist die Kenntniss des ertheil- ten Patentes bewiesen, so kann der Thatbestand einer bloss fahrlässigen Verletzung zu Gunsten des Nachahmers dadurch 1) Französ. Gesetz v. 5. Juli 1844. Art. 33. — Nordamer. Statut v. 29. August 1842. sect. 5. 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/204
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/204>, abgerufen am 21.11.2024.