Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Muster und Formen. -- Geschmacks- und Gebrauchsmuster.
zunächst nur für Muster von Geweben eingeführt wurde. Nach-
dem derselbe in Frankreich durch die Praxis, in England durch
die neueste Gesetzgebung auf das ganze vorhin erörterte Gebiet
der Waarenfabrikation ausgedehnt worden, wurde derselbe auch
in andern Staaten, namentlich in Nordamerika, Oesterreich
und Russland eingeführt. Doch besteht weder in Bezug auf
die Gegenstände noch auch in Bezug auf das Verfahren bei
der Erwerbung des ausschliesslichen Rechtes, noch endlich in
Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung der Eingriffe in das-
selbe hinreichende Uebereinstimmung, um die verschiedenen
Musterschutzgesetzgebungen aus einem gemeinsamen Gesichts-
punkte aufzufassen.

Während in Frankreich die Gegenstände des Musterschu-
tzes in eigentliche Muster (für Gewebe und andere Textilien)
und in Formen (der Tektonik) unterschieden werden, besteht
in England eine verschiedenartige Gesetzgebung für die zur
Verzierung bestimmten Muster und Formen einerseits und für
die zum materiellen Gebrauche bestimmten Formen andrerseits
und in den übrigen Staaten wird weder zwischen Geschmacks-
und Nützlichkeitsmustern, noch zwischen Mustern und Formen
unterschieden, so dass die Gesetzgebung für alle Gegenstände
des Muster- und Formenschutzes dieselbe ist.

In Bezug auf die Bedingungen der Erwerbung des aus-
schliesslichen Rechtes ist zu bemerken, dass zwar alle Gesetz-
gebungen die Hinterlegung des Waarenmusters vorschreiben,
dass jedoch in Frankreich die Hinterlegung nicht als Bedingung
der Erwerbung, sondern nur der gerichtlichen Verfolgung des
Rechtes aufgefasst wird (vergl. §. 51). Ferner besteht eine
wesentliche Verschiedenheit in Bezug auf die Art der Hinter-
legung, welche in Frankreich in versiegelten Paketen erfolgt,
während in Oesterreich und in Russland die Geheimhaltung
nur für ein Jahr gewährt wird und in England die volle Oef-
fentlichkeit für die Nützlichkeitsmuster, die Geheimhaltung da-
gegen für die Geschmacksmuster vorgeschrieben ist.

Die Dauer des Musterschutzes ist in Frankreich unbegrenzt,
in den übrigen Staaten verschieden, entweder nach der Wahl
des Erfinders (Nordamerika, Russland Oesterreich), oder nach
verschiedenen Klassen von Waaren (England) bemessen.

In Bezug auf die Eingriffe in die ausschliessliche Benutzung
des Waarenmusters stellen die neueren Gesetzgebungen in Eng-

23

Muster und Formen. — Geschmacks- und Gebrauchsmuster.
zunächst nur für Muster von Geweben eingeführt wurde. Nach-
dem derselbe in Frankreich durch die Praxis, in England durch
die neueste Gesetzgebung auf das ganze vorhin erörterte Gebiet
der Waarenfabrikation ausgedehnt worden, wurde derselbe auch
in andern Staaten, namentlich in Nordamerika, Oesterreich
und Russland eingeführt. Doch besteht weder in Bezug auf
die Gegenstände noch auch in Bezug auf das Verfahren bei
der Erwerbung des ausschliesslichen Rechtes, noch endlich in
Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung der Eingriffe in das-
selbe hinreichende Uebereinstimmung, um die verschiedenen
Musterschutzgesetzgebungen aus einem gemeinsamen Gesichts-
punkte aufzufassen.

Während in Frankreich die Gegenstände des Musterschu-
tzes in eigentliche Muster (für Gewebe und andere Textilien)
und in Formen (der Tektonik) unterschieden werden, besteht
in England eine verschiedenartige Gesetzgebung für die zur
Verzierung bestimmten Muster und Formen einerseits und für
die zum materiellen Gebrauche bestimmten Formen andrerseits
und in den übrigen Staaten wird weder zwischen Geschmacks-
und Nützlichkeitsmustern, noch zwischen Mustern und Formen
unterschieden, so dass die Gesetzgebung für alle Gegenstände
des Muster- und Formenschutzes dieselbe ist.

In Bezug auf die Bedingungen der Erwerbung des aus-
schliesslichen Rechtes ist zu bemerken, dass zwar alle Gesetz-
gebungen die Hinterlegung des Waarenmusters vorschreiben,
dass jedoch in Frankreich die Hinterlegung nicht als Bedingung
der Erwerbung, sondern nur der gerichtlichen Verfolgung des
Rechtes aufgefasst wird (vergl. §. 51). Ferner besteht eine
wesentliche Verschiedenheit in Bezug auf die Art der Hinter-
legung, welche in Frankreich in versiegelten Paketen erfolgt,
während in Oesterreich und in Russland die Geheimhaltung
nur für ein Jahr gewährt wird und in England die volle Oef-
fentlichkeit für die Nützlichkeitsmuster, die Geheimhaltung da-
gegen für die Geschmacksmuster vorgeschrieben ist.

Die Dauer des Musterschutzes ist in Frankreich unbegrenzt,
in den übrigen Staaten verschieden, entweder nach der Wahl
des Erfinders (Nordamerika, Russland Oesterreich), oder nach
verschiedenen Klassen von Waaren (England) bemessen.

In Bezug auf die Eingriffe in die ausschliessliche Benutzung
des Waarenmusters stellen die neueren Gesetzgebungen in Eng-

23
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0380" n="353"/><fw place="top" type="header">Muster und Formen. &#x2014; Geschmacks- und Gebrauchsmuster.</fw><lb/>
zunächst nur für Muster von Geweben eingeführt wurde. Nach-<lb/>
dem derselbe in Frankreich durch die Praxis, in England durch<lb/>
die neueste Gesetzgebung auf das ganze vorhin erörterte Gebiet<lb/>
der Waarenfabrikation ausgedehnt worden, wurde derselbe auch<lb/>
in andern Staaten, namentlich in Nordamerika, Oesterreich<lb/>
und Russland eingeführt. Doch besteht weder in Bezug auf<lb/>
die Gegenstände noch auch in Bezug auf das Verfahren bei<lb/>
der Erwerbung des ausschliesslichen Rechtes, noch endlich in<lb/>
Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung der Eingriffe in das-<lb/>
selbe hinreichende Uebereinstimmung, um die verschiedenen<lb/>
Musterschutzgesetzgebungen aus einem gemeinsamen Gesichts-<lb/>
punkte aufzufassen.</p><lb/>
            <p>Während in Frankreich die Gegenstände des Musterschu-<lb/>
tzes in eigentliche Muster (für Gewebe und andere Textilien)<lb/>
und in Formen (der Tektonik) unterschieden werden, besteht<lb/>
in England eine verschiedenartige Gesetzgebung für die zur<lb/>
Verzierung bestimmten Muster und Formen einerseits und für<lb/>
die zum materiellen Gebrauche bestimmten Formen andrerseits<lb/>
und in den übrigen Staaten wird weder zwischen Geschmacks-<lb/>
und Nützlichkeitsmustern, noch zwischen Mustern und Formen<lb/>
unterschieden, so dass die Gesetzgebung für alle Gegenstände<lb/>
des Muster- und Formenschutzes dieselbe ist.</p><lb/>
            <p>In Bezug auf die Bedingungen der Erwerbung des aus-<lb/>
schliesslichen Rechtes ist zu bemerken, dass zwar alle Gesetz-<lb/>
gebungen die Hinterlegung des Waarenmusters vorschreiben,<lb/>
dass jedoch in Frankreich die Hinterlegung nicht als Bedingung<lb/>
der Erwerbung, sondern nur der gerichtlichen Verfolgung des<lb/>
Rechtes aufgefasst wird (vergl. §. 51). Ferner besteht eine<lb/>
wesentliche Verschiedenheit in Bezug auf die Art der Hinter-<lb/>
legung, welche in Frankreich in versiegelten Paketen erfolgt,<lb/>
während in Oesterreich und in Russland die Geheimhaltung<lb/>
nur für ein Jahr gewährt wird und in England die volle Oef-<lb/>
fentlichkeit für die Nützlichkeitsmuster, die Geheimhaltung da-<lb/>
gegen für die Geschmacksmuster vorgeschrieben ist.</p><lb/>
            <p>Die Dauer des Musterschutzes ist in Frankreich unbegrenzt,<lb/>
in den übrigen Staaten verschieden, entweder nach der Wahl<lb/>
des Erfinders (Nordamerika, Russland Oesterreich), oder nach<lb/>
verschiedenen Klassen von Waaren (England) bemessen.</p><lb/>
            <p>In Bezug auf die Eingriffe in die ausschliessliche Benutzung<lb/>
des Waarenmusters stellen die neueren Gesetzgebungen in Eng-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">23</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0380] Muster und Formen. — Geschmacks- und Gebrauchsmuster. zunächst nur für Muster von Geweben eingeführt wurde. Nach- dem derselbe in Frankreich durch die Praxis, in England durch die neueste Gesetzgebung auf das ganze vorhin erörterte Gebiet der Waarenfabrikation ausgedehnt worden, wurde derselbe auch in andern Staaten, namentlich in Nordamerika, Oesterreich und Russland eingeführt. Doch besteht weder in Bezug auf die Gegenstände noch auch in Bezug auf das Verfahren bei der Erwerbung des ausschliesslichen Rechtes, noch endlich in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung der Eingriffe in das- selbe hinreichende Uebereinstimmung, um die verschiedenen Musterschutzgesetzgebungen aus einem gemeinsamen Gesichts- punkte aufzufassen. Während in Frankreich die Gegenstände des Musterschu- tzes in eigentliche Muster (für Gewebe und andere Textilien) und in Formen (der Tektonik) unterschieden werden, besteht in England eine verschiedenartige Gesetzgebung für die zur Verzierung bestimmten Muster und Formen einerseits und für die zum materiellen Gebrauche bestimmten Formen andrerseits und in den übrigen Staaten wird weder zwischen Geschmacks- und Nützlichkeitsmustern, noch zwischen Mustern und Formen unterschieden, so dass die Gesetzgebung für alle Gegenstände des Muster- und Formenschutzes dieselbe ist. In Bezug auf die Bedingungen der Erwerbung des aus- schliesslichen Rechtes ist zu bemerken, dass zwar alle Gesetz- gebungen die Hinterlegung des Waarenmusters vorschreiben, dass jedoch in Frankreich die Hinterlegung nicht als Bedingung der Erwerbung, sondern nur der gerichtlichen Verfolgung des Rechtes aufgefasst wird (vergl. §. 51). Ferner besteht eine wesentliche Verschiedenheit in Bezug auf die Art der Hinter- legung, welche in Frankreich in versiegelten Paketen erfolgt, während in Oesterreich und in Russland die Geheimhaltung nur für ein Jahr gewährt wird und in England die volle Oef- fentlichkeit für die Nützlichkeitsmuster, die Geheimhaltung da- gegen für die Geschmacksmuster vorgeschrieben ist. Die Dauer des Musterschutzes ist in Frankreich unbegrenzt, in den übrigen Staaten verschieden, entweder nach der Wahl des Erfinders (Nordamerika, Russland Oesterreich), oder nach verschiedenen Klassen von Waaren (England) bemessen. In Bezug auf die Eingriffe in die ausschliessliche Benutzung des Waarenmusters stellen die neueren Gesetzgebungen in Eng- 23

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/380
Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/380>, abgerufen am 22.11.2024.