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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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XII. Muster- u. Formenschutz. §. 51. Frankr. u. Rheinpreussen. (Forts.)
gegen Brun, durch welches ein neues Tapetenmuster für ge-
schützt erklärt wurde unter Verwerfung des Einwandes, dass
dasselbe bereits seit 50 Jahren in Posamentierarbeiten ange-
wendet gewesen sei, in Erwägung "dass Marguerie jedenfalls
der Erste gewesen sei, welcher die fraglichen Verzierungen in
der Tapetenfabrikation angewendet habe"1).

Dieser Entscheidung steht jedoch eine grosse Anzahl von
Urtheilen französischer Gerichtshöfe und insbesondere des Pa-
riser Cassationshofes gegenüber, welche den Grundsatz fest-
stellen, dass nur das originale Muster selbst, nicht dessen An-
wendung in neuen Fabrikationszweigen, den Schutz gegen
Nachbildung geniesst2).

Nach der übereinstimmenden Vorschrift der Decrete von
1806 und von 1811 muss eine Probe des Musters in einem
verschlossenen Umschlage auf dem Secretariate des Fabriken-
gerichtes hinterlegt und dort einregistrirt werden. Die Erfül-
lung dieser Form ist nicht Bedingung für die Erwerbung oder
für die Erhaltung des Rechtes, sondern nur für die gerichtliche

1) Stuve, Das industrielle Eigenthum. Elberfeld 1843. S. 28.
2) Vergl. Calmels, De la propriete et de la contrefacon p. 103:
"Un dessin peut etre represente de plusieurs manieres, et le moyen
pour le faire apparaitre est sans influence sur la propriete du trace
meme. On peut le representer, ou sous l'impression de couleurs, comme
pour les indiennes, ou par l'emploi dans le tissage de fils de couleurs
variees, comme pour les chales, ou par le mode meme du tissage, comme
pour les serviettes damassees ou par des reliefs produits sur le tissu,
comme pour certains tricots et quelques etoffes d'ameublement, ou par
des jours menages dans le tissu meme, a l'aide des permutations operees
au passage des aiguilles du metier, comme pour notre espece ou pour
les tulles. Dans toutes ces operations il y un plan concu et arrete
d'avance par le dessinateur, et qu'on reproduit suivant la nature de
l'etoffe, son genre de fabrication et l'objet auquel elle est destinee.
L'idee-mere du dessin est partout la meme."
Unter den zur Unterstützung dieser Ansicht von Calmels a. a. O.
S. 101--106 mitgetheilten Erkenntnissen ist besonders das Urtheil des
Pariser Cassationshofes vom 16. November 1846 (Deville et Carette 1847
p. 33) zu erwähnen, in welchem der Gegensatz zwischen dem Rechte
der Erfindungen, bei dem die neue Anwendung bereits bekannter Mit-
tel ein neues Object des Rechtsschutzes schafft und dem Rechte des
Musterschutzes, nach welchem das neu erfundene Muster in allen mög-
lichen Arten der Anwendung nur ein einziges Object des Rechtsschutzes
bietet, mit grosser Schärfe hervorgehoben wird.

XII. Muster- u. Formenschutz. §. 51. Frankr. u. Rheinpreussen. (Forts.)
gegen Brun, durch welches ein neues Tapetenmuster für ge-
schützt erklärt wurde unter Verwerfung des Einwandes, dass
dasselbe bereits seit 50 Jahren in Posamentierarbeiten ange-
wendet gewesen sei, in Erwägung »dass Marguerie jedenfalls
der Erste gewesen sei, welcher die fraglichen Verzierungen in
der Tapetenfabrikation angewendet habe«1).

Dieser Entscheidung steht jedoch eine grosse Anzahl von
Urtheilen französischer Gerichtshöfe und insbesondere des Pa-
riser Cassationshofes gegenüber, welche den Grundsatz fest-
stellen, dass nur das originale Muster selbst, nicht dessen An-
wendung in neuen Fabrikationszweigen, den Schutz gegen
Nachbildung geniesst2).

Nach der übereinstimmenden Vorschrift der Decrete von
1806 und von 1811 muss eine Probe des Musters in einem
verschlossenen Umschlage auf dem Secretariate des Fabriken-
gerichtes hinterlegt und dort einregistrirt werden. Die Erfül-
lung dieser Form ist nicht Bedingung für die Erwerbung oder
für die Erhaltung des Rechtes, sondern nur für die gerichtliche

1) Stuve, Das industrielle Eigenthum. Elberfeld 1843. S. 28.
2) Vergl. Calmels, De la propriété et de la contrefaçon p. 103:
»Un dessin peut être représenté de plusieurs manières, et le moyen
pour le faire apparaitre est sans influence sur la propriété du tracé
même. On peut le représenter, ou sous l’impression de couleurs, comme
pour les indiennes, ou par l’emploi dans le tissage de fils de couleurs
variées, comme pour les châles, ou par le mode même du tissage, comme
pour les serviettes damassées ou par des reliefs produits sur le tissu,
comme pour certains tricots et quelques étoffes d’ameublement, ou par
des jours ménagés dans le tissu même, à l’aide des permutations opérées
au passage des aiguilles du métier, comme pour notre éspèce ou pour
les tulles. Dans toutes ces opérations il y un plan conçu et arrêté
d’avance par le dessinateur, et qu’on reproduit suivant la nature de
l’étoffe, son genre de fabrication et l’objet auquel elle est destinée.
L’idée-mère du dessin est partout la même.«
Unter den zur Unterstützung dieser Ansicht von Calmels a. a. O.
S. 101—106 mitgetheilten Erkenntnissen ist besonders das Urtheil des
Pariser Cassationshofes vom 16. November 1846 (Deville et Carette 1847
p. 33) zu erwähnen, in welchem der Gegensatz zwischen dem Rechte
der Erfindungen, bei dem die neue Anwendung bereits bekannter Mit-
tel ein neues Object des Rechtsschutzes schafft und dem Rechte des
Musterschutzes, nach welchem das neu erfundene Muster in allen mög-
lichen Arten der Anwendung nur ein einziges Object des Rechtsschutzes
bietet, mit grosser Schärfe hervorgehoben wird.
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[366/0393] XII. Muster- u. Formenschutz. §. 51. Frankr. u. Rheinpreussen. (Forts.) gegen Brun, durch welches ein neues Tapetenmuster für ge- schützt erklärt wurde unter Verwerfung des Einwandes, dass dasselbe bereits seit 50 Jahren in Posamentierarbeiten ange- wendet gewesen sei, in Erwägung »dass Marguerie jedenfalls der Erste gewesen sei, welcher die fraglichen Verzierungen in der Tapetenfabrikation angewendet habe« 1). Dieser Entscheidung steht jedoch eine grosse Anzahl von Urtheilen französischer Gerichtshöfe und insbesondere des Pa- riser Cassationshofes gegenüber, welche den Grundsatz fest- stellen, dass nur das originale Muster selbst, nicht dessen An- wendung in neuen Fabrikationszweigen, den Schutz gegen Nachbildung geniesst 2). Nach der übereinstimmenden Vorschrift der Decrete von 1806 und von 1811 muss eine Probe des Musters in einem verschlossenen Umschlage auf dem Secretariate des Fabriken- gerichtes hinterlegt und dort einregistrirt werden. Die Erfül- lung dieser Form ist nicht Bedingung für die Erwerbung oder für die Erhaltung des Rechtes, sondern nur für die gerichtliche 1) Stuve, Das industrielle Eigenthum. Elberfeld 1843. S. 28. 2) Vergl. Calmels, De la propriété et de la contrefaçon p. 103: »Un dessin peut être représenté de plusieurs manières, et le moyen pour le faire apparaitre est sans influence sur la propriété du tracé même. On peut le représenter, ou sous l’impression de couleurs, comme pour les indiennes, ou par l’emploi dans le tissage de fils de couleurs variées, comme pour les châles, ou par le mode même du tissage, comme pour les serviettes damassées ou par des reliefs produits sur le tissu, comme pour certains tricots et quelques étoffes d’ameublement, ou par des jours ménagés dans le tissu même, à l’aide des permutations opérées au passage des aiguilles du métier, comme pour notre éspèce ou pour les tulles. Dans toutes ces opérations il y un plan conçu et arrêté d’avance par le dessinateur, et qu’on reproduit suivant la nature de l’étoffe, son genre de fabrication et l’objet auquel elle est destinée. L’idée-mère du dessin est partout la même.« Unter den zur Unterstützung dieser Ansicht von Calmels a. a. O. S. 101—106 mitgetheilten Erkenntnissen ist besonders das Urtheil des Pariser Cassationshofes vom 16. November 1846 (Deville et Carette 1847 p. 33) zu erwähnen, in welchem der Gegensatz zwischen dem Rechte der Erfindungen, bei dem die neue Anwendung bereits bekannter Mit- tel ein neues Object des Rechtsschutzes schafft und dem Rechte des Musterschutzes, nach welchem das neu erfundene Muster in allen mög- lichen Arten der Anwendung nur ein einziges Object des Rechtsschutzes bietet, mit grosser Schärfe hervorgehoben wird.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/393>, abgerufen am 22.11.2024.