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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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XII. Muster- u. Formenschutz. §. 51. Frankr. u. Rheinpreussen. (Forts.).
erfolgen, deren nur neun für die ehemals Bergischen Landes-
theile, also für den bei weitem kleineren Theil der Provinz
bestehen. Die Anwendung des Decrets von 1806 würde daher
für die übrigen Theile der Rheinprovinz ganz ausgeschlossen
sein, wenn nicht die Hinterlegung bei irgend einem Fabriken-
gerichte dem Gesetze genügte. Letzteres muss aber schon des-
halb angenommen werden, weil die Decrete von 1806 und 1811
keine Bestimmung darüber enthalten, dass die Hinterlegung
nur von den im Bezirke des Fabrikengerichtes wohnhaften
Fabrikanten mit Erfolg bewirkt werden könnte.

Die Dauer der ausschliesslichen Benutzung des Waaren-
musters ist der Wahl des Fabrikanten überlassen. Er kann
dieselbe auf ein, drei oder fünf Jahre beschränken, oder sich
für immer vorbehalten1). Die Kosten der Anmeldung betragen
im ersteren Falle einen Franc für jedes Jahr der vorbehaltenen
Benutzung, im letzteren Falle zehn Frcs.

Der Thatbestand der unbefugten Nachbildung des Waa-
renmusters ist ebenso schwierig zu definiren, als der Begriff
der Originalität des Musters (oben S. 365). Der Schutz, wel-
chen das Gesetz gegen die Nachbildung gewährt, erstreckt sich
nur auf die bestimmte Zusammenstellung von Formen und
Farben, welche den unterscheidenden Charakter des deponirten
Musters ausmacht, nicht auf solche Nachahmungen, welche
nur den Stil des Musters nachbilden, jedoch durch eine von
der Ausführung desselben verschiedene Zusammenstellung2).

Dagegen liegt eine unbefugte Nachahmung auch dann
vor, wenn das Muster mit solchen Veränderungen nachgeahmt
ist, welche nur dazu bestimmt sind, die stattgefundene Nach-
bildung zu verdecken, mögen dieselben in der Hinzufügung
oder Weglassung unwesentlicher Theile, in der Vergrösserung
oder Verkleinerung der Dimensionen, oder in einer verschie-
denen Nuancirung der Farben bestehen.

Endlich liegt der Thatbestand der Nachbildung ebensowohl
vor, wenn das Muster in einem andern Gewerbszweige unbefugt
verwendet wird, als wenn dasselbe in einem gleichartigen Fa-

1) Art. 18 des Decrets vom 18. März 1806. -- Art. 70 des De-
crets vom 17. Dezember 1811.
2) Urtheil des Handelsgerichts von Paris in Sachen Dolfus gegen
Javal. -- Stuve, Das industrielle Eigenthum S. 39.

XII. Muster- u. Formenschutz. §. 51. Frankr. u. Rheinpreussen. (Forts.).
erfolgen, deren nur neun für die ehemals Bergischen Landes-
theile, also für den bei weitem kleineren Theil der Provinz
bestehen. Die Anwendung des Decrets von 1806 würde daher
für die übrigen Theile der Rheinprovinz ganz ausgeschlossen
sein, wenn nicht die Hinterlegung bei irgend einem Fabriken-
gerichte dem Gesetze genügte. Letzteres muss aber schon des-
halb angenommen werden, weil die Decrete von 1806 und 1811
keine Bestimmung darüber enthalten, dass die Hinterlegung
nur von den im Bezirke des Fabrikengerichtes wohnhaften
Fabrikanten mit Erfolg bewirkt werden könnte.

Die Dauer der ausschliesslichen Benutzung des Waaren-
musters ist der Wahl des Fabrikanten überlassen. Er kann
dieselbe auf ein, drei oder fünf Jahre beschränken, oder sich
für immer vorbehalten1). Die Kosten der Anmeldung betragen
im ersteren Falle einen Franc für jedes Jahr der vorbehaltenen
Benutzung, im letzteren Falle zehn Frcs.

Der Thatbestand der unbefugten Nachbildung des Waa-
renmusters ist ebenso schwierig zu definiren, als der Begriff
der Originalität des Musters (oben S. 365). Der Schutz, wel-
chen das Gesetz gegen die Nachbildung gewährt, erstreckt sich
nur auf die bestimmte Zusammenstellung von Formen und
Farben, welche den unterscheidenden Charakter des deponirten
Musters ausmacht, nicht auf solche Nachahmungen, welche
nur den Stil des Musters nachbilden, jedoch durch eine von
der Ausführung desselben verschiedene Zusammenstellung2).

Dagegen liegt eine unbefugte Nachahmung auch dann
vor, wenn das Muster mit solchen Veränderungen nachgeahmt
ist, welche nur dazu bestimmt sind, die stattgefundene Nach-
bildung zu verdecken, mögen dieselben in der Hinzufügung
oder Weglassung unwesentlicher Theile, in der Vergrösserung
oder Verkleinerung der Dimensionen, oder in einer verschie-
denen Nuancirung der Farben bestehen.

Endlich liegt der Thatbestand der Nachbildung ebensowohl
vor, wenn das Muster in einem andern Gewerbszweige unbefugt
verwendet wird, als wenn dasselbe in einem gleichartigen Fa-

1) Art. 18 des Decrets vom 18. März 1806. — Art. 70 des De-
crets vom 17. Dezember 1811.
2) Urtheil des Handelsgerichts von Paris in Sachen Dolfus gegen
Javal. — Stuve, Das industrielle Eigenthum S. 39.
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[370/0397] XII. Muster- u. Formenschutz. §. 51. Frankr. u. Rheinpreussen. (Forts.). erfolgen, deren nur neun für die ehemals Bergischen Landes- theile, also für den bei weitem kleineren Theil der Provinz bestehen. Die Anwendung des Decrets von 1806 würde daher für die übrigen Theile der Rheinprovinz ganz ausgeschlossen sein, wenn nicht die Hinterlegung bei irgend einem Fabriken- gerichte dem Gesetze genügte. Letzteres muss aber schon des- halb angenommen werden, weil die Decrete von 1806 und 1811 keine Bestimmung darüber enthalten, dass die Hinterlegung nur von den im Bezirke des Fabrikengerichtes wohnhaften Fabrikanten mit Erfolg bewirkt werden könnte. Die Dauer der ausschliesslichen Benutzung des Waaren- musters ist der Wahl des Fabrikanten überlassen. Er kann dieselbe auf ein, drei oder fünf Jahre beschränken, oder sich für immer vorbehalten 1). Die Kosten der Anmeldung betragen im ersteren Falle einen Franc für jedes Jahr der vorbehaltenen Benutzung, im letzteren Falle zehn Frcs. Der Thatbestand der unbefugten Nachbildung des Waa- renmusters ist ebenso schwierig zu definiren, als der Begriff der Originalität des Musters (oben S. 365). Der Schutz, wel- chen das Gesetz gegen die Nachbildung gewährt, erstreckt sich nur auf die bestimmte Zusammenstellung von Formen und Farben, welche den unterscheidenden Charakter des deponirten Musters ausmacht, nicht auf solche Nachahmungen, welche nur den Stil des Musters nachbilden, jedoch durch eine von der Ausführung desselben verschiedene Zusammenstellung 2). Dagegen liegt eine unbefugte Nachahmung auch dann vor, wenn das Muster mit solchen Veränderungen nachgeahmt ist, welche nur dazu bestimmt sind, die stattgefundene Nach- bildung zu verdecken, mögen dieselben in der Hinzufügung oder Weglassung unwesentlicher Theile, in der Vergrösserung oder Verkleinerung der Dimensionen, oder in einer verschie- denen Nuancirung der Farben bestehen. Endlich liegt der Thatbestand der Nachbildung ebensowohl vor, wenn das Muster in einem andern Gewerbszweige unbefugt verwendet wird, als wenn dasselbe in einem gleichartigen Fa- 1) Art. 18 des Decrets vom 18. März 1806. — Art. 70 des De- crets vom 17. Dezember 1811. 2) Urtheil des Handelsgerichts von Paris in Sachen Dolfus gegen Javal. — Stuve, Das industrielle Eigenthum S. 39.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/397>, abgerufen am 22.11.2024.