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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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Französisches Recht.
eine fremde Erfindung einführt, den Patentschutz zusicherte,
denn da das Gesetz zwischen dem ersten Patentsucher und
dem wirklichen Erfinder überhaupt nicht unterschied, so war
es nicht nöthig, eine solche Gleichstellung in Bezug auf aus-
ländische Erfindungen besonders auszusprechen. Das neue
Französische Patentgesetz vom 5. Juli 1844 hat daher die an-
geführte Bestimmung mit gutem Grunde weggelassen. Es be-
stimmt dagegen im Art. 29:

"Der Urheber einer bereits im Auslande patentirten Er-
findung kann ein Patent in Frankreich erlangen; aber die
Dauer dieses Patentes darf nicht diejenige des vorher im
Auslande genommenen Patentes übersteigen."

Hieraus wird von einigen Auslegern der Schluss gezogen,
dass nur der ausländische Patentinhaber berechtigt sei, den
Patentschutz für seine Erfindung in Frankreich in Anspruch
zu nehmen1). Dies ist jedoch offenbar unrichtig. Wenn es
unbestritten ist, dass in Frankreich die Gültigkeit des Erfin-
dungspatentes nicht von dem Nachweise abhängig ist, dass der
Inhaber auch der erste Erfinder ist, wenn lediglich die Prio-
rität der Anmeldung entscheidet und der Urheber des ersten
Patentgesuches auch als fingirter Urheber der Erfindung gilt2),
so muss dieselbe Regel selbstverständlich auch für den Fall
der Collision von mehreren Patenten geltnn, welche eine im
Auslande gemachte und patentirte Erfindung zum Gegenstande
haben. Die Worte des Gesetzes: "Der Urheber einer im Aus-
lande patentirten Erfindung kann ein Patent in Frankreich
erlangen," lassen nur die Auslegung zu, dass ein anderer Pa-
tentsucher nicht unter der ausdrücklichen Anführung: die Er-
findung sei von einem Andern gemacht und zu Gunsten des-
selben im Auslande patentirt, ein Einführungspatent für sich
erlangen kann. Legt derselbe dagegen ein gewöhnliches Pa-
tentgesuch ein, ohne die frühere Erfindung und Patentirung im
Auslande zu erwähnen, so entscheidet lediglich die Priorität des
Gesuches.

Es lässt sich also nicht behaupten, dass das Französische
Gesetz im §. 29 den im Auslande patentirten Erfindungen einen

1) Renouard, Traite des brevets d'invention p. 263. -- Stolle, Die
einheimische und ausländische Patentgesetzgebung S. 27.
2) Vergl. Bd. I S. 232 f. -- Renouard l. c. p. 312 f.

Französisches Recht.
eine fremde Erfindung einführt, den Patentschutz zusicherte,
denn da das Gesetz zwischen dem ersten Patentsucher und
dem wirklichen Erfinder überhaupt nicht unterschied, so war
es nicht nöthig, eine solche Gleichstellung in Bezug auf aus-
ländische Erfindungen besonders auszusprechen. Das neue
Französische Patentgesetz vom 5. Juli 1844 hat daher die an-
geführte Bestimmung mit gutem Grunde weggelassen. Es be-
stimmt dagegen im Art. 29:

»Der Urheber einer bereits im Auslande patentirten Er-
findung kann ein Patent in Frankreich erlangen; aber die
Dauer dieses Patentes darf nicht diejenige des vorher im
Auslande genommenen Patentes übersteigen.«

Hieraus wird von einigen Auslegern der Schluss gezogen,
dass nur der ausländische Patentinhaber berechtigt sei, den
Patentschutz für seine Erfindung in Frankreich in Anspruch
zu nehmen1). Dies ist jedoch offenbar unrichtig. Wenn es
unbestritten ist, dass in Frankreich die Gültigkeit des Erfin-
dungspatentes nicht von dem Nachweise abhängig ist, dass der
Inhaber auch der erste Erfinder ist, wenn lediglich die Prio-
rität der Anmeldung entscheidet und der Urheber des ersten
Patentgesuches auch als fingirter Urheber der Erfindung gilt2),
so muss dieselbe Regel selbstverständlich auch für den Fall
der Collision von mehreren Patenten geltnn, welche eine im
Auslande gemachte und patentirte Erfindung zum Gegenstande
haben. Die Worte des Gesetzes: »Der Urheber einer im Aus-
lande patentirten Erfindung kann ein Patent in Frankreich
erlangen,« lassen nur die Auslegung zu, dass ein anderer Pa-
tentsucher nicht unter der ausdrücklichen Anführung: die Er-
findung sei von einem Andern gemacht und zu Gunsten des-
selben im Auslande patentirt, ein Einführungspatent für sich
erlangen kann. Legt derselbe dagegen ein gewöhnliches Pa-
tentgesuch ein, ohne die frühere Erfindung und Patentirung im
Auslande zu erwähnen, so entscheidet lediglich die Priorität des
Gesuches.

Es lässt sich also nicht behaupten, dass das Französische
Gesetz im §. 29 den im Auslande patentirten Erfindungen einen

1) Renouard, Traité des brevets d’invention p. 263. — Stolle, Die
einheimische und ausländische Patentgesetzgebung S. 27.
2) Vergl. Bd. I S. 232 f. — Renouard l. c. p. 312 f.
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[71/0098] Französisches Recht. eine fremde Erfindung einführt, den Patentschutz zusicherte, denn da das Gesetz zwischen dem ersten Patentsucher und dem wirklichen Erfinder überhaupt nicht unterschied, so war es nicht nöthig, eine solche Gleichstellung in Bezug auf aus- ländische Erfindungen besonders auszusprechen. Das neue Französische Patentgesetz vom 5. Juli 1844 hat daher die an- geführte Bestimmung mit gutem Grunde weggelassen. Es be- stimmt dagegen im Art. 29: »Der Urheber einer bereits im Auslande patentirten Er- findung kann ein Patent in Frankreich erlangen; aber die Dauer dieses Patentes darf nicht diejenige des vorher im Auslande genommenen Patentes übersteigen.« Hieraus wird von einigen Auslegern der Schluss gezogen, dass nur der ausländische Patentinhaber berechtigt sei, den Patentschutz für seine Erfindung in Frankreich in Anspruch zu nehmen 1). Dies ist jedoch offenbar unrichtig. Wenn es unbestritten ist, dass in Frankreich die Gültigkeit des Erfin- dungspatentes nicht von dem Nachweise abhängig ist, dass der Inhaber auch der erste Erfinder ist, wenn lediglich die Prio- rität der Anmeldung entscheidet und der Urheber des ersten Patentgesuches auch als fingirter Urheber der Erfindung gilt 2), so muss dieselbe Regel selbstverständlich auch für den Fall der Collision von mehreren Patenten geltnn, welche eine im Auslande gemachte und patentirte Erfindung zum Gegenstande haben. Die Worte des Gesetzes: »Der Urheber einer im Aus- lande patentirten Erfindung kann ein Patent in Frankreich erlangen,« lassen nur die Auslegung zu, dass ein anderer Pa- tentsucher nicht unter der ausdrücklichen Anführung: die Er- findung sei von einem Andern gemacht und zu Gunsten des- selben im Auslande patentirt, ein Einführungspatent für sich erlangen kann. Legt derselbe dagegen ein gewöhnliches Pa- tentgesuch ein, ohne die frühere Erfindung und Patentirung im Auslande zu erwähnen, so entscheidet lediglich die Priorität des Gesuches. Es lässt sich also nicht behaupten, dass das Französische Gesetz im §. 29 den im Auslande patentirten Erfindungen einen 1) Renouard, Traité des brevets d’invention p. 263. — Stolle, Die einheimische und ausländische Patentgesetzgebung S. 27. 2) Vergl. Bd. I S. 232 f. — Renouard l. c. p. 312 f.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/98>, abgerufen am 21.11.2024.