d) Da bei den Evangelischen vollkommene Gewissensfrei- heit, und nur die Bibel als Grundlage des religiösen Glaubens gilt, mithin selbsteigene Prüfung der Glau- henssätze zulässig ist (rechtliche Freiheit der Exegese); so sind unveränderliche symbolische Bücher bei ihnen nicht denkbar. Vergl. Erklärung des k. preuss. De- part. d. auswärt. Angel. v. 18. Febr. 1791, in A. F. W. Crome's Ausgabe d. Wahlcap. K. Leopold II. (Hildburgh. 1791. 4.), Anhang S. 9--16. Crome ebendas. S. 21--37. Schnauberts Kirchenr. d. Pro- test. §. 156. v. Bülows Betracht. über die Wahlcap. Leop. II., S. 99--111. G. L. Voigts gemeinnütz. Abh. (1792. 8.), S. 168 ff. (Fölsch) Erläuter. des t. Staatsr. nach Pötter (1793. 8.), S. 155. Klübers Lit. 583. Vergl. unten §. 433, Note c.
§. 427. Fortsetzung.
III) Bloss negativ wird die Autonomie der Kirche, in Bestimmung ihres Lehrbe- griffs, beschränkt a), durch ihre Unterord- nung gegen den Staat. Dieser ist befugt und verpflichtet, zu verhüten und zu hin- dern, dass die Kirche ihre Wirksamkeit über ihre Gesellschaftgrenzen aus- dehne; folglich, dass sie durch Lehre und Handeln dem Staatszweck hinderlich falle b), dass sie sich dem unnatürlichen Streben nach (von der Gottheit verschmähter) Glaubens- einheit (Proselytismus) hingebe, sondern eher für Einigkeit des Geistes der Staatsbewoh-
II. Th. XVI. Cap.
d) Da bei den Evangelischen vollkommene Gewissensfrei- heit, und nur die Bibel als Grundlage des religiösen Glaubens gilt, mithin selbsteigene Prüfung der Glau- henssätze zulässig ist (rechtliche Freiheit der Exegese); so sind unveränderliche symbolische Bücher bei ihnen nicht denkbar. Vergl. Erklärung des k. preuſs. De- part. d. auswärt. Angel. v. 18. Febr. 1791, in A. F. W. Crome’s Ausgabe d. Wahlcap. K. Leopold II. (Hildburgh. 1791. 4.), Anhang S. 9—16. Crome ebendas. S. 21—37. Schnauberts Kirchenr. d. Pro- test. §. 156. v. Bülows Betracht. über die Wahlcap. Leop. II., S. 99—111. G. L. Voigts gemeinnütz. Abh. (1792. 8.), S. 168 ff. (Fölsch) Erläuter. des t. Staatsr. nach Pötter (1793. 8.), S. 155. Klübers Lit. 583. Vergl. unten §. 433, Note c.
§. 427. Fortsetzung.
III) Bloſs negativ wird die Autonomie der Kirche, in Bestimmung ihres Lehrbe- griffs, beschränkt a), durch ihre Unterord- nung gegen den Staat. Dieser ist befugt und verpflichtet, zu verhüten und zu hin- dern, daſs die Kirche ihre Wirksamkeit über ihre Gesellschaftgrenzen aus- dehne; folglich, daſs sie durch Lehre und Handeln dem Staatszweck hinderlich falle b), daſs sie sich dem unnatürlichen Streben nach (von der Gottheit verschmähter) Glaubens- einheit (Proselytismus) hingebe, sondern eher für Einigkeit des Geistes der Staatsbewoh-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0744"n="720"/><fwplace="top"type="header">II. Th. XVI. Cap.</fw><lb/><noteplace="end"n="d)">Da bei den <hirendition="#i">Evangelischen</hi> vollkommene Gewissensfrei-<lb/>
heit, und nur die Bibel als Grundlage des religiösen<lb/>
Glaubens gilt, mithin selbsteigene Prüfung der Glau-<lb/>
henssätze zulässig ist (rechtliche Freiheit der Exegese);<lb/>
so sind <hirendition="#i">unveränderliche</hi> symbolische Bücher bei ihnen<lb/>
nicht denkbar. Vergl. Erklärung des k. <hirendition="#i">preuſs</hi>. De-<lb/>
part. d. auswärt. Angel. v. 18. Febr. 1791, in A. F.<lb/>
W. <hirendition="#k">Crome</hi>’s Ausgabe d. Wahlcap. K. Leopold II.<lb/>
(Hildburgh. 1791. 4.), Anhang S. 9—16. <hirendition="#k">Crome</hi><lb/>
ebendas. S. 21—37. <hirendition="#k">Schnauberts</hi> Kirchenr. d. Pro-<lb/>
test. §. 156. v. <hirendition="#k">Bülows</hi> Betracht. über die Wahlcap.<lb/>
Leop. II., S. 99—111. G. L. <hirendition="#k">Voigts</hi> gemeinnütz.<lb/>
Abh. (1792. 8.), S. 168 ff. (<hirendition="#k">Fölsch</hi>) Erläuter. des t.<lb/>
Staatsr. nach <hirendition="#k">Pötter</hi> (1793. 8.), S. 155. <hirendition="#k">Klübers</hi><lb/>
Lit. 583. Vergl. unten §. 433, Note c.</note></div><lb/><divn="3"><head>§. 427.<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#g">Fortsetzung</hi></hi>.</head><lb/><p>III) Bloſs <hirendition="#g">negativ</hi> wird die Autonomie<lb/>
der Kirche, in Bestimmung ihres Lehrbe-<lb/>
griffs, beschränkt <hirendition="#i"><hirendition="#sup">a</hi></hi>), durch ihre <hirendition="#g">Unterord-<lb/>
nung</hi> gegen den <hirendition="#g">Staat</hi>. Dieser ist befugt<lb/>
und verpflichtet, zu verhüten und zu hin-<lb/>
dern, daſs die Kirche ihre Wirksamkeit<lb/><hirendition="#g">über</hi> ihre <hirendition="#g">Gesellschaftgrenzen</hi> aus-<lb/>
dehne; folglich, daſs sie durch Lehre und<lb/>
Handeln dem Staatszweck hinderlich falle <hirendition="#i"><hirendition="#sup">b</hi></hi>),<lb/>
daſs sie sich dem unnatürlichen Streben nach<lb/>
(von der Gottheit verschmähter) Glaubens-<lb/>
einheit (Proselytismus) hingebe, sondern eher<lb/>
für Einigkeit des Geistes der Staatsbewoh-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[720/0744]
II. Th. XVI. Cap.
d⁾ Da bei den Evangelischen vollkommene Gewissensfrei-
heit, und nur die Bibel als Grundlage des religiösen
Glaubens gilt, mithin selbsteigene Prüfung der Glau-
henssätze zulässig ist (rechtliche Freiheit der Exegese);
so sind unveränderliche symbolische Bücher bei ihnen
nicht denkbar. Vergl. Erklärung des k. preuſs. De-
part. d. auswärt. Angel. v. 18. Febr. 1791, in A. F.
W. Crome’s Ausgabe d. Wahlcap. K. Leopold II.
(Hildburgh. 1791. 4.), Anhang S. 9—16. Crome
ebendas. S. 21—37. Schnauberts Kirchenr. d. Pro-
test. §. 156. v. Bülows Betracht. über die Wahlcap.
Leop. II., S. 99—111. G. L. Voigts gemeinnütz.
Abh. (1792. 8.), S. 168 ff. (Fölsch) Erläuter. des t.
Staatsr. nach Pötter (1793. 8.), S. 155. Klübers
Lit. 583. Vergl. unten §. 433, Note c.
§. 427.
Fortsetzung.
III) Bloſs negativ wird die Autonomie
der Kirche, in Bestimmung ihres Lehrbe-
griffs, beschränkt a), durch ihre Unterord-
nung gegen den Staat. Dieser ist befugt
und verpflichtet, zu verhüten und zu hin-
dern, daſs die Kirche ihre Wirksamkeit
über ihre Gesellschaftgrenzen aus-
dehne; folglich, daſs sie durch Lehre und
Handeln dem Staatszweck hinderlich falle b),
daſs sie sich dem unnatürlichen Streben nach
(von der Gottheit verschmähter) Glaubens-
einheit (Proselytismus) hingebe, sondern eher
für Einigkeit des Geistes der Staatsbewoh-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klüber, Johann Ludwig: Öffentliches Recht des teutschen Bundes und der Bundesstaaten. Frankfurt (Main), 1817, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_recht_1817/744>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.