Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten. aller Mächte gegenseitig in dem Zustand natür-licher Unabhängigkeit und Gleichheit. Daher ist, ohne Verträge, keine Macht berechtigt, von fremden Schiffen für die ihrigen irgend eine Eh- renbezeugung daselbst zu fordern a). Dem zu- folge haben mehrere Mächte sogar durch Ver- träge den Schiffgruss auf offener See, entweder ganz b) oder zum Theil c), abgeschafft. Ande- re hingegen beharren auch hier fest bei der äl- tern Sitte des Salutirens, zum Theil so streng, dass sie dessen Weigerung oder unvollständige Bewirkung, nach fruchtloser Aufforderung durch einen Schuss mit losem Kraut, mit Scharfschüs- sen ahnden. a) Bynkershoek l. c. Dasselbe gilt von dem Fall, wenn Schiffe zweier Mächte in dem Seegebiet einer dritten Macht sich begegnen; so fern diese nicht eigene Bestimmungen darüber gemacht hat (§. 120). b) Beispiele in Wenck cod. jur. gent. II. 72. De Martens recueil, III. 13. Vergl. auch v. Moser's kleine Schriften, XII. 22. c) Beispiel von 1692, bei Du Mont, corps dipl. T. VII. P. 2. p. 310. §. 122. Gebrauch desshalb. Wenn Verträge a) nichts bestimmen über II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten. aller Mächte gegenseitig in dem Zustand natür-licher Unabhängigkeit und Gleichheit. Daher ist, ohne Verträge, keine Macht berechtigt, von fremden Schiffen für die ihrigen irgend eine Eh- renbezeugung daselbst zu fordern a). Dem zu- folge haben mehrere Mächte sogar durch Ver- träge den Schiffgruſs auf offener See, entweder ganz b) oder zum Theil c), abgeschafft. Ande- re hingegen beharren auch hier fest bei der äl- tern Sitte des Salutirens, zum Theil so streng, daſs sie dessen Weigerung oder unvollständige Bewirkung, nach fruchtloser Aufforderung durch einen Schuſs mit losem Kraut, mit Scharfschüs- sen ahnden. a) Bynkershoek l. c. Dasselbe gilt von dem Fall, wenn Schiffe zweier Mächte in dem Seegebiet einer dritten Macht sich begegnen; so fern diese nicht eigene Bestimmungen darüber gemacht hat (§. 120). b) Beispiele in Wenck cod. jur. gent. II. 72. De Martens recueil, III. 13. Vergl. auch v. Moser’s kleine Schriften, XII. 22. c) Beispiel von 1692, bei Du Mont, corps dipl. T. VII. P. 2. p. 310. §. 122. Gebrauch deſshalb. Wenn Verträge a) nichts bestimmen über <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0200" n="194"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.</hi></fw><lb/> aller Mächte gegenseitig in dem Zustand natür-<lb/> licher Unabhängigkeit und Gleichheit. Daher<lb/> ist, ohne Verträge, keine Macht berechtigt, von<lb/> fremden Schiffen für die ihrigen irgend eine Eh-<lb/> renbezeugung daselbst zu fordern <hi rendition="#i">a</hi>). Dem zu-<lb/> folge haben mehrere Mächte sogar durch Ver-<lb/> träge den Schiffgruſs auf offener See, entweder<lb/> ganz <hi rendition="#i">b</hi>) oder zum Theil <hi rendition="#i">c</hi>), abgeschafft. Ande-<lb/> re hingegen beharren auch hier fest bei der äl-<lb/> tern Sitte des Salutirens, zum Theil so streng,<lb/> daſs sie dessen Weigerung oder unvollständige<lb/> Bewirkung, nach fruchtloser Aufforderung durch<lb/> einen Schuſs mit losem Kraut, mit Scharfschüs-<lb/> sen ahnden.</p><lb/> <note place="end" n="a)"><hi rendition="#k">Bynkershoek</hi> l. c. Dasselbe gilt von dem Fall, wenn Schiffe<lb/> zweier Mächte in dem Seegebiet einer <hi rendition="#i">dritten</hi> Macht sich<lb/> begegnen; so fern diese nicht eigene Bestimmungen darüber<lb/> gemacht hat (§. 120).</note><lb/> <note place="end" n="b)">Beispiele in <hi rendition="#k">Wenck</hi> cod. jur. gent. II. 72. De <hi rendition="#k">Martens</hi><lb/> recueil, III. 13. Vergl. auch v. <hi rendition="#k">Moser</hi>’s kleine Schriften,<lb/> XII. 22.</note><lb/> <note place="end" n="c)">Beispiel von 1692, bei <hi rendition="#k">Du Mont</hi>, corps dipl. T. VII. P. 2.<lb/> p. 310.</note> </div><lb/> <div n="5"> <head>§. 122.<lb/><hi rendition="#i">Gebrauch deſshalb</hi>.</head><lb/> <p>Wenn Verträge <hi rendition="#i">a</hi>) nichts bestimmen über<lb/> das Ceremoniel auf offener See, so wird meist<lb/> folgender Gebrauch befolgt. <hi rendition="#i">Kauffartheischiffe</hi><lb/> geben Kriegsschiffen den Gruſs durch Canonen-<lb/> schüsse, Segelstreichen und Flaggenstreichen;<lb/> doch wird ihnen, wenn sie in vollem Lauf sind,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [194/0200]
II. Th. I. Tit. Unbedingte Rechte d. europ. Staaten.
aller Mächte gegenseitig in dem Zustand natür-
licher Unabhängigkeit und Gleichheit. Daher
ist, ohne Verträge, keine Macht berechtigt, von
fremden Schiffen für die ihrigen irgend eine Eh-
renbezeugung daselbst zu fordern a). Dem zu-
folge haben mehrere Mächte sogar durch Ver-
träge den Schiffgruſs auf offener See, entweder
ganz b) oder zum Theil c), abgeschafft. Ande-
re hingegen beharren auch hier fest bei der äl-
tern Sitte des Salutirens, zum Theil so streng,
daſs sie dessen Weigerung oder unvollständige
Bewirkung, nach fruchtloser Aufforderung durch
einen Schuſs mit losem Kraut, mit Scharfschüs-
sen ahnden.
a⁾ Bynkershoek l. c. Dasselbe gilt von dem Fall, wenn Schiffe
zweier Mächte in dem Seegebiet einer dritten Macht sich
begegnen; so fern diese nicht eigene Bestimmungen darüber
gemacht hat (§. 120).
b⁾ Beispiele in Wenck cod. jur. gent. II. 72. De Martens
recueil, III. 13. Vergl. auch v. Moser’s kleine Schriften,
XII. 22.
c⁾ Beispiel von 1692, bei Du Mont, corps dipl. T. VII. P. 2.
p. 310.
§. 122.
Gebrauch deſshalb.
Wenn Verträge a) nichts bestimmen über
das Ceremoniel auf offener See, so wird meist
folgender Gebrauch befolgt. Kauffartheischiffe
geben Kriegsschiffen den Gruſs durch Canonen-
schüsse, Segelstreichen und Flaggenstreichen;
doch wird ihnen, wenn sie in vollem Lauf sind,
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