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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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ken wir den edeln, liebenswürdigen Men¬
schenfresser brüderlich an unsre Brust, und wan¬
deln, wenn dies Wohlwollen sich erweitert, end¬
lich auch mit dem genievollen Orang-Outang
Hand in Hand durch dieses Leben. Dann
fallen alle Fesseln ab! dann schwinden alle
Vorurtheile! Ich brauche nicht meines Va¬
ters Schulden zu bezahlen; habe nicht nöthig,
mich mit Einem Weibe zu begnügen, und das
Schloß vor meines Nachbars Geldkasten ist
kein Hinderniß, mein angebohrnes Recht auf
das Gold, so die mütterliche Erde uns Allen
darreicht, in Ausübung zu bringen.

So weit sind wir nun aber noch nicht ge¬
kommen, und da es viel Menschen giebt, unter
denen auch ich gehöre, die ihre Verwandten
lieben, und Sinn für häusliche Freuden und
für das Familienband haben; so will ich doch
hier einige Bemerkungen über den Umgang
unter Blutsfreunden liefern.

2.

Es giebt Eltern, die, umhergetrieben in
einem beständigen Wirbel von Zerstreuungen,
ihre Kinder kaum ein Paar Stunden des Ta¬

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ken wir den edeln, liebenswuͤrdigen Men¬
ſchenfreſſer bruͤderlich an unſre Bruſt, und wan¬
deln, wenn dies Wohlwollen ſich erweitert, end¬
lich auch mit dem genievollen Orang-Outang
Hand in Hand durch dieſes Leben. Dann
fallen alle Feſſeln ab! dann ſchwinden alle
Vorurtheile! Ich brauche nicht meines Va¬
ters Schulden zu bezahlen; habe nicht noͤthig,
mich mit Einem Weibe zu begnuͤgen, und das
Schloß vor meines Nachbars Geldkaſten iſt
kein Hinderniß, mein angebohrnes Recht auf
das Gold, ſo die muͤtterliche Erde uns Allen
darreicht, in Ausuͤbung zu bringen.

So weit ſind wir nun aber noch nicht ge¬
kommen, und da es viel Menſchen giebt, unter
denen auch ich gehoͤre, die ihre Verwandten
lieben, und Sinn fuͤr haͤusliche Freuden und
fuͤr das Familienband haben; ſo will ich doch
hier einige Bemerkungen uͤber den Umgang
unter Blutsfreunden liefern.

2.

Es giebt Eltern, die, umhergetrieben in
einem beſtaͤndigen Wirbel von Zerſtreuungen,
ihre Kinder kaum ein Paar Stunden des Ta¬

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[105/0135] ken wir den edeln, liebenswuͤrdigen Men¬ ſchenfreſſer bruͤderlich an unſre Bruſt, und wan¬ deln, wenn dies Wohlwollen ſich erweitert, end¬ lich auch mit dem genievollen Orang-Outang Hand in Hand durch dieſes Leben. Dann fallen alle Feſſeln ab! dann ſchwinden alle Vorurtheile! Ich brauche nicht meines Va¬ ters Schulden zu bezahlen; habe nicht noͤthig, mich mit Einem Weibe zu begnuͤgen, und das Schloß vor meines Nachbars Geldkaſten iſt kein Hinderniß, mein angebohrnes Recht auf das Gold, ſo die muͤtterliche Erde uns Allen darreicht, in Ausuͤbung zu bringen. So weit ſind wir nun aber noch nicht ge¬ kommen, und da es viel Menſchen giebt, unter denen auch ich gehoͤre, die ihre Verwandten lieben, und Sinn fuͤr haͤusliche Freuden und fuͤr das Familienband haben; ſo will ich doch hier einige Bemerkungen uͤber den Umgang unter Blutsfreunden liefern. 2. Es giebt Eltern, die, umhergetrieben in einem beſtaͤndigen Wirbel von Zerſtreuungen, ihre Kinder kaum ein Paar Stunden des Ta¬ ges G5

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/135>, abgerufen am 23.11.2024.