tur, wenig fordern und gern geben; Aber im¬ mer ist dies eine Art von Heroismus, eine Auf¬ opferung, und hier ist ja von wechselseitiger Glückseligkeits-Beförderung die Rede -- kurz! ich würde anrathen, in diesem Alter langsamer bey der Wahl einer Gattinn zu Werke zu gehn, wenn ein solcher Rath nicht überflüssig wäre. Das giebt sich von selbst; wer sich aber in männlichen Jahren auf diese Weise übereilt, der mag dann die Folgen von den Thorheiten tragen, zu welchen ein Jüng¬ lings-Kopf auf Mannes-Schultern verführt.
3.
Ich glaube nicht, daß eine völlige Gleich¬ heit in Temperamenten, Neigungen, Denkungs¬ art, Fähigkeiten und Geschmack durchaus erfor¬ dert werde, um eine frohe Ehe zu stiften; viel¬ mehr mag wohl zuweilen grade das Gegentheil (nur nicht in zu hohem Grade, noch in Haupt- Grundsätzen, noch ein zu beträchtlicher Unter¬ schied von Jahren) mehr Glück gewähren. Bey einem Bande, das auf gemeinschaftliches Interesse beruht, und wo alle Ungemächlich¬ keit des einen Theils zugleich mit auf den an¬
dern
tur, wenig fordern und gern geben; Aber im¬ mer iſt dies eine Art von Heroismus, eine Auf¬ opferung, und hier iſt ja von wechſelſeitiger Gluͤckſeligkeits-Befoͤrderung die Rede — kurz! ich wuͤrde anrathen, in dieſem Alter langſamer bey der Wahl einer Gattinn zu Werke zu gehn, wenn ein ſolcher Rath nicht uͤberfluͤſſig waͤre. Das giebt ſich von ſelbſt; wer ſich aber in maͤnnlichen Jahren auf dieſe Weiſe uͤbereilt, der mag dann die Folgen von den Thorheiten tragen, zu welchen ein Juͤng¬ lings-Kopf auf Mannes-Schultern verfuͤhrt.
3.
Ich glaube nicht, daß eine voͤllige Gleich¬ heit in Temperamenten, Neigungen, Denkungs¬ art, Faͤhigkeiten und Geſchmack durchaus erfor¬ dert werde, um eine frohe Ehe zu ſtiften; viel¬ mehr mag wohl zuweilen grade das Gegentheil (nur nicht in zu hohem Grade, noch in Haupt– Grundſaͤtzen, noch ein zu betraͤchtlicher Unter¬ ſchied von Jahren) mehr Gluͤck gewaͤhren. Bey einem Bande, das auf gemeinſchaftliches Intereſſe beruht, und wo alle Ungemaͤchlich¬ keit des einen Theils zugleich mit auf den an¬
dern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0148"n="118"/>
tur, wenig fordern und gern geben; Aber im¬<lb/>
mer iſt dies eine Art von Heroismus, eine Auf¬<lb/>
opferung, und hier iſt ja von wechſelſeitiger<lb/>
Gluͤckſeligkeits-Befoͤrderung die Rede —<lb/>
kurz! ich wuͤrde anrathen, in dieſem Alter<lb/>
langſamer bey der Wahl einer Gattinn zu<lb/>
Werke zu gehn, wenn ein ſolcher Rath nicht<lb/>
uͤberfluͤſſig waͤre. Das giebt ſich von ſelbſt;<lb/>
wer ſich aber in maͤnnlichen Jahren auf dieſe<lb/>
Weiſe uͤbereilt, der mag dann die Folgen von<lb/>
den Thorheiten tragen, zu welchen ein Juͤng¬<lb/>
lings-Kopf auf Mannes-Schultern verfuͤhrt.</p><lb/></div><divn="3"><head>3.<lb/></head><p>Ich glaube nicht, daß eine voͤllige Gleich¬<lb/>
heit in Temperamenten, Neigungen, Denkungs¬<lb/>
art, Faͤhigkeiten und Geſchmack durchaus erfor¬<lb/>
dert werde, um eine frohe Ehe zu ſtiften; viel¬<lb/>
mehr mag wohl zuweilen grade das Gegentheil<lb/>
(nur nicht in zu hohem Grade, noch in Haupt–<lb/>
Grundſaͤtzen, noch ein zu betraͤchtlicher Unter¬<lb/>ſchied von Jahren) mehr Gluͤck gewaͤhren.<lb/>
Bey einem Bande, das auf gemeinſchaftliches<lb/>
Intereſſe beruht, und wo alle Ungemaͤchlich¬<lb/>
keit des einen Theils zugleich mit auf den an¬<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dern<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[118/0148]
tur, wenig fordern und gern geben; Aber im¬
mer iſt dies eine Art von Heroismus, eine Auf¬
opferung, und hier iſt ja von wechſelſeitiger
Gluͤckſeligkeits-Befoͤrderung die Rede —
kurz! ich wuͤrde anrathen, in dieſem Alter
langſamer bey der Wahl einer Gattinn zu
Werke zu gehn, wenn ein ſolcher Rath nicht
uͤberfluͤſſig waͤre. Das giebt ſich von ſelbſt;
wer ſich aber in maͤnnlichen Jahren auf dieſe
Weiſe uͤbereilt, der mag dann die Folgen von
den Thorheiten tragen, zu welchen ein Juͤng¬
lings-Kopf auf Mannes-Schultern verfuͤhrt.
3.
Ich glaube nicht, daß eine voͤllige Gleich¬
heit in Temperamenten, Neigungen, Denkungs¬
art, Faͤhigkeiten und Geſchmack durchaus erfor¬
dert werde, um eine frohe Ehe zu ſtiften; viel¬
mehr mag wohl zuweilen grade das Gegentheil
(nur nicht in zu hohem Grade, noch in Haupt–
Grundſaͤtzen, noch ein zu betraͤchtlicher Unter¬
ſchied von Jahren) mehr Gluͤck gewaͤhren.
Bey einem Bande, das auf gemeinſchaftliches
Intereſſe beruht, und wo alle Ungemaͤchlich¬
keit des einen Theils zugleich mit auf den an¬
dern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/148>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.