kann weibliche Geheimnisse von einer Freun¬ dinn anvertrauet bekommen haben -- In al¬ len diesen und ähnlichen Fällen müssen Klug¬ heit und Redlichkeit das Verhalten beyder Theile bestimmen. Das aber bleibt eine hei¬ lige Regel, daß, wenn wahrhaftes Mistrauen sich einschleicht, wenn man Offenherzigkeit er¬ zwingen muß, alles Glück der Ehe entflieht. Nichts kann endlich schändlicher, niederträchti¬ ger seyn, als wenn der Mann pöbelhaft genug denkt, heimlich die Briefe seiner Frau zu er¬ brechen, ihre Papiere zu durchwühlen, oder ihre Schränke zu durchsuchen. Auch verfehlt er mit solchen unwürdigen Mitteln immer sei¬ nes Zwecks. Nichts ist leichter, als die Wach¬ samkeit eines Menschen zu hintergehn, wenn es blos auf beweisbare Vergehen ankömmt, und man die feinern Bande zerrissen, die Ver¬ legenheiten der Delicatesse, und des Zutrauens gehoben hat; Ein Mann, der einmal seine Frau eine Ehebrecherinn nennt, steckt sich selbst das Horn der Hahnreyhschaft auf; Nichts ist leichter, als einen Menschen zu hintergehn, den man genau kennt, bey dem man allen Glauben verlohren hat, den man oft auf fal¬
schem
kann weibliche Geheimniſſe von einer Freun¬ dinn anvertrauet bekommen haben — In al¬ len dieſen und aͤhnlichen Faͤllen muͤſſen Klug¬ heit und Redlichkeit das Verhalten beyder Theile beſtimmen. Das aber bleibt eine hei¬ lige Regel, daß, wenn wahrhaftes Mistrauen ſich einſchleicht, wenn man Offenherzigkeit er¬ zwingen muß, alles Gluͤck der Ehe entflieht. Nichts kann endlich ſchaͤndlicher, niedertraͤchti¬ ger ſeyn, als wenn der Mann poͤbelhaft genug denkt, heimlich die Briefe ſeiner Frau zu er¬ brechen, ihre Papiere zu durchwuͤhlen, oder ihre Schraͤnke zu durchſuchen. Auch verfehlt er mit ſolchen unwuͤrdigen Mitteln immer ſei¬ nes Zwecks. Nichts iſt leichter, als die Wach¬ ſamkeit eines Menſchen zu hintergehn, wenn es blos auf beweisbare Vergehen ankoͤmmt, und man die feinern Bande zerriſſen, die Ver¬ legenheiten der Delicateſſe, und des Zutrauens gehoben hat; Ein Mann, der einmal ſeine Frau eine Ehebrecherinn nennt, ſteckt ſich ſelbſt das Horn der Hahnreyhſchaft auf; Nichts iſt leichter, als einen Menſchen zu hintergehn, den man genau kennt, bey dem man allen Glauben verlohren hat, den man oft auf fal¬
ſchem
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kann weibliche Geheimniſſe von einer Freun¬
dinn anvertrauet bekommen haben — In al¬
len dieſen und aͤhnlichen Faͤllen muͤſſen Klug¬
heit und Redlichkeit das Verhalten beyder
Theile beſtimmen. Das aber bleibt eine hei¬
lige Regel, daß, wenn wahrhaftes Mistrauen
ſich einſchleicht, wenn man Offenherzigkeit er¬
zwingen muß, alles Gluͤck der Ehe entflieht.
Nichts kann endlich ſchaͤndlicher, niedertraͤchti¬
ger ſeyn, als wenn der Mann poͤbelhaft genug
denkt, heimlich die Briefe ſeiner Frau zu er¬
brechen, ihre Papiere zu durchwuͤhlen, oder
ihre Schraͤnke zu durchſuchen. Auch verfehlt
er mit ſolchen unwuͤrdigen Mitteln immer ſei¬
nes Zwecks. Nichts iſt leichter, als die Wach¬
ſamkeit eines Menſchen zu hintergehn, wenn
es blos auf beweisbare Vergehen ankoͤmmt,
und man die feinern Bande zerriſſen, die Ver¬
legenheiten der Delicateſſe, und des Zutrauens
gehoben hat; Ein Mann, der einmal ſeine
Frau eine Ehebrecherinn nennt, ſteckt ſich ſelbſt
das Horn der Hahnreyhſchaft auf; Nichts iſt
leichter, als einen Menſchen zu hintergehn,
den man genau kennt, bey dem man allen
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/168>, abgerufen am 29.11.2024.
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